Kirchen gegen Militärschlag in Syrien

Mehrere Kirchenvertreter aus verschiedenen Konfessionen und Regionen der Welt haben sich entschieden gegen einen möglichen Militärschlag in Syrien ausgesprochen.

Angesichts des diskutierten Militäreinsatzes der USA und mehrerer europäischer Staaten haben zahlreiche kirchliche Organisationen im In- und Ausland vor einem derartigen Vorgehen gewarnt: Diplomatische Bemühungen und Dialog aller Interessensvertreter seien der einzige Weg zur Beendigung der Gewalt in Syrien, mahnte etwa die katholische Friedensbewegung „Pax Christi“ am Donnerstag. Waffenlieferungen sowohl an das Al-Assad-Regime als auch an die Rebellengruppen müssten sofort gestoppt und alle Beteiligten zu Verhandlungen versammelt werden, hieß es in dem Appell.

Teil einer gewaltlosen und politischen Lösung könnten neben einem Waffenembargo auch nicht- oder nur leicht bewaffnete internationale Polizeitruppen sein, so „Pax Christi“ weiter. Aufgabe einer solchen Polizeitruppe sei es, gewaltfreie Zonen einzurichten, in denen die syrische Bevölkerung geschützt vom Bürgerkrieg leben könne.

„Friedenstruppen des Glaubens“

Papst Franziskus und andere religiöse Führer forderte die Organisation dazu auf, „Friedenstruppen des Glaubens“ aufzustellen, um auf diese Weise Solidarität mit den Menschen in Syrien zu bekunden. In ihrer Funktion als moralische Führer sollten die Religionsoberhäupter für eine friedliche Lösung in Syrien privat und auch öffentlich eintreten.

Bereits am vergangenen Sonntag hatte der Papst an die internationale Gemeinschaft appelliert, „alles zu tun, damit die geliebte syrische Nation eine Lösung in einem Krieg findet, der Zerstörung und Tod sät“. Am Donnerstag appellierte er bei einem Treffen mit dem jordanischen König Abdullah II. erneut für Dialog und Verhandlungen.

Diakonie: Friedliche Lösung vorrangig

Das evangelische Hilfswerk Diakonie hat sich am Donnerstag ebenfalls gegen ein militärisches Eingreifen des Westens in Syrien ausgesprochen. Stattdessen forderte die Organisation einen stärkeren Einsatz Europas und Österreichs für friedliche Konfliktlösungen in Krisengebieten. „Wenn wir darauf das Hauptaugenmerk legen, müsste sich der Westen nicht immer wieder der Frage stellen, ob es Sinn macht, sich an militärischen Missionen zu beteiligen“, betonte Michael Chalupka, Direktor der Diakonie Österreich.

Militärisches Eingreifen sei teuer und verursache Leid, erinnerte Chalupka. Schon jetzt leide die Zivilbevölkerung am meisten unter dem gewaltsamen Konflikt, wobei ein militärisches Eingreifen des Westens das Gewaltpotential nur unnötig erhöhen würde. Außerdem habe man bereits in Afghanistan und im Irak gesehen, dass Krisen nicht einfach mit internationalen Armeeeinsätzen gelöst werden können. Auch die Diakonie spreche sich deshalb für einen Stopp aller Waffenlieferungen nach Syrien aus, die den Konflikt nur weiter schüren und den Dialog zwischen den verfeindeten Gruppen erschweren würden.

Welby: „Unvorhersehbare Konsequenzen“

Bevor überhaupt an einen Militärschlag gedacht werden könne, müsse zunächst geprüft werden, ob eine militärische Antwort nicht unvorhersehbare Konsequenzen für den ganzen Nahen Osten hätte, sagte etwa der Erzbischof von Canterbury und Primas der anglikanischen Kirche, Justin Welby, am Mittwoch. Besonders die Christen in der Region hätten große Angst vor dem, was sie in den nächsten Wochen erwarte, so der Erzbischof.

