Papst besucht Assisi: Aufruf zu Solidarität

Papst Franziskus hat am Freitag die umbrische Kleinstadt Assisi besucht. Nach dem Besuch einer Kinderklinik besuchte er die berühmte Basilika und betete am Grab des Ordensgründers Franz von Assisi.

„Viva il Papa“-Rufe empfingen Franziskus am Gedenktag des heiligen Franz von Assisi, der in dieser mittelalterlichen Stadt geboren wurde und begraben liegt. Jorge Mario Bergoglio hatte seinen Namen als Papst nach dem Verfechter eines Lebens in Armut gewählt.

Papst Franziskus in Assisi

Reuters/Giampiero Sposito

Franziskus beginnt seinen Besuch in der Geburtsstadt seines Namenspatrons

Mit einem Aufruf zur Solidarität mit den Armen und Schwachen begann am Freitag seinen Besuch in Assisi. Beim Besuch einer Klinik für kranke und behinderte Kinder verwies er auf die vielfältigen Plagen der Zeit und der Gesellschaft.

„Christen müssen Leiden sehen“

In diesen leidenden Kindern könne man das leidende Antlitz Christi sehen und erleben, sagte er in einer kurzen improvisierten Ansprache im Istituto Serafico von Assisi. „In diesen leidenden Kindern ist Christus verborgen“, hob er hervor. Insbesondere die Christen müssten diese Leiden sehen und sich den Armen und Kranken widmen.

Papst Franziskus betet am Grab des Hl. Franz von Assisi

APA/EPA/ANSA/Gian Matteo Crocchioni

Papst Franziskus betet am Grab des Hl. Franz von Assisi

Lampedusa: „Ein Tag der Tränen“

Mit Blick auf den Untergang eines Flüchtlingsschiffs kurz vor der italienischen Insel, bei dem am Donnerstag bis zu 300 Afrikaner ums Leben gekommen waren, sagte der Papst danach: „Heute ist ein Tag der Tränen“. Bis Freitag wurden 111 Leichen geborgen, doch meldeten Rettungskräfte, dass in dem Wrack noch Dutzende weitere Tote lägen.

Sichtlich bewegt verurteilte der Papst „die Gleichgültigkeit gegenüber jenen, welche die Sklaverei, den Hunger fliehen, um die Freiheit zu suchen, doch stattdessen den Tod finden, wie gestern in Lampedusa“. Franziskus hatte am Donnerstag im Vatikan gesagt, es könne nur als „Schande“ bezeichnet werden, dass schon wieder Menschen bei einem solchen Unglück ums Leben gekommen seien. „Wir müssen uns zusammenschließen, damit diese Tragödien aufhören“, forderte der Papst.

„Geistliche Mondänität tötet die Kirche“

Der Nachfolger Jesu könne nicht nach dem „Geist der Welt“ leben, betonte der Papst, er dürfe nicht dem Macht- und Geltungsstreben folgen. Ein weltmännischer Geist stehe dem Geist der Seligpreisung entgegen. „Die ‚geistliche Mondänität‘ tötet die Seelen, tötet die Kirche“, hob er hervor. Sie sei wie „Lepra, wie ein Krebsgeschwür“. Die Kirche müsse alle Aktivitäten unterlassen, die nicht für Gott und von Gott seien. Sie müsse die Angst loswerden, Tore zu öffnen und den Ärmsten, den Bedürftigen den Fernen und Menschen ohne Perspektiven zu begegnen.

Der Verzicht auf Irdisches bedeute freilich nicht, sich in der Welt zu verlieren, sondern Christus nachzufolgen, betonte der Papst laut dem vorbereiteten Redetext. Ein solcher Verzicht bedeute aber auch, sich nicht nur auf die Sicherheit von Strukturen zu stützen. Natürlich seien solche Strukturen notwendig und wichtig, aber sie dürften nicht verdunkeln, dass Gott die einzige echte Kraft ist, die den Menschen trage.

Papst-Ballons in einer Straße in Assisi

Reuters/Giampiero Sposito

Papst-Souvenirs in Assisi

Begleitet wurde der Papst bei seinem Besuch von den acht Mitgliedern des neuen Kardinalsrates, mit dem er in den vergangenen Tagen über eine Kurienreform gesprochen hatte. Darunter war auch der Münchner Erzbischof Reinhard Marx. Der US-Kardinal Sean Patrick O’Malley trug bei dem Besuch die Kutte des Kapuzinerordens, der auf den heiligen Franziskus zurückgeht. An dem Treffen im Bischofshaus nahm auch eine Gruppe von Armen und Bedürftigen teil, die von der örtlichen Caritas betreut werden.

Appell zu Frieden im Nahen Osten

Bei der anschließenden Messe vor der Basilika San Francesco wandte sich der Papst auch an die Politiker und mahnte zum Frieden. „Mögen die bewaffneten Konflikte aufhören, die die Erde mit Blut tränken; mögen die Waffen schweigen und überall Hass der Liebe weichen“, sagte er.

Mit Nachdruck verwies er in Anwesenheit des italienischen Ministerpräsidenten Enrico Letta auf die Konflikte im Nahen Osten, in Israel und den Palästinensergebieten und in Syrien. „Hören wir den Schrei derer, die weinen, leiden und sterben aufgrund von Gewalt, Terrorismus oder Krieg“. An die Stelle von Beleidigung müsse Vergebung und an die Stelle von Zwietracht müsse Einheit treten.

Besuch in Grabeskirche

Der heilige Franziskus sei ein Mensch der Harmonie und des Friedens gewesen, von der Liebe zu den Armen bestimmt, so der Papst vor mehreren Zehntausend Gottesdienstbesuchern. Der franziskanische Friede sei keine Gefühlsduselei und auch „keine Art pantheistischer Harmonie mit den Energien des Kosmos“, hob der Papst hervor.

Franziskus feierte die Messe an jener Stätte, zu der seine Vorgänger Johannes Paul II. 1986 und Benedikt XVI. 2011 zu interreligiösen Friedenstreffen eingeladen hatten. Vor dem Gottesdienst besuchte er die mittelalterliche Basilika. In der Oberkirche besichtigte er die berühmten Fresken mit Szenen aus dem Leben des Ordensgründers, in der Krypta betete er an dessen Grab.

Der Heilige von Assisi sei für die Achtung gegenüber der Schöpfung eingetreten, die der Mensch bewahren und schützen müsse, sagte der Papst weiter in seiner Predigt. „Achten wir die Schöpfung, seien wir nicht Werkzeuge der Zerstörung“. Vor allem habe er aber die Achtung und die Liebe gegenüber jedem Menschen gelebt. „Gott hat die Welt erschaffen, damit sie ein Ort des Wachsens in Harmonie und Frieden sei“, sagte Franziskus.

religion.ORF.at/KAP/dpa

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