Allerheiligen: Die Schar der Heiligen wächst

Über 7.000 Heilige und Selige gibt es in der römisch-katholischen Kirche - und es werden immer mehr. Das Hochfest Allerheiligen steht im Zeichen dieser frommen Menschen, von denen einige auch Österreich-Bezug haben.

Im Mittelpunkt des kirchlichen Hochfestes Allerheiligen am 1. November stehen die Heiligen, also laut katholischer Tradition einerseits jene Menschen, die von der Kirche als heilig erklärt worden sind, und andererseits jene, „um deren Heiligkeit nur Gott weiß“.

6.650 Heilige und Selige sowie 7.400 weitere bei Christenverfolgungen getötete Märtyrer listete 2004 das vatikanische Heiligengesamtverzeichnis „Martyrologium Romanum“ auf. Die Zeit und Zahl ist nicht stehengeblieben, denn auch nach der Ära von Johannes Paul II., der im April 2014 selbst zur „Ehre der Altäre“ erhoben wird, erklärten seine beiden Nachfolger zahlreiche Menschen - insgesamt 847 - zu Heiligen.

Lampe und Statuen vor düsterem Nachthimmel

Reuters/Eric Gaillard

144 der über 7.000 Heiligen und Seligen der römisch-katholischen Kirche stehen als Statuen am Petersplatz in Rom Wache

45 Heiligsprechungen unter Benedikt XVI.

Unter dem nunmehr emeritierten Papst Benedikt XVI. wurden 45 Menschen heiliggesprochen. Die in Mitteleuropa wohl populärste unter ihnen ist die Mystikerin Hildegard von Bingen (1089 bis 1179), die zuvor zwar längst im deutschen Sprachraum als Heilige verehrt worden war, ohne jedoch jemals formell heiliggesprochen worden zu sein. Benedikt XVI. holte das am 10. Mai 2012 nach und erklärte sie zugleich zur Kirchenlehrerin.

Das Hochfest Allerheiligen

Mit dem Hochfest Allerheiligen gedenkt die katholische Kirche nicht nur der heiliggesprochenen Frauen und Männer, sondern auch jener Menschen, die ihren Glauben eher unspektakulär und still gelebt haben. Die Gläubigen erinnern sich aber auch ihrer verstorbenen Angehörigen, schmücken Gräber und drücken damit ihre Zuversicht aus, dass die Menschen nach dem Tod in der Gemeinschaft mit Gott sind.

Eine der letzten Heiligsprechungen im Pontifikat Benedikts XVI. war jene der Mohawk-Indianerin Kateri Tekakwitha (1656 bis 1680). Die Kanonisation der Jungfrau und Asketin, die enormen Einfluss auf den Katholizismus vor allem in der kanadischen Provinz Quebec ausübte, sorgte in ihrer Heimat für großes Aufsehen: Immerhin ist sie nach dem 2002 heiliggesprochenen Seher von Guadelupe, Juan Diego, die bisher einzige indigene Heilige des amerikanischen Kontinents.

800 neue Heilige an einem Tag

Papst Franziskus hat in seiner bisher sechsmonatigen Amtszeit einmal - am 12. Mai 2013 - Heiligsprechungen vorgenommen. Darunter befanden sich die beiden Ordensgründerinnen Maria Guadalupe Garcia Zavala (1878 bis 1963) aus Mexiko und Laura Montoya (1874 bis 1949) aus Kolumbien sowie der Italiener Antonio Primaldo und seine 800 Gefährten, die am 14. August 1480 in der Stadt Otranto bei einem Überfall osmanischer Streitkräfte ermordet wurden.

Diese Heiligsprechungen, die aufgrund der großen Anzahl einen Rekord in der Kirchengeschichte darstellten, waren noch von Papst Benedikt XVI. bestätigt und im Rahmen jenes Kardinalstreffens angekündigt worden, bei dem er im Februar seinen Rücktritt bekanntgab.

„Heiligenpapst“ Johannes Paul II.

Die ersten Heiligsprechungen, deren Prozessabschluss der Papst aus Argentinien selbst bestätigt hat und voraussichtlich auch durchführen wird, sind jene seines Vor-Vorgängers Johannes Paul II. (1920 bis 2005) und des „Konzilspapstes“ Johannes XXIII. (1881 bis 1963). Gemeinsamer Termin dafür ist der 27. April 2014, der „Sonntag der göttlichen Barmherzigkeit“, hat Franziskus im Konsistorium vom 30. September 2013 den Kardinälen mitgeteilt.

Johannes Paul II.

Reuters

Johannes Paul II., der selbst bald heiliggesprochen wird, gilt als einer der heiligsprechungsfreudigsten Päpste der Geschichte

Der bald heilige Papst Johannes Paul II. galt selbst zu Lebzeiten mit insgesamt 482 Heiligsprechungen als Rekordhalter: Man sagt, dass seine Vorgänger in den vergangenen vier Jahrhunderten in Summe nur etwa halb so viele Kanonisationen durchgeführt hätten. Zu den bekanntesten Heiligen der Zeit des polnischen Pontifex gehören Pater Pio von Pietrelcina, die deutsche Philosophin, Ordensfrau und Märtyrerin Edith Stein und der Opus-Dei-Gründer Josemaria Escriva.

