„Ausgerechnet Schreiben?“: Texte aus der VinziRast

Das Buch „Mit einem Fuß auf zwei Beinen stehen“ ist aus einer Schreibwerkstatt im Wiener VinziRast-CortiHaus, einer Notschlafstelle für Obdachlose, heraus entstanden.

„Es ist nicht leicht, immer der zu sein, der etwas bekommen muss“: Sätze wie dieser lassen erahnen, wie es in einem Menschen aussieht, der obdachlos, arm und auf die Hilfe anderer angewiesen ist. In den Texten drücken Männer und Frauen, die das Leben auf der Straße kennen gelernt haben, ihre Erfahrungen damit aus.

Die Gesichter zu den Stimmen

Die bekannte Schriftstellerin Renate Welsh, die die Schreibwerkstatt leitet, drückt ihre Motivation dazu so aus: „Ausgerechnet Schreiben mit Menschen, die Probleme haben? Existentielle Probleme im wahrsten Sinn des Wortes? Ja, ausgerechnet Schreiben. Weil es eine Möglichkeit ist, das eigene Leben in Besitz zu nehmen, das so oft nur Last zu sein scheint. Mit ein bisschen Glück hilft der Stift in der Hand, Dinge klarer zu sehen, Abstand zu gewinnen.“

Cover des Buchs "Mit einem Fuß auf zwei Beinen stehen"

Dom-Verlag

Buchhinweis

Renate Welsh-Rabady (Hg., Aleksandra Pawloff (Fotos): Mit einem Fuß auf zwei Beinen stehen. Texte aus der Schreibwerkstatt im VinziRast-CortiHaus.

Wiener Dom-Verlag, 2013

Die in der Schreibwerkstatt entstandenen Texte sind mit Fotos der Autorinnen und Autoren illustriert. Von längeren Stücken über Gedichte hin zu bloßen einzelnen Sätzen erzählen die Texte von Einsamkeit, Trauer, Kindheit, Sucht, Kälte und Alltag, auch von Schönheit und Liebe und immer wieder von tiefer Dankbarkeit für die Chance, die die VinziRast und andere Einrichtungen und Helfer ihnen gegeben haben.

„Glaubst du, ich mach das zu Fleiß?“

Die bestimmenden Themen sind die Flucht vor Krieg oder Armut, der Verlust der Familie und der Arbeit, Drogen, der Alkohol - „Ich bin alkoholkrank. Glaubst du, ich mach das zu Fleiß?“ - viele Wege führen in die Sackgasse und „es geht schnell, unten zu sein“.

Schriftstellerin Renate Welsh über die Schreibwerkstatt: „Für viele der Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind drei Stunden Konzentration eine gewaltige Leistung. Viele tun sich schwer beim Vorlesen, und keineswegs nur die, für die Deutsch eine Zweit- oder sogar Drittsprache ist. Wenn sie aber einmal erlebt haben, wie wirkliches Zuhören sie getragen hat, sind sie eher bereit diese Mühe auf sich zu nehmen, und auch den anderen ihr Zuhören zu schenken.“

Mit dem Kauf des Buches wird das VinziRast-Corti-Haus unterstützt.

religion.ORF.at

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