Papst ernennt erstmals neue Kardinäle

Papst Franziskus nimmt 19 neue Mitglieder in das Kardinalskollegium auf. Das kündigte er am Sonntag nach dem Angelus-Gebet auf dem Petersplatz an. Die Ernennung der neuen Purpurträger wird am 22. Februar stattfinden.

16 der neuen Kardinäle sind derzeit unter 80 und damit bei einer etwaigen Papstwahl wahlberechtigt. Drei sind bereits über 80 Jahre alt. Die Zahl der Kardinäle erhöht sich damit insgesamt auf 218. Derzeit zählt das Kardinalskollegium 107 papstwahlberechtigte Mitglieder.

Mit den 16 neuen Kardinälen wird sich ab 22. Februar diese Zahl auf 122 theoretisch wahlberechtigte Kardinäle erhöhen. Ein derzeit wahlberechtigter Kardinal - Giovanni Battista Re - wird am 30. Jänner 80 und scheidet damit aus. Im Lauf des Jahres werden zehn weitere Kardinäle ihren 80. Geburtstag erreichen und damit das Wahlrecht verlieren. Maximal 120 Kardinäle dürfen an einer Papstwahl teilnehmen.

Fünf neue Kardinäle aus Lateinamerika

Die prominentesten unter den neuen Kardinälen sind der vatikanische Staatssekretär Pietro Parolin und der deutsche Erzbischof Gerhard Ludwig Müller, Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation. Die Zeremonie findet im Rahmen einer Kardinalsversammlung im Vatikan statt, einem sogenannten Konsistorium. Fünf neue Kardinäle kommen aus Südamerika, jeweils zwei aus Europa, Asien und Afrika und einer aus Nordamerika.

Neben Parolin und Müller werden noch zwei weitere hohe Kurienmitarbeiter in das Kardinalskollegium aufgenommen: Lorenzo Baldisseri, Generalsekretär der Bischofssynode, und Beniamino Stella, Präfekt der Kleruskongregation.

viele Kardinäle von hinten auf roten Stühlen sitzend

Reuters/Stefano Rellandini

Mit den 19 neuen Kardinälen wächst das Kardinalskollegium am 22. Februar auf insgesamt 218 Mitglieder an. 122 von ihnen wären zu diesem Zeitpunkt bei einer Papstwahl theoretisch wahlberechtigt.

Die weiteren wahlberechtigten neuen Kardinäle sind allesamt Bischöfe großer Diözesen der Weltkirche: Leopoldo Jose Brenes Solorzano, (Managua, Nicaragua), Gerald Cyprien Lacroix (Quebec, Kanada), Orani Joao Tempesta (Rio de Janeiro, Brasilien), Gualtiero Bassetti, (Perugia, Italien), Mario Aurelio Poli, (Buenos Aires, Argentinien), Andrew Yeom Soo-jung (Seoul, Südkorea), Ricardo Ezzatti Andrello, (Santiago de Chile, Chile), Philippe Ouedraogo (Ouagadougou, Burkina Faso), Jean-Pierre Kutwa, (Abidjan, Elfenbeinküste), Vincent Nichols (Westminster, Großbritannien), Orlando B. Quevedo (Cotabato, Philippinen) und Chibly Langlois (Les Cayes, Haiti)

Außerdem benannte Franziskus drei über 80-jährige emeritierte Erzbischöfe wegen ihrer besonderen Verdienste zu Kardinälen. Unter ihnen den ehemaligen Privatsekretär von Papst Johannes XXIII. (1958-1963), Loris Francesco Capovilla, sowie Fernando Sebastian Aguillar, früherer Erzbischof von Pamplona und Kelvin Edward Felix, emeritierter Erzbischof von Castries.

Stimmungsmache gegen Müller?

Für besondere Aufmerksamkeit - vor allem in Deutschland - sorgte die Ankündigung der Verleihung der Kardinalswürde an Müller. Dieser war in den vergangenen Monaten von verschiedenen Medien als konservativer Gegenspieler des Papstes im Vatikan hochstilisiert worden. Tatsächlich war seine Erhebung in den Kardinalsrang angesichts seiner Position an der Spitze einer der wichtigsten vatikanischen Behörden wohl nur Formsache.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, gratulierte dem neuen deutschen Purpurträger. „Deine Erhebung in den Kardinalsstand hat sicherlich ihren ersten Bezugspunkt in Deinem hohen Amt als Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre“, schrieb er. „Sie ist aber auch eine persönliche Auszeichnung, mit der Dein Wirken als Theologe gewürdigt wird.“ Zollitsch erinnerte an Müllers mehr als 400 wissenschaftliche Veröffentlichungen zur Theologie.

Aus Kirchenkreisen gab es nach einem Bericht der „Passauer Neuen Presse“ bis zuletzt Bemühungen, die Ernennung von Müller zum Kardinal zu verhindern. Einer oder mehrere deutsche Bischöfe sollen demnach versucht haben, beim Papst Stimmung gegen ihn zu machen, wie das Blatt in seiner Montagsausgabe schreibt. Dem Kirchenoberhaupt seien zwei Zeitungsveröffentlichungen vorgelegt worden, in denen Müllers Rolle negativ bewertet werde und die ihn unter anderem als Widersacher des Papstes beschrieben. Der Papst habe sich den Angaben zufolge über die Einwände hinweggesetzt.

