Mayrhofer: Papst-Dokument hat enorme Sprengkraft

Als Dokument mit „enormer Sprengkraft“ hat Beatrix Mayrhofer, Präsidentin der Vereinigung der Frauenorden Österreichs, das neue päpstliche Schreiben „Evangelii gaudium“ (Die Freude des Evangeliums) bezeichnet.

Es sei nur allzu deutlich, dass der Papst die bestehenden Probleme in Kirche und Gesellschaft von der Wurzel her anpacken wolle, so Mayrhofer im Gespräch mit „kathpress“. Es gehe dem Papst darum, historisch gewachsene oder auch durch Machtinteressen eingeführte Unrechtsstrukturen aufzuzeigen und zu verändern. Das gelte sowohl für den innerkirchlichen wie außerkirchlichen Bereich.

„Wir haben Gesellschafts- und Wirtschaftsstrukturen, die Menschen arm machen und verelenden und Menschen zum Müll der Gesellschaft machen“, so Mayrhofer. Not, Elend oder moderne Formen von Sklaverei würden nicht vom Himmel fallen, sondern seien bewusst von Menschen geschaffene Strukturen. Das gelte für Lateinamerika genauso wie für Wien. Die Ordensfrau verwies in diesem Zusammenhang u.a. auf die Probleme von Menschenhandel und Zwangsprostitution.

Orden wollen sich einbringen

Die Ordensleute würden sich gerne einbringen, um dem Lehrschreiben des Papstes Wirksamkeit zu verschaffen, bekräftigte die Präsidentin der Frauenorden. Als Ordensfrau Armut zu geloben und zu leben, bedeute auch, „sensibel zu sein für Strukturen, die Armut verursachen“. Für den Orden der Schulschwestern, dem Mayrhofer angehört, bedeute dies etwa, durch Erziehung und Bildung diese Strukturen aufzubrechen.

Beatrix Mayrhofer

Ordensgemeinschaften/Katrin Bruder

Beatrix Mayrhofer

Das Schreiben des Papstes erinnere sie auch immer wieder an Aussagen ihrer lateinamerikanischen Mitschwestern, so Mayrhofer. Sehr oft erwähne der Papst auch den Text der Lateinamerikanischen Bischofsversammlung von Aparecida aus dem Jahr 2007, an dem der damalige Kardinal Bergoglio freilich auch selbst maßgebend mitgearbeitet hatte. „Das Dokument von Aparecida dürfte nun endgültig in Rom angekommen sein.“

Sie spüre, so die Präsidentin der Frauenorden weiter, dass es dem Papst ein großes Anliegen sei, auch die innerkirchlichen Strukturen zu verändern. Großen Handlungsbedarf sah Mayrhofer im Aufbrechen des Klerikalismus. Es sei beeindruckend, dass Franziskus in diesem Zusammenhang auch die bis jetzt gelebte Form des Papstamtes infrage stelle und eine neue Form suche. Es brauche auch mehr Dezentralismus in der Kirche.

Wermutstropfen Frauenpriestertum

Bedauern äußerte Mayrhofer darüber, dass Papst Franziskus keine Diskussion über das Frauenpriestertum zulassen will. „Es schmerzt“, so die Ordensfrau wörtlich. Persönlich glaube sie nicht, dass es für den Ausschluss von Frauen vom Priesteramt theologische Gründe gibt.

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Das ORF-Religionsmagazin „Orientierung“ berichtet am Sonntag, 1. Dezember 2013, ausführlich über das Papst-Dokument. Im Schaltgespräch: Rom-Korrespondentin Mathilde Schwabeneder.

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Sie sei jedenfalls gespannt, wohin sich die katholische Kirche entwickeln werde, wenn - gemäß dem päpstlichen Schreiben - mehr Frauen in wichtige Positionen berufen werden, etwa auch in der vatikanischen Kurie, so Mayrhofer. „Frauen dürfen wesentlich mitentscheiden in der Kirche, aber über das Frauenpriestertum dürfen sie dann nicht mitentscheiden?“

Zugleich machte sie auf ein vermeintliches Missverhältnis aufmerksam: „Wenn Frauen nach dem Priestertum der Frauen fragen, wird das als Machtstreben interpretiert. Dass Männer das Priestertum ausüben, wird als Dienst interpretiert. Wenn für Frauen das Priestertum offen ist, dann wäre es ja auch ein Dienst.“ Wichtig sei ihr aber, so die Präsidentin der Ordensfrauen in Österreich, dass das päpstliche Dokument nicht auf die Frage nach dem Frauenpriestertum reduziert wird. Dafür enthalte es viel zu viel positive Sprengkraft.

KAP

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