Expertin: Kirchenreformen ohne Frauenfrage oberflächlich

Ohne eine Gleichstellung von Mann und Frauen in allen Bereichen der Kirche bleiben Reformversuche oberflächlich. Das schrieb die Chefredakteurin der Zeitschrift „Welt der Frau“, Christine Haiden.

Die Zeitschrift wird von der Katholischen Frauenbewegung herausgegeben. Haiden äußerte sich in ihrer Gastkolumne in der Tageszeitung „Oberösterreichische Nachrichten“ (Donnerstag-Ausgabe) in Bezug auf den Reformwillen des Papstes. „Viele strukturelle Probleme der derzeitigen Kirche - auch jener ausufernde Klerikalismus, den der Papst konstatiert -, hängen mit der Separation der Geschlechter zusammen“, so die Journalistin. Der Weg zu einer Gleichstellung führe aber nicht über eine von Männern gemachten „Theologie der Frau“, sondern über die Sichtweise von Frauen selbst.

Einladung zum Gedankenexperiment

Haiden lädt in ihrer Kolumne zum Gedankenexperiment ein: „Was wäre, wenn die Päpstin einer Kirche, die zentrale Ämter Frauen vorbehalten hat, erklären würde, man schätze den unentbehrlichen Beitrag der Männer in der Kirche, die Theologinnen müssten aber erst noch intensiver nachdenken, wo das spezifische männliche Charisma sich am besten entfalten könnte.“ Eine derartige Denkweise würde in der heutigen Kirche und Gesellschaft wohl nicht akzeptiert werden, so Haiden. Und trotzdem werde von Frauen in der Kirche immer noch verlangt, „geduldig den Kopf zu senken, wenn die Herren der Kirche ihnen die Plätze zuweisen“.

Christine Haiden

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Christine Haiden (Bild: im ORF-Studio anlässlich der Papstwahl) ist langjährige Chefredakteurin der Zeitschrift „Welt der Frau“

Das Argument, Jesus selbst habe nur Männer als Priester gewollt, lässt die Journalistin nicht gelten, denn es halte einer „kritischen theologischen Auseinandersetzung mit dem Thema nicht stand“. Außerdem setzte es alle christlichen Kirchen, die das anders sehen, ins Unrecht, so Haiden.

„Vorrechte von Männern vormodernes Relikt“

Diese „Vorrechte von Männern“ würden aber nicht nur alle Reformen in der Kirche als „vormodernes Relikt und fundamentales Ärgernis“ überschatten, sondern hätten auch gesellschaftliche Relevanz. Als globale Organisation sei die Kirche nämlich weltweit verantwortlich und ihr Engagement dürfe die Rechte von Frauen nicht ausklammern. Wenn in vielen Ländern der Welt Frauen noch immer als Menschen zweiter Klasse behandelt werden, müsse sie genau hier einschreiten. Glaubwürdig ist Kirche nämlich nur dann, wenn sie selbst mit „gutem Beispiel vorangeht“.

Eine katholische Kirche, die dieser oft gängigen Behandlung von Frauen nichts entgegenhält sondern es auch selbst so hält, „macht sich schuldig“. Frauen als die „ganz Anderen“ zu ehren und zu versuchen, alles für sie „zu regeln“ sei zwar ehrenwert, gehe aber an der Zeit vorbei, so die Journalistin. Jeder Mensch habe heute das Recht, für sich selbst zu sprechen. Das zu verstehen, müsse Basis für alle römisch-katholischen Reformen sein.

religion.ORF.at/KAP

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