Gerhard Ludwig Müller

Reuters/Tony Gentile

Gerhard Ludwig Müller, Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre

Erste Kardinalsernennungen seit Amtsantritt

Es ist das erste Mal seit seinem Amtsantritt im März 2013, dass Franziskus neue Kardinäle ernennt. Ein Kardinal ist der höchste katholische Würdenträger nach dem Papst. Das Wort „Kardinal“ leitet sich vom lateinischen Wort „cardo“ (Türangel) ab. Das Kardinalskollegium ist das wichtigste Beratergremium des Papstes. Zudem hat es die Aufgabe, für die Papstwahl zu sorgen. Der Papst bestimmt die Kardinäle frei.

Zu Kardinälen werden die Leiter aller römischen Kongregationen wie auch die Chefs anderer wichtiger Kurienbehörden ernannt. Außerdem ist die Würde traditionell an große und wichtige Diözesen gebunden. In Österreich gilt nur Wien als Kardinalssitz, in Deutschland sind traditionell die Erzbischöfe von Köln, München und Berlin Kardinäle.

Fast ein Drittel aus Lateinamerika

Kreiert werden die neuen Kardinäle durch ein Dekret des Papstes, das er bei einem Konsistorium verkündet. Dabei erhalten die neuen Würdenträger zu ihrem hellroten Gewand das Kardinalsbirett aus der Hand des Papstes. In der Vergangenheit bestand das Kardinalskollegium mehrheitlich aus Europäern, mit einem sehr großen Anteil an Italienern. Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) vollzieht sich eine Internationalisierung. Europa stellt immer noch die größte Gruppe, jedoch nicht mehr mit absoluter Mehrheit.

Mit den 19 neuen Kardinälen bekommt das Kardinalskollegium einen etwas stärkeren lateinamerikanischen Anstrich. Fast ein Drittel (6 von 19) der Neuen kommt aus dem Amerika südlich des Rio Grande - eine Tatsache, die sich auch in vielen Medienberichten zum Thema niederschlägt. Weiters wird betont, dass das Weltkirche-Element vom argentinischen Papst stark berücksichtigt wurde: Immerhin vertreten die 19 neuen Kardinäle, die am 22. Februar kreiert werden, 15 verschiedene Länder.

Novum: Brief an neue Kardinäle

Am Montag wurde außerdem bekannt, dass Papst Franziskus sich in einem Brief persönlich an die neu benannten Kardinäle gewendet hat. In dem Schreiben ermahnt er sie zu Bescheidenheit und Demut. Sie sollten ihre Aufnahme ins Kardinalskollegium ohne „Anflug von Eitelkeit“ und überzogene Festlichkeiten feiern, heißt es darin.

„Ich bitte euch, nehmt diese Nominierung mit einfachem und demütigen Herzen auf“, so Franziskus. „Die Kardinalswürde ist keine Beförderung, weder eine Ehre noch eine Zierde. Sie ist schlicht ein Dienst, der danach verlangt, den Blick zu weiten und das Herz zu öffnen.“ Ein derartiges Schreiben ist ein absolutes Novum.

„Habemus Cardenal“

In Lateinamerika war die Freude über die neuen Kardinäle groß. Die Zeitung „La Prensa“ aus Nicaragua schrieb zur Berufung des Erzbischofs von Managua, Leopoldo Jose Brenes Solorzano (64): „Habemus Cardenal - Die Nachricht sorgt für eine große Überraschung.“ Das Blatt zitiert Brenes mit den Worten: „Diese Nachricht überrascht mich und wird mir einen Impuls geben, um meinen Weg weiterzugehen.“

„La Nacion“ aus Argentinien schrieb zur Ehrung des Erzbischofs von Buenos Aires, Mario Aurelio Poli (66): „Mit dieser ersten Auswahl von Kardinälen, der wichtigsten Mitarbeiter des Papstes, hat Jorge Bergoglio erneut klar gemacht, welchen Weg und welchen Stil er seinem Pontifikat geben will.“ Die chilenische Zeitung „La Tercera“ würdigte den Erzbischof von Santiago, Ricardo Ezzati Andrello (72): „Die Berufung Ezzatis bringt die Wertvorstellungen von Papst Franziskus näher an die chilenische Kirche.“

Aus dem Stand ältester Kardinal

Besondere Aufmerksamkeit wurde auch der Ernennung des früheren Papstsekretärs Loris Francesco Capovilla (98) zuteil, der aus dem Stand ältester Kardinal der Weltkirche wird. Er löst damit den 97-jährigen Fiorenzo Angelini, früher vatikanischer Gesundheitsminister, ab. Völlig überraschend hatte Franziskus am Sonntag angekündigt, dass er auch den einstigen Sekretär von Papst Johannes XXIII. (1958-1963) - gemeinsam mit 18 weiteren Kirchenmännern - ins Kardinalskollegium aufnehmen will. Dies ist eine besondere Ehrenbezeugung von Franziskus, der seinen Vorgänger Johannes XXIII. im April in Rom heiligsprechen wird.

Capovilla ist so etwas wie der Bewahrer des geistigen Erbes des Konzilspapstes. Geboren am 14. Oktober 1915 in Pontelongo, wurde er 1940 zum Priester geweiht. Er diente Angelo Giuseppe Roncalli als Sekretär, zunächst in dessen Amtszeit als Patriarch von Venedig, dann als Papst. Nach dem Tod Johannes’ XXIII. wurde Capovilla von dessen Nachfolger Paul VI. 1967 zunächst zum Erzbischof von Chieti und 1971 zum Leiter des vielbesuchten italienischen Marienwallfahrtsortes Loreto ernannt. Dort wirkte er bis zu seiner Emeritierung im Dezember 1988.

KAP/APA/dpa/religion.ORF.at