„Population Boom“: Vom Mythos der Überbevölkerung
Eine menschenleere Landschaft mitten in Kenia. Werner Boote und Obadias Ndaba von der „Weltjugendallianz Afrika“ stehen auf einem Berg und lassen ihre Blicke über die Ebene schweifen: „Das ist Afrika. Glauben sie noch immer, es ist überbevölkert?“, sagt Ndaba. Es ist eine der stärksten Szenen des Filmes „Population Boom“, der coproduziert wurde vom ORF im Rahmen des Film- und Fernsehabkommens.
population boom production
„Keine Überbevölkerung vorhanden“
Der Film zeige, dass „keine Überbevölkerung vorhanden ist“, sagt Michael Bubik, Geschäftsführer des evangelischen Hilfswerks „Diakonie – Eine Welt“ und Initiator des Projekts „fairshare“, mit dem aufgezeigt werden soll, wie Ressourcen gerecht verteilt werden können. Dem Horrorszenario von der Übervölkerung – das oft in einem Atemzug mit Armut, Umweltproblemen und Hungerkatastrophen genannt wird - setzt Werner Boote nicht nur emotionale Bilder, sondern auch Fakten entgegen: Das Pentagon verbraucht täglich mehr Erdöl als ganz Schweden, der Sudan könnte als intakter Staat eine Milliarde Menschen ernähren und wenn alle sieben Milliarden Menschen in Österreich leben würde, hätten alle noch immer durchschnittlich elf Quadratmeter Fläche zur Verfügung, mehr als einem österreichischen Strafgefangenen zusteht.
Reuters/Siegfried Modola
Wer ist zu viel?
Ursprünglich wollte Werner Boote einen Film über die Herausforderungen angesichts der vermeintlichen Überbevölkerung machen, doch bald bemerkte er, dass der Begriff „Überbevölkerung“ politisch willkürlich verwendet wird. Arme Menschen, die in Slums leben, seien für die Wirtschaft uninteressant, erfuhr der Filmemacher in Indien und obwohl die meisten Rohstoffe in reichen Ländern – in Europa und den USA – verbraucht werden, seien ausgerechnet die Länder des Südens aufgerufen, ihre Geburtenrate zu senken. In Indien erhalten arme Frauen einen Mixer oder ein Fernsehgerät, wenn sie sich sterilisieren lassen.
Gerechtigkeit der Ressourcen
Diakonie Geschäftsführer Michael Bubik hat sich den Film „Population Boom“ für das ORF Religionsmagazin „Orientierung“ (Sonntag, ORF 2, 12 Uhr 30) angesehen. „Wie kommen wir zu einem guten Leben für alle Menschen und wer hat dafür was zu tun?“, so die laut Bubik spannenden Fragen, die im Film angerissen werden und über die man weiter diskutieren solle.
Reuters/Jitendra Prakash
Der globale Fußabdruck
Eine Möglichkeit, seinen eigenen Lebensstil zu überprüfen und sich die Kosten dafür auszureichen findet man im Internet auf der Seite www.fairshare.at. Ob man Rindfleisch oder Karotten isst, ob man mit dem Auto oder dem Zug fährt, wie klein oder groß die Wohnung ist, für die Produktion der Ressourcen braucht man Platz. Wie viel davon man selbst verbraucht zeigt der globale Fußabdruck an, die Maßeinheit heißt globale Hektar. Der Durchschnittsösterreicher braucht 5,31 globale Hektar. „Eigentlich sollten wir nicht mehr als einen Hektar brauchen pro Person im Schnitt. Wenn ich fünf Hektar brauche, nehme ich vier anderen Personen ihren Hektar“, so Bubik, der übrigens selbst sein Auto verkauft hat und jetzt mit dem Rad in die Arbeit fährt.
Info:
Population Boom - Der Film ist ab dem 20. September in österreichischen Kinos zu sehen.
TV-Tipp
Orientierung, 15.9.2013, ORF 2, 12.30 Uhr
kulturmontag, 16.9.2013, ORF 2, 23.00 Uhr