Vatikan-Bank IOR veröffentlichte erstmals Jahresbericht

Die Vatikan-Bank IOR (Istituto per le opere di Religione) hat am Dienstag auf ihrer Website erstmals in einem Jahresbericht öffentlich Rechenschaft über ihre Geschäftstätigkeit gegeben.

Nach dem Bericht erwirtschaftete das IOR im Jahr 2012 einen Gewinn von 86,6 Millionen Euro. Das Finanzinstitut verwaltet Kundeneinlagen in Höhe von 6,3 Milliarden Euro und investiert hauptsächlich in festverzinsliche Wertpapiere und Staatsanleihen europäischer Länder. Mit 1,8 Milliarden Euro ist das IOR in den stark verschuldeten Euro-Staaten („PIIGS“) exponiert, allerdings wurden keine griechischen Titel besorgt.

Ordensgemeinschaften größte Kundengruppe

Mit rund 50 Prozent bilden Ordensgemeinschaften die größte Kundengruppe des IOR. Es folgen Einrichtungen und Botschaften des Vatikans mit rund 15 Prozent sowie Kardinäle, Bischöfe und weitere Geistliche mit 13 Prozent. Das IOR war in der Vergangenheit wegen angeblicher schwarzer Konten und Geldwäsche immer wieder in die Schlagzeilen geraten.

Die über eine Milliarde Katholiken in der Welt hätten ein Recht darauf zu wissen, "was das „Institut für die religiösen Werke" macht und wie es die Kirche in der Welt unterstützt“, sagte der IOR-Aufsichtsratsvorsitzende Ernst von Freyberg am Dienstag in einem Interview mit Radio Vatikan. In dem Bericht werde jede einzelne Position der Bilanz erklärt, um Verschwörungstheorien aus der Welt zu schaffen, so der deutsche Manager.

Internationale Standards seit 2010

Freyberg wies darauf hin, dass das Finanzinstitut seit vielen Jahren von renommierten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften kontrolliert werde. Die Ergebnisse seien bislang jedoch nie veröffentlicht worden.

Ende 2010 hatte Benedikt XVI. im Vatikan internationale Standards für die Transparenz von Geldgeschäften eingeführt. Der Aufsichtsratsvorsitzende der Werft Blom & Voss war von ihm kurz vor seinem Rücktritt im Februar an die Spitze des IOR berufen worden.

900 Kunden zu Kontenschließung aufgefordert

Unterdessen berichtete die italienische Tageszeitung „Corriere della Sera“ am Dienstag, das IOR habe an 900 Kunden die Aufforderung versandt, ihre Konten bei dem Finanzinstitut zu schließen. Grund hierfür sei, dass das Profil nicht den verschärften Anforderungen des Finanzinstituts entspreche oder verdächtige Transaktionen festgestellt worden seien.

Das IOR wollte den Bericht weder bestätigen noch dementieren: „Wir kommentieren unsere Kundenbeziehungen grundsätzlich nicht“, sagte ein Sprecher des Finanzinstituts am Dienstag auf Anfrage. Er verwies zugleich darauf, dass das IOR mit der Überprüfung seiner Konten „voll im Plan“ sei. Gegenwärtig kontrollieren rund zwei Dutzend Mitarbeiter der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft „Promontory“ alle Konten der rund 19.000 Kunden des IOR.

Verdächtige Transaktionen

Nach dem Zeitungsbericht sollen unter anderem alle Konten, die Botschaften im Vatikan haben, geschlossen werden. Grund seien verdächtige finanzielle Transaktionen, die für die Botschaften von Iran, Irak und Indonesien festgestellt worden seien. Das Konto der syrischen Botschaft sei bereits im Juli geschlossen worden.

Die rund 180 Botschaften beim Heiligen Stuhl hatten bislang das Recht, ein Konto beim IOR zu führen. Laut „Corriere della Sera“ hatten zuletzt etwa 20 Botschaften ein Konto beim IOR.

religion.ORF.at/KAP

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