Glaubenspräfekt gegen stärkere Bischofskonferenzen

Der Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation, Erzbischof Gerhard Ludwig Müller, hat sich mit Nachdruck gegen eine Dezentralisierung der Kirche auf Ebene der nationalen Bischofskonferenzen gewandt.

„Die katholische Kirche setzt sich aus Ortskirchen zusammen, aber sie ist eins“, sagte Müller der Tageszeitung „Corriere della sera“: „Es gibt keine ‚nationalen‘ Kirchen.“ Die Vorsitzenden des Bischofskonferenzen seien „Koordinatoren, nicht Vize-Päpste“, betonte der oberste Glaubenshüter des Vatikans. Während der Papst und jeder einzelne Bischof „göttlichen Rechts“ sind, seien die Patriarchate und die Bischofskonferenzen „menschlichen Rechts“.

Glaubenspräfekt Gerhard Ludwig Müller

APA/dpa/Armin Weigel

Glaubenspräfekt Gerhard Ludwig Müller

„Praktisches Gleichgewicht finden“

Freilich hätten die Konferenzen in bestimmten Bereichen auch lehramtliche Autorität, etwa bei der Vorbereitung von örtlichen Katechismen, von liturgischen Bücher oder der Leitung von Universitäten und katholischen Fakultäten. „Der Papst kann nicht alles wissen, was in den einzelnen Ländern passiert“, so der Chef der Glaubenskongregation. Man müsse „ein praktisches Gleichgewicht finden“. Papst Franziskus hatte in seinem Schreiben „Evangelii gaudium“ kürzlich angekündigt, über mehr Befugnisse für die nationalen Bischofskonferenzen nachzudenken.

Nach dem ordnungsgemäßen Rücktritt von Benedikt XVI. zum Ende Februar und der Wahl von Franziskus im März gebe es in der katholischen Kirche nur einen Papst, stellte Müller klar. Joseph Ratzinger sei wie ein „Kirchenvater“; sein Denken bleibe erhalten, und sein Nachfolger konsultiere ihn oft, um die theologische Kontinuität zu bewahren. Aber „es gibt kein Kollektiv. Es gibt nicht zwei Päpste“.

Sakramente für wiederverheiratete Geschiedene „nicht möglich“

Müller wandte sich gegen den Eindruck, er vertrete zu einem Kommunionsempfang für wiederverheiratete Geschiedene eine andere Position als Papst Franziskus. „Ich bin bleibe immer auf Seiten des Papstes“, stellte er klar. Es handle sich dabei um eine Frage, die man nicht mit einer allgemeinen Erklärung regeln könne. Weder der Papst noch eine Synode könnten wiederverheiratete Geschiedene per Federstrich zu den Sakramenten zulassen: „Das ist nicht möglich.“

Eine sakramental gültige Ehe sei unauflöslich, erinnerte der Glaubenspräfekt. Diese Praxis sei von Päpsten und Konzilien bestätigt worden. Müller wörtlich: „Die Kirche hat keine Autorität, die Worte und Gebote Gottes zu relativieren.“

Objektive Bedingungen für Empfang der Sakramente

Franziskus habe die Eucharistie zurecht „nicht als Belohnung für die Vollkommenen, sondern als großzügiges Heilmittel und als Nahrung für die Schwachen“ bezeichnet. Es gebe jedoch auch objektive Bedingungen für den Empfang der Sakramente. Notwendig sei freilich stets ein konkreter pastoraler Dialog.

„Eine irreguläre Situation in einer Ehe ist ein objektives Hindernis für den Empfang der Eucharistie“, sagte Müller. Dabei müsse man freilich immer die besondere persönliche Situation des einzelnen berücksichtigen: „Man muss Lösungen für die individuellen Probleme finden, aber immer auf Grundlage der katholischen Lehre“. Der Erzbischof weiter: „Man darf die Lehre nicht den Umständen anpassen: Die Kirche ist keine politische Partei, die Umfragen durchführt, um einen Konsens zu ermitteln.“

Türen für Piusbrüder niemals verschlossen

Eine Aussöhnung mit der lefebvrianischen Piusbruderschaft schloss Müller nicht aus. „Wir verschließen die Tore nicht, niemals, und wir laden sie ein, sich zu versöhnen“, betonte er. Allerdings müssten sie ihre Haltung ändern und die Bedingungen der katholischen Kirche und des Papstes als „definitive Kriterien“ für die Zugehörigkeit zur Kirche akzeptieren.

Benedikt XVI. hatte sich in seinem Pontifikat bemüht, eine theologische Einigung mit der seit 1988 von Rom getrennten Bruderschaft zu erreichen. Die Gespräche gerieten 2012 in eine Sackgasse. Zuletzt äußerte sich die Leitung der Bruderschaft wieder extrem kritisch gegenüber Rom.

APA/KAP