Seelsorge: Gegen „Pastoral der Erschöpfung“

Mit einer Bündelung der Kräfte in der Seelsorge wollen die beiden Diözesen ganz im Westen und ganz im Osten Österreichs, Dornbirn und Eisenstadt, jetzt neue Wege beschreiten.

In der Katholischen Kirche Vorarlberg hat Pastoralamtsleiter Walter Schmolly dazu das Modell „Seelsorgeräume“ vorgestellt, das 2014 in den Städten Bregenz und Dornbirn realisiert werden soll. Sein Pendant in der Diözese Eisenstadt, Pastoralamtsleiter Michael Wüger, kündigte in der Kirchenzeitung „martinus“ einen neuen kooperativen Weg an, um der verbreiteten „Pastoral der Erschöpfung“ zu begegnen.

In Vorarlberg war bereits vor zwei Jahren - noch unter Bischof Elmar Fischer - ein „Strukturplan 2025“ vorgestellt worden: ein Konzept, das künftig „Einzelpfarren“, „Pfarrverbände“ und „Seelsorgeräume“ vorsieht und in den kommenden Jahren umgesetzt werden soll.

„Seelsorgeräume“ ab 2014

In Bregenz und Dornbirn wird es ab September 2014 „Seelsorgeräume“ geben, wobei die einzelnen Pfarren der Städte wie bisher bestehen bleiben, die Pfarrer jedoch ein Seelsorge-Team bilden, erklärte Walter Schmolly in einer Aussendung der Diözese Feldkirch.

Geleitet wird es von einem Priester als Moderator, zur Seite steht ihm ein Organisationsleiter. Den Vorteil dieser neuen Struktur sieht Schmolly darin, dass neue Initiativen, Synergien und Schwerpunkte ermöglicht würden und für die Katholiken in den Städten ein vernetztes kirchliches Angebot sichergestellt werde.

Erste Personalentscheidungen

Bereits elf Monate vor der Umsetzung dieses Modells gab die Diözese erste Personalentscheidungen bekannt: In der Vorarlberger Landeshauptstadt soll ab 1. September 2014 Dekan Paul Solomon die Moderation übernehmen, unterstützt wird er dabei vom bisherigen Pastoralassistenten Diakon Gerold Hinteregger. Moderator in Dornbirn ist Dekan Erich Baldauf, dort übernimmt die Organisationsleitung mit Katharina Weiss eine Frau, die als studierte Politik- und Verwaltungswissenschaftlerin bisher im Innenministerium tätig war.

Das Jahr bis zur Eröffnung wollen die Verantwortlichen für Überlegungen zur inhaltlichen Schwerpunktsetzung, etwa in der Jugendarbeit, und zur organisatorischen Vorbereitung nutzen. Als neues Gremium wird der Seelsorgerat entstehen, auch die Gottesdienstordnung wird neu geregelt.

Neues „Haus der Kirche“ in Bregenz

In Bregenz soll es künftig auch ein „Haus der Kirche“ geben, das als Anlaufstelle für unterschiedlichste kirchliche Belange dient. Zentral gelegen gegenüber der Seekapelle in der Rathausstraße, sollen dort neben Räumlichkeiten für die Kirche in Bregenz auch die Caritas, die Pfarrbegleitung, ein Jugendbüro, die Buchhandlung „Die Arche“ sowie das Ehe- und Familienzentrum Platz finden.

„Wir müssen uns von bestimmten Kirchenbildern lösen“, so Dekan Baldauf in der Diözesanaussendung. Die große Herausforderung sehe er künftig darin, sowohl die Pfarren als auch die Stadt als Ganze im Blick zu haben. Dekan Paul Solomon verglich es mit einem Fußballspiel - auch hier sollte „das gesamte Feld bespielt werden“.

Im Zugehen auf Menschen sieht Organisationsleiterin Weiss das Zentrum ihres neuen Arbeitsfeldes: „Die Kirche muss sich den Menschen in den Weg stellen.“ Viele hätten Sehnsucht nach Beheimatung, „aber sie kennen die Angebote nicht, weil viele in die traditionellen Pfarrstrukturen nicht eingegliedert sind“. Dem möchte Weiss abhelfen.

Eisenstadt: Pastoraltheologe als „Motivator“

In der Diözese Eisenstadt sind die geplanten Neuerungen vom deutschen Pastoraltheologen Christoph Jacobs inspiriert, den Bischof Ägidius Zsifkovics als „Motivator“ ins Boot holte, berichtete Pastoralamtsleiter Michael Wüger im „martinus“-Gespräch.

Im Rahmen eines „Theologischen Tages“ gab Jacobs kürzlich seine Bestandsanalyse der aktuellen pastoralen Situation ab und nannte als wichtigste Eckpunkte eines zukunftsweisenden neuen pastoralen Weges die Partizipation der Gläubigen, den verantwortungsbewussten Umgang mit vorhandenen Ressourcen und die Gründung neuer Gemeinschaften. Die Kirche habe bisher auf die sich schon in den 1950er und 1960er Jahren abzeichnenden tiefgreifenden Veränderungen in der Gesellschaft „nur unzureichend reagiert“, so Jacobs.

Zeitlich begrenzte Gemeinschaften

Wüger kündigte die „Umsetzung einer kooperativen Pastoral“ an, „wo die Getauften ihre Charismen und Dienstleistungen einbringen und die Priester in ihrer seelsorgerlichen Arbeit kooperieren“. Konkret sollen zukünftig die strukturell bestehen bleibenden Pfarren durch spirituelle oder diakonische „kleine Gemeinschaften“ belebt werden, wünscht sich der Pastoralamtsleiter.

Das könnten zeitlich begrenzte Gemeinschaften etwa im Zuge einer Erstkommunionvorbereitung oder aber fixe Gemeinschaften sein. Zeitlich ist der neue pastorale Weg laut Wüger auf die nächsten zehn Jahre ausgelegt: Bis 2023 sollen etwa 40 Seelsorgeräume umgesetzt sein, so der Plan. Eine diözesane Arbeitsgruppe sei dafür eingerichtet, auch die Dechantenkonferenz mit dem Plan befasst worden.

Alle Getauften Träger der Pastoral

In den nächsten Monaten solle anhand von Klausurtagungen auf Dekanats- und Diözesanebene eine „geistliche Vergewisserung“ stattfinden. Zu klären seien die konkreten Rahmenbedingungen der Seelsorgeräume, deren bereits getroffene geografische Einteilung „man sich aber noch einmal anschauen muss“, so Wüger. Wichtig sei jedenfalls zu betonen, dass alle Getauften Träger der Pastoral sind.

Das Bild leerer Kirchenbänke, „müde gewordene ehrenamtliche Mitarbeiter“ und „überforderte Priester“: Dieser Erfahrung kennzeichne die pfarrliche Pastoral der vergangenen Jahre. „Mit einem neuen pastoralen Weg will sich die Diözese Eisenstadt in den nächsten Jahren von dieser ‚Pastoral der Erschöpfung‘ verabschieden“, heißt es in der Aussendung.

religion.ORF.at/KAP

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