Missbrauch: Erste Schadenersatzklage in Polen

In Polen will erstmals ein Missbrauchsopfer eine Diözese auf Schadenersatz verklagen. Der 26-jährige Kläger war 2001 von einem Priester sexuell missbraucht worden.

Der Kläger Marcin K. reagiere damit auf das Scheitern eines Schlichtungsversuchs vor einem Gericht in Koszalin (Köslin) am Donnerstag, sagte ein Sprecher der polnischen Helsinki-Stiftung für Menschenrechte der deutschen katholischen Nachrichtenagentur KNA. Die Diözese Koszalin-Kolobrzeg (Köslin-Kolberg) habe ebenso wie der Täter die Zahlung von Schadenersatz und eine Entschuldigung in der Presse abgelehnt.

Der Täter, Gemeindepfarrer Zbigniew R., war im Dezember 2012 wegen 15-fachen Missbrauchs von K. und einmaligen Missbrauchs eines weiteren Jungen rechtskräftig zu zwei Jahren Haft verurteilt worden. Der von der Helsinki-Stiftung unterstützte 26 Jahre alte Student fordert von der Diözese im Nordosten Polens und dem Täter jeweils umgerechnet knapp 24.000 Euro.

Zudem verlangt er eine Entschuldigung in einer großen Tageszeitung und zwei Nachrichtenmagazinen. K. wirft der Kirche in Polen vor, von pädophilen Neigungen des Priesters gewusst, aber keine Konsequenzen gezogen zu haben.

Kirchenanwalt: Nur Täter, nicht Diözese haftet

Der Anwalt des Bistums, Krzysztof Wyrwa, unterstrich, Schadenersatzforderungen könnten nur an den Täter und nicht an die Diözese oder die Pfarrei gerichtet werden. Für Forderungen an die Kirche gebe es weder eine „rechtliche Grundlage“ noch habe K. Beweise für eine Mitverantwortung der Kirche vorgelegt. Das polnische Zivilrecht sieht vor einer Klage einen Schlichtungsversuch vor Gericht vor.

Ortsbischof Edward Dajczak hatte K. persönlich sein tiefes Bedauern ausgedrückt und ihm Hilfe bei den Therapiekosten zugesagt. Die polnische Bischofskonferenz erklärte mehrfach, Schadenersatzansprüche der Opfer seien an die Täter und nicht an die Kirche zu richten. Primas-Erzbischof Jozef Kowalczyk sagte vergangene Woche: „Es gibt keine kollektive Verantwortung der Kirche, sondern nur eine individuelle.“ Laut Medienberichten wurden in Polen seit 2001 etwa zwei Dutzend Priester wegen Kindesmissbrauch verurteilt.

KAP