Rund 100 Heilige und Selige haben Österreich-Bezug

Unter den Seligen und Heiligen der katholischen Kirche sind auch einige mit Österreich-Bezug. An die 100 von ihnen waren Österreicher bzw. lebten und wirkten in Österreich. Der „jüngste“ Heilige mit Österreich-Bezug ist der Tiroler Steyler Missionar Josef Freinademetz, der sich in China um die Heranbildung eines einheimischen Klerus bemühte und 2003 heiliggesprochen wurde.

Der „älteste“ Heilige auf dem Gebiet des heutigen Österreich ist der heilige Florian, ein römischer Beamter, der im Jahr 304 in Lorch (Oberösterreich) als Märtyrer gestorben ist. Zudem sind derzeit knapp 20 Seligsprechungsverfahren für (Alt-)Österreicher im Gange.

Die letzte Seligsprechung mit Österreich-Bezug liegt noch nicht lange zurück: Sie betraf am 21. September den Kapuzinermönch Thomas von Olera. Dieser wirkte die letzten 13 Jahre seines Lebens als Seelsorger und Prediger in Innsbruck. Seine sterblichen Überreste sind in der Innsbrucker Kapuzinerkirche beigesetzt.

Hildegrad Burjan 1928

Caritas Socialis

Die Parlamentarierin und Gründerin der Schwesterngemeinschaft Caritas Socialis, Hildegard Burjan, ist die bisher letzte seliggesprochene Österreicherin

Burjan und Lampert: Die „jüngsten“ Seligen Österreichs

Auch die bisher letzten Seligsprechungen, die in Österreich stattfanden, sind jüngeren Datums: Im Jänner 2012 wurde die Gründerin der Schwesterngemeinschaft Caritas Socialis, Hildegard von Burjan, im Wiener Stephansdom seliggesprochen, im November 2011 der NS-Märtyrer Carl Lampert in der Diözese Feldkirch.

Burjan zog 1919 als christlich-soziale Politikerin in den österreichischen Nationalrat ein. Sie ist die erste Parlamentarierin weltweit, die seliggesprochen wurde. Provikar Carl Lampert war der ranghöchste österreichische Geistliche, der von den Nationalsozialisten hingerichtet wurde.

Seit 1663 ist der Babenberger-Markgraf Leopold III. Patron von Österreich. Weitere bekannte österreichische Heilige sind Clemens Maria Hofbauer, der „Apostel von Wien“, der Prediger Johannes von Capistran und der Wiener Jesuit Stanislaus Kostka. Auch der in Oberösterreich verstorbene Heilige Wolfgang gilt als Österreicher, ebenso wie Severin, der „Apostel von Noricum“, und Rupert, der Salzburger Bischof und Landespatron.

Zahlreiche Verfahren ausständig

Österreich wird in den nächsten Jahren um einige Selige reicher werden. Im Moment sind knapp 20 Seligsprechungsverfahren für (Alt-)Österreicher im Gange - etwa für den Linzer Bischof Franz Joseph Rudigier (1811 bis 1884), den Heiligenkreuzer Abt Karl Braunstorfer (1895 bis 1978), den Initiator der Friedensgebetsbewegung „Rosenkranz-Sühnekreuzzug“, P. Petrus Pavlicek (1902 bis 1982), sowie die Ordensgründer Sr. Franziska Lechner (1833 bis 1894) und Abbe Victor Braun (1825 bis 1882).

Weitere Verfahren gibt es u. a. für die letzte österreichische Kaiserin und Königin von Ungarn, Zita von Bourbon-Parma (1892 bis 1989), die als „Engel von Auschwitz“ bekannte Trinitarierin Angela Autsch (1900 bis 1944), den Missionsabt Franz Pfanner (1825 bis 1909) und den Sozialethiker Johannes Messner (1891 bis 1984).

Weltweit gibt es unzählige ausständige Selig- und Heiligsprechungsverfahren, teilweise auch mit sehr bekannten Namen, darunter prominente Personen wie Mutter Teresa, für die laut Angaben des vatikanischen Postulationsbüros nur noch ein Wunder für die Heiligsprechung notwendig ist, sowie der letzte österreichische Kaiser Karl, bei dem die Prüfung eines Wunders auf diözesaner Ebene bereits seit 2008 abgeschlossen ist.

Aufwendiges Verfahren

Durch die Heiligsprechung bekundet die katholische Kirche ihr Vertrauen, dass die damit bezeichnete verstorbene Person die Vollendung bei Gott bereits erreicht hat. Damit darf diese Person von Gläubigen auf der ganzen Welt verehrt und um Fürsprache gebeten werden. Bei Seligen ist das nur in jener Diözese, in der sie seliggesprochen wurden, erlaubt.

Generell sind die Seligen eine Art Vorstufe zu den Heiligen. Damit eine Person seliggesprochen werden kann, muss ein kompliziertes Prüfungsverfahren durchlaufen werden. Im Zuge dessen wird zunächst der „heroische Tugendgrad“ der Person festgestellt. Darüber hinaus muss die Person entweder ein Martyrium erlitten oder ein wissenschaftlich nicht erklärbares Wunder bewirkt haben.

Für den „Aufstieg“ vom Seligen zum Heiligen ist dann in der Regel die Anerkennung eines zweiten solchen Wunders durch eine vatikanische Prüfungskommission nötig - bei Johannes XXIII. hat Papst Franziskus kürzlich darauf verzichtet. Verläuft das in der Regel Jahrzehnte oder länger dauernde Verfahren positiv, erklärt der Papst, dass die Person als Heilige oder Heiliger bezeichnet werden darf und als solcher verehrt werden soll.

religion.ORF.at/KAP