Vatikanischer Staatssekretär: Debatte über Zölibat möglich

Der designierte Staatssekretär des Vatikan, Pietro Parolin, der am 15. Oktober sein Amt antritt, lässt mit aufsehenerregenden Aussagen zum Thema Zölibat aufhorchen: „Der Priesterzölibat ist kein Dogma der Kirche.“

Man könne darüber diskutieren, weil es sich um eine kirchliche Tradition handle, sagte Parolin. „Das bedeutet aber nicht, dass der Zölibat einfach der Vergangenheit angehört“, antwortete Parolin auf eine Frage der venezolanischen Tageszeitung „El Universal“. Parolins Aussagen wurden am Mittwoch von der Mailänder Tageszeitung „Corriere della Sera“ zitiert.

Der designierte vatikanische Staatssekretär Pietro Parolin

Reuters/Jorge Silva

Der designierte vatikanische Staatssekretär Pietro Parolin

„Man kann über jene Themen diskutieren und nachdenken, die keine Dogmen sind und Änderungen überlegen, diese müssen allerdings stets im Dienst der Einheit und nach dem Willen Gottes erfolgen“, so Parolin. Diese Frage sei „eine große Herausforderung“ für den Papst. Man müsse „Gottes Willen und der Geschichte der Kirche folgen“.

Problem Priestermangel nicht ignorieren

Er verteidigte den Wert des Zölibats, der sich in den ersten Jahrhunderten der Kirche etabliert habe. Man könne jedoch nicht das Problem des Priestermangels ignorieren, aufgrund dessen die Kirche gezwungen werden könnte, die Regel des Zölibats zu revidieren.

Vor zehn Tagen ernannte Papst Franziskus Parolin zur neuen „Nummer zwei“ im Vatikan. Der italienische Kirchendiplomat löst damit den seit 2006 amtierenden Kardinal Tarcisio Bertone ab. Der 58-Jährige stammt aus dem norditalienischen Vicenza und ist seit 1980 Priester. Als engster Mitarbeiter des Papstes wird Parolin künftig für die Leitung von dessen zentralem Sekretariat, für die Koordination der Kurie und für die vatikanische Diplomatie zuständig sein. Bei nächster Gelegenheit dürfte er die Kardinalswürde erhalten.

Parolin, dessen Ernennung aufgrund seines jungen Alters etwas überraschend kam, zählt zu den profiliertesten Diplomaten des Heiligen Stuhls. Der Italiener, der mit seiner Berufung zum Nuntius 2009 zugleich zum Erzbischof ernannt wurde, gilt als an der vatikanischen Kurie sehr gut vernetzt. Neben seiner italienischen Muttersprache beherrscht er Französisch, Englisch und Spanisch.

Diskussion über Abschaffung

Der Zölibat (vom lateinischen caelebs: allein, unvermählt) ist die aus religiösen Gründen gewählte Ehelosigkeit und geschlechtliche Enthaltsamkeit. Zahlreiche Glaubensgemeinschaften kennen die zeitweilige oder permanente Zölibatspflicht für Priester. Aus der Zeit der frühen christlichen Kirche gibt es keine Belege für einen allgemeinen Priesterzölibat. Mehr dazu in: Zölibat: Zeichen der Nachfolge und Stein des Anstoßes

Besonders aufgrund des zunehmenden Priestermangels ist seit langem eine Diskussion über die Abschaffung des Zölibats in der römisch-katholischen Kirche im Gange. Der Zölibat galt von Anfang an als besonderes Zeichen der Nachfolge des angeblich ehelosen Jesus Christus und der Verfügbarkeit für die Kirche.

religion.ORF.at/APA/KAP

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