Kolping: Vom Schusterlehrling zum Sozialreformer

Am 8. Dezember jährte sich der Geburtstag Adolph Kolpings zum 200. Mal. Der deutsche Priester und Sozialreformer gilt als ein Vorreiter der christlichen Soziallehre. Auch hierzulande sind die Kolpinghäuser wichtiger Bestandteil des sozialen Netzes.

„Die Nöte der Zeit werden euch lehren, was zu tun ist.“ Auf diesen Grundsatz Kolpings und sein Bestreben, Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten, hat das österreichische Kolpingwerk anlässlich seines 200. Jahrestags hingewiesen.

Adolph Kolping wurde am 8. Dezember 1813 in Kerpen bei Köln geboren. Er gilt als einer der zentralen Vorreiter der christlichen Soziallehre. Mit elf Jahren begann Kolping eine Schuhmacherlehre, erst mit 24 Jahren drückte er wieder die Schulbank, studierte in München, Bonn und Köln und wurde schließlich 1845 zum Priester geweiht.

Häuser für wandernde Handwerksgesellen

Die große Idee seines Lebens war es, den wandernden Handwerksgesellen, deren soziale Probleme er persönlich kennengelernt hatte, Heimat und Orientierung zu geben. Kolping bereiste Europa, um in den größeren Städten „Katholische Gesellenvereine“ zu gründen. Nach und nach entstanden Gesellenhäuser - die heute nach ihm benannten Kolpinghäuser. Kolping starb am 4. Dezember 1865 in Köln. Am 27. Oktober 1991 wurde er von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.

„Den Armen nicht nur zu helfen, sondern sie dabei zu unterstützen, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen und die Entwicklung der Gesellschaft aktiv mitzugestalten“ - das war laut einer Aussendung von Kolping Österreich das Bestreben des Namensgebers. Dieses Bestreben, heißt es in der Aussendung, „brachte eine starke Tiefenwirkung, die die Betroffenen oft ein ganzes Leben lang miteinander verband. In einer Zeit, in der die Parole ‚Proletarier aller Länder vereinigt euch‘ durch die industrialisierte Welt zog, ging Adolph Kolping auf den Einzelnen zu und ermutigte die Menschen, aus sich und ihrer Umgebung etwas zu machen.“

Künstlerisches Poträt Adolph Kolping

Fotos Kolping Österreich

Adolph Kolping

Weltweiter Verband

Bis 1968 war der Kolpingverband de facto nur in den deutschsprachigen Ländern zu Hause. Inzwischen hat sich die Organisation aber zu einem weltweiten Verband entwickelt. Heute gibt es laut eigenen Angaben „Kolpingfamilien“ in mehr als 60 Ländern auf allen Kontinenten mit ca. einer halben Million Mitglieder.

Gefeiert wurde der 200. Geburtstag Adolph Kolpings vom österreichischen Kolpingverband bereits am 29. November. Die Präsidentin von Kolping Österreich, Christine Leopold, betonte zu diesem Anlass ebenso wie der Generalpräses des Internationalen Kolpingswerks, Ottmar Dillenburg, dass gesellschaftliches Gemeinwohl nur aus der gemeinsamen Arbeit und dem verantwortungsbewussten Sich-Einbringen jedes Einzelnen nach seinen jeweiligen Möglichkeiten und Fähigkeiten gelingen könne.

Christine Leopold

Fotos Kolping Österreich

Christine Leopold, Präsidentin Kolping Österreich

„Die Arbeit Adolph Kolpings war getragen vom unerschütterlichen Glauben an die Fähigkeiten jedes Einzelnen“, so Leopold. „In der Vereinsarbeit kam für ihn das Religiöse erst zuletzt, weil der Glaube nicht Voraussetzung, sondern Ergebnis des mitmenschlichen Miteinanders ist.“

Fünf „Stammhäuser“ in Österreich

In Österreich legte Adolph Kolping 1852 in Innsbruck, Salzburg, Steyr, Linz und Wien jene Grundsteine, auf die sich sein Werk in Österreich entwickeln und ausbreiten konnte. Heute gibt es 60 örtliche „Kolpingfamilien“. Ihr Hauptanliegen ist die Unterbringung und Begleitung junger Menschen in Kolpinghäusern für die Zeit ihrer beruflichen Ausbildung.

Darüber hinaus hat das Kolpingwerk aber immer auch auf neue gesellschaftliche Herausforderungen reagiert. Neben den traditionellen Kolpinghäusern wurden zuletzt moderne Sozialeinrichtungen geschaffen, in denen z. B. alleinerziehende Mütter, ältere und pflegebedürftige Menschen, von Gewalt betroffene Frauen sowie Jugendliche, Menschen mit Behinderungen und Erwachsene in Krisensituationen Beratung, Hilfe und Unterkunft erhalten.

So wurde beispielsweise 2011 das neue Kolpinghaus „Gemeinsam leben“ in Wien-Leopoldstadt eröffnet. In dem Mehr-Generationen-Wohnhaus leben pflegebedürftige Senioren, Mütter in Not mit ihren Kindern und Jugendliche unter einem Dach.

religion.ORF.at/KAP