Asyl: Tiroler Caritas-Direktor kritisiert „Maulhelden“

Scharfe Kritik an jeder Form von politischer Stimmungsmache gegen Flüchtlinge und Asylsuchende hat der Tiroler Caritas-Direktor Georg Schärmer geübt.

Wem zur Flüchtlingskatastrophe vor Lampedusa mit mehr als 300 Toten nur die Forderung nach einer Politik der „Härte“ einfalle, der verhöhne und entwürdige die Opfer und alle Notleidenden, die angesichts ihrer Notlage in den Heimatländern selbst den möglichen Tod auf der Flucht in Kauf nehmen. Solche „Maulhelden, die das fordern, haben nicht die geringste Ahnung, welche Tragödien sich rund um die Flüchtlingsprobleme auftun“, so Schärmer.

„Kältetod des Mitgefühls“

Zudem sei die jüngste Katastrophe nur die Spitze eines Eisbergs von mehr als 25.000 Ertrunkenen in den letzten Jahrzehnten im Mittelmeer. Schärmer äußert sich in einem Interview in der aktuellen Ausgabe der Kirchenzeitung „Tiroler Sonntag“. Der „Kältetod des Mitgefühls“ und die von Papst Franziskus angeprangerte „globalisierte Gleichgültigkeit“ machten das Flüchtlingsdrama vor Lampedusa mit mehr als 300 Toten erst möglich, wies Schärmer hin. Eine vernünftige und humane Flüchtlingspolitik setze bei der Entwicklungszusammenarbeit an, beim „Einsatz dafür, dass die Menschen eine Perspektive in ihren Heimatländern erfahren dürfen“.

„Strategie der Abschottung erfolglos“

Die Strategie einer zunehmenden Abschottung sei nicht nur zynisch, sondern auch erfolglos: Selbst die Errichtung eines „Eisernen Vorhangs“ in Marokko und die „Mitfinanzierung von Konzentrationslagern in Libyen“ durch westliche Staaten habe die Menschen nicht von ihrer Flucht abgehalten. Sie würden lieber „in Europa ‚Dreckjobs‘“ annehmen, als länger der Not, Zukunftslosigkeit und Gewalt in Krisenregionen ausgesetzt zu sein.

Der Caritas-Direktor ermutigt jeden Einzelnen, couragiert aufzutreten, „wenn Populisten wieder einmal aus Fluchtmenschen ‚Fluch-Menschen‘ machen und wenn Nächstenliebe eingegrenzt wird zwischen Boden- und Neusiedlersee“. Allen unterschiedlichen Formen der Ablehnung von Migranten sei letztlich die Angst gemeinsam.

Schärmer: Jeder kann „Nächster“ werden

Anstatt die Aufnahme von Flüchtlingen in Kategorien des Bedrohlichen zu pressen, müsste sie als eine bereichernde „spannende Begegnung“ gesehen werden. „Auch wenn nicht jeder mein Nächster ist, so kann es doch jeder werden“, sagte Schärmer. Die Politik rief er zum Ausbau der Entwicklungszusammenarbeit und zur Besinnung auf den Wert der Gastfreundschaft auf. Bei der Aufnahme von Flüchtlingen habe Österreich „noch viel Spielraum nach oben“. In Tirol etwa lebten derzeit 1.500 Asylwerber, „das ist gerade mal eine Familie pro Dorf“, betonte Schärmer.

religion.ORF.at/KAP

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