Die Parlamentarier müssten sich fragen, ob ihnen die Situation vor Ort wirklich ausreichend bekannt sei, sagte Welby der englischen Tageszeitung „Daily Telegraph“ (Mittwoch) im Vorfeld der für Donnerstag geplanten Beratungen des britischen Parlaments über einen möglichen Militärschlag gegen Syrien. Zwischen „Nichtstun“ und einem Sturz des syrischen Präsidenten gebe es auch alternative Schritte, so Welby.

Zwei Kampfschiffe am Meer

APA/EPA/US Navy photographer Jamie Cosby

Kampfschiffe der US-Navy auf dem Weg ins Mittelmeer

Auch in der katholischen Kirche Deutschlands ist der Tenor zu einem möglichen Militärschlag der USA in Syrien so gut wie einhellig ablehnend. In der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) gab der für internationale Konfliktthemen zuständige Trierer Bischof Stephan Ackermann am Mittwoch die Nein-Linie vor; weiters warnte am Mittwoch unter anderem der deutsche Zweig des internationalen katholischen Hilfswerks „missio“ (Päpstliche Missionswerke) vor den Folgen eines militärischen Schlags des Westens gegen das Regime von Baschar al-Assad.

„Nicht verantwortbar“

Die katholische Kirche in Deutschland halte einen Militärschlag gegen Syrien „zu diesem Zeitpunkt für nicht verantwortbar“. Zunächst seien die Verantwortlichen für den Einsatz von Chemiewaffen zu finden, sagte Ackermann gegenüber der deutschen katholischen Nachrichtenagentur KNA: „Da muss man erst einmal Sicherheit bekommen.“

Bereits am Montag hatte sich der chaldäisch-katholische Bischof von Aleppo, Antoine Audo, gegen ein militärisches Eingreifen ausgesprochen. Sein syrischer Landsmann Gregorios Laham, der Patriarch der mit Rom unierten Melkiten, meldete sich über das Hilfswerk „Kirche in Not“ aus dem Libanon zu Wort. Er glaube weiterhin an den Erfolg friedlicher Initiativen zur Versöhnung, die oberste Priorität haben sollten, so Laham.

Dass ein militärisches Eingreifen Frieden bringen könne, bezweifelt auch der deutsche „missio“-Präsident Klaus Krämer: „So sind die Waffen nicht zum Schweigen zu bringen und das Leid der Zivilbevölkerung geht weiter, die Gräben zwischen den beiden Seiten werden tiefer und tiefer.“ Je länger der Krieg dauere, desto wahrscheinlicher sei es, dass radikale islamische Kräfte im Land die Oberhand gewännen.

„Voraussetzungen nicht gegeben“

Deutlich gegen einen Militärschlag ausgesprochen hat sich schließlich auch die evangelische Kirche in Deutschland (EKD). Keines der politischen Probleme in und um Syrien könne durch einen Militäreinsatz gelöst werden, erklärten der Friedensbeauftragte des Rates der EKD, Renke Brahms, und EKD-Auslandsbischof Martin Schindehütte am Mittwoch in Hannover. Solange eine Intervention nicht durch ein UN-Mandat gedeckt sei, werde ein einseitiges Vorgehen der Amerikaner und ihrer Verbündeten nicht zu einer Schwächung Assads führen.

Die EKD sehe nach den bisherigen Erfahrungen mit militärischen Interventionen und bewaffneten Friedenseinsätzen ihre große Zurückhaltung gegenüber dem Mittel der Intervention bestätigt, so Brahms und Schindehütte. Im Falle des syrischen Bürgerkriegs seien „wesentliche Voraussetzungen für eine legitime Intervention nicht gegeben“. Weder liege ein UN-Mandat vor noch ein politisches Konzept noch eine Zusammenarbeit mit einheimischen Gruppen, die dem Frieden verpflichtet seien.

KAP/religion.ORF.at

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