GB: Oberstes Gericht erklärt Scientology zur Religion

Der Oberste Gerichtshof Großbritanniens hat die „Church of Scientology“ zur Religion erklärt. Ein Mitglied der Gruppierung hatte geklagt, weil sie ihre Hochzeit offiziell in einer Scientology-Kirche feiern wollte.

Der Oberste Gerichtshof entschied am Mittwoch, dass Scientology als Religion einzustufen sei und dass daher auch die Räumlichkeiten der Gruppierung ein Ort religiöser Handlungen seien. Die Klägerin hatte juristische Schritte eingeleitet, nachdem die zuständigen Behören sich geweigert hatten, die Scientology-Kirche als Ort für ihre Hochzeit anzuerkennen. Sie hatten sich auf ein Urteil aus dem Jahr 1970 berufen, dass festhielt, dass Scientology-Treffen keine Verehrung im religiösen Sinn vorsähen.

Menschenmasse vor großem, mit Schleifen geschmücktem Gebäude

Reuters/Luke MacGregor

Das Hauptquartier von Scientology in London bei der Eröffnung 2006

Der Oberste Gerichtshof entschied nun einstimmig, dass dieses Urteil von einer veralteten Definition religiöser Verehrung ausgehe. Damals hieß es, diese bestehe in der „Ehrfurcht vor oder Verehrung Gottes oder eines höheren Wesens“ („reverence or veneration of God or of a Supreme Being“).

Religion braucht keine Gottheit

„Religion sollte nicht auf Religionen beschränkt sein, die eine höhere Gottheit kennen“, heißt es in der Urteilsbegründung des Obersten Gerichtshofs. „Das zu tun, wäre eine in der heutigen Gesellschaft nicht akzeptable Form der religiösen Diskriminierung.“ Zum Beispiel würde auch der Buddhismus - wie andere Religionen - aus einer derartigen Definition herausfallen.

Das Gericht hielt überdies fest, dass es nicht Aufgabe der Behörde sei, über „theologische oder liturgische Feinheiten“ zu urteilen und dass die Scientology-Kirche als Raum für eine Hochzeitszeremonie zuzulassen sei.

Weitere Auswirkungen möglich

Ob das Gerichtsurteil Auswirkungen auch auf andere Bereiche, etwa Steuervorteile für Religionsgemeinschaften hat, müsse nun geprüft werden, kündigte der für Stadt- und Gemeindeverwaltungen zuständige Staatssekretär Brandon Lewis an.

In Großbritannien können offizielle Eheschließungen im Rahmen von religiösen Zeremonien stattfinden, ohne dass das Paar noch einzeln bei der Stadtverwaltung heiraten muss. Voraussetzung ist, dass die jeweilige Kirche, der Ort der Heirat und der durchführende Priester von den Behörden anerkannt sind.

Häufig unklare Verhältnisse

Die Antwort auf die Frage, ob Scientology eine Religion ist oder nicht, hängt generell vom Ort ab, an dem sie gestellt wird. Immer wieder sind Gerichte überall auf der Welt aufgrund verschiedenster Ausgangslagen mit der Frage konfrontiert. In den USA, wo Scientology in den 1950er Jahren gegründet wurde, gilt die Gemeinschaft seit 1993 als Religion.

In Österreich ist Scientology weder eine anerkannte Religionsgesellschaft noch eine eingetragene religiöse Bekenntnisgemeinschaft (die „Vorstufe“ zur Anerkennung). Bis dato gab es vonseiten der Gemeinschaft auch keine Bestrebungen in diese Richtung. Scientology ist daher hierzulande als Verein konstituiert.

Reuters/dpa/religion.ORF.at