Wahl: Schönborn wünscht sich „Abrüstung der Worte“

Kardinal Christoph Schönborn hat sich am Dienstagabend im Bundeskanzleramt mitten im Wahlkampf von politischer Seite eine „Abrüstung der Worte“ gewünscht.

Der Wiener Erzbischof war gemeinsam mit weiteren Religionsvertretern zu einem muslimischen Fastenbrechen nach dem Ende des Ramadan (Iftar) am Dienstagabend ins Bundeskanzleramt geladen worden. An der Begegnung nahmen neben Schönborn u. a. der orthodoxe Metropolit Arsenios (Kardamakis), Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg und der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ), Fuat Sanac, teil, weiters der koptische Bischof Anba Gabriel und die evangelisch-lutherische Oberkirchenrätin Hannelore Reiner.

Oberrabbiner Eisenberg kritisierte die aktuelle FPÖ-Kampagne, die mit dem Begriff „Nächstenliebe“ spielt, in einem Statement vor der Feier.

Bundeskanzler Faymann, Kardinal Schönborn, IGGiÖ-Präsident Sanac und Oberrabbiner Eisenberg beim Fastenbrechen

APA/Georg Hochmuth

V. l. n. r.: Bundeskanzler Faymann, Kardinal Schönborn, IGGiÖ-Präsident Sanac und Oberrabbiner Eisenberg beim Fastenbrechen

Es sei eine „nicht gute Übersetzung“ des Wortes Nächstenliebe, sprach Eisenberg die Plakatkampagne der Freiheitlichen an, ohne jedoch die Partei direkt beim Namen zu nennen. In einer anderen Stelle der Heiligen Schrift heiße es nämlich „liebet den Fremden“. Er bedankte sich wie auch Schönborn und IGGiÖ-Präsident Sanac für die Einladung zum Essen. Auch dabei komme man sich näher.

Für besseres politisches Miteinander

Schönborn ging zwar nicht auf die FPÖ-Kampagne ein, sprach sich aber generell für ein besseres politisches Miteinander aus. Wie auch die Religionsgemeinschaften untereinander bzw. der Staat und die Glaubensgemeinschaften, sollte man sich auch hier bemühen, den „Stil des Gemeinsamen“ zu pflegen. Zudem erinnerte Schönborn daran, dass die Religionen in Österreich entscheidende Träger der Integration seien.

„Wenn ein Teil unglücklich ist, kann die ganze Gesellschaft nicht glücklich sein“, ging auch Sanac auf das Thema Integration ein. Er wünschte sich vor allem eine „harmonische Gesellschaft“. Auch er lobte die jahrelange enge Zusammenarbeit mit den staatlichen Institutionen.

Faymann lobt Religionsgemeinschaften

Auch der Gastgeber, Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ), drückte seinen Stolz darüber aus, dass man zu den Religionen in Österreich ein so gutes Verhältnis habe. Das sei vor allem in Zeiten der Wirtschaftskrise nicht überall auf der Welt selbstverständlich. „Wir stehen in Europa und auch weltweit nach der Wirtschaftskrise vor großen Herausforderungen. Wir müssen mit gesellschaftlichen Gegensätzen und hoher Arbeitslosigkeit von jungen Menschen umgehen. Diese Krise ist noch nicht vorbei“, sagte Faymann.

Den Religionsgemeinschaften komme in der österreichischen Gesellschaft eine herausragende Bedeutung zu: „Sie sind im sozialen Bereich, in der Jugendarbeit und in der Pflege älterer Menschen sehr engagiert. Ich möchte heute die Gelegenheit nutzen, ihnen dafür zu danken“, so der Bundeskanzler.

„Beispielhaftes“ Zusammenleben

Auch Kardinal Schönborn, IGGiÖ-Präsident Sanac und Oberrabbiner Eisenberg bekräftigten die konstruktive Zusammenarbeit der österreichischen Religionsgemeinschaften und der Regierung. Beispielhaft wurde das Thema Integration genannt, bei dem die Religionsgemeinschaften einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft leisten könnten.

Der orthodoxe Metropolit Arsenios wies am Rande des Essens ebenfalls auf das gute Klima und Miteinander hin, welches in Österreich unter den Kirchen und Religionen gelebt werde. Dieses sei beispielhaft in der Welt.

FPÖ verteidigt „Nächstenliebe“-Programm

Die FPÖ verteidigte indes die Verwendung des Wortes „Nächstenliebe“ im Wahlkampf. „Manche glauben, sie haben den Begriff gepachtet“, sagte FPÖ-Parteichef Heinz-Christian Strache am Mittwoch bei der Präsentation des „inländerfreundlichen“ Wahlprogramms der Freiheitlichen. Vom Wunsch von Kardinal Christoph Schönborn nach einer „Abrüstung der Worte“ in der Politik fühlt sich die FPÖ zudem nicht angesprochen.

Von Schönborns Wunsch bei dem Iftar-Essen im Bundeskanzleramt sieht sich die FPÖ nicht angesprochen: „Wir als freiheitliche Partei fühlen uns nicht betroffen“, meinte Generalsekretär Herbert Kickl. Vielmehr müssten jene gemeint sein, die nun die FPÖ aufgrund ihrer Kampagne kritisieren, wie etwa Vertreter der evangelischen Kirche in Österreich.

religion.ORF.at/APA/KAP

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