Vatikan-Anhörung zu Missbrauch vor UNO

In Genf fand am Donnerstag ein öffentliches Hearing statt, im Zuge dessen der Vatikan dem Kinderrechtskomitee der UNO Rede und Antwort zu kirchlichen Missbrauchsfällen auf der ganzen Welt stand.

Der Vatikan geht nach eigenen Angaben weltweit entschlossen gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern durch katholische Geistliche und andere Kirchenangehörige vor. „Es gibt keinerlei Rechtfertigung für irgendeine Form von Gewalt oder Ausnutzung von Kindern“, sagte der Botschafter des Vatikan-Staates bei den Vereinten Nationen, Silvano Tomasi, am Donnerstag bei der Anhörung in Genf.

Ausschuss kritisiert Verhalten des Vatikans

Der UNO-Ausschuss für die Rechte des Kindes kritisierte das Verhalten des Vatikans im Missbrauchsskandal. Die Expertin Sara Oviedo forderte bei der Anhörung, dass der Vatikan mehr Informationen über die getroffenen Maßnahmen zur Prävention von Kindesmissbrauch gibt. „Welche Änderungen beim Verhaltenskodex wurden getroffen, um sexuellen Missbrauch zu verhindern? Welche Strafen wurden gegen Priester verhängt, deren Verhalten unangemessen war?“, fragte Oviedo.

Botschafter des Vatikan-Staates bei den Vereinten Nationen, Silvano Tomasi (li.) und Charles Scicluna, Ex-Chefermittler für Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche

APA/Martial Trezzini

Der Botschafter des Vatikan-Staates bei den Vereinten Nationen, Silvano Tomasi (li.) und Charles Scicluna (re.), Ex-Chefermittler für Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche

Der Vatikan hatte es im Dezember abgelehnt, dem UNO-Ausschuss auf im Juli übermittelte Fragen zu antworten, in welchen Missbrauchsfällen die Glaubenskongregation des Vatikan derzeit ermittelt. Insgesamt wurden von den Diözesen in den vergangenen Jahren rund 4.000 Fälle an die Glaubenskongregation weitergeleitet. Kritiker werfen dem Vatikan vor, mit seinem Schweigen die Missbrauchsvorwürfe gegen Kirchenmitarbeiter vertuschen zu wollen, doch der Vatikan erklärt, dadurch Zeugen und Opfer schützen zu wollen.

Lombardi: Kirchenrecht anders

Der Papst-Sprecher Federico Lombardi sagte am Donnerstag dem Sender Radio Vatikan, es sei zwischen staatlichem Recht und dem Kirchenrecht zu unterscheiden. Der Vatikan sei gemäß der von ihm ratifizierten UNO-Kinderrechtskonvention nicht gehalten, auf Anfragen zu Ermittlungen auf der Grundlage des Kirchenrechts zu antworten. Vorwürfe, die Kirche wolle die Ermittlungen der Justiz beeinflussen oder behindern, wies Lombardi zurück. Auch der Vertreter des Vatikans bei der UNO in Genf, Silvano Tomasi, wehrte sich gegen die Vorwürfe.

„Der Heilige Stuhl unterstützt das Recht und die Pflicht jedes Staates, die Verbrechen gegen Minderjährige zu bestrafen. Die Kritik, dass er sich einmischt und dem widersetzt, ist nicht haltbar. Im Gegenteil, wir wollen, dass Transparenz hergestellt wird und die Justiz ihren Gang geht“, sagte Tomasi Radio Vatikan. Zu Beginn der Anhörung in Genf hatte er bereits versichert, die katholische Kirche wolle „ein Beispiel guter Führung“ werden. Er betonte, dass der Heilige Stuhl infolge des Missbrauchsskandals mehrere Anweisungen für die Landeskirchen formuliert habe.

Tomasi: Strafmaßnahmen verschärft

Allerdings habe man sowohl die Zugangsbedingungen zum Priesteramt als auch die Strafmaßnahmen für Kindesmissbrauch verschärft, so Tomasi. Es sei aber nicht die Praxis des Vatikans, Details über Disziplinarmaßnahmen gegenüber Klerikern weiterzugeben, wenn nicht der Staat, in dem ein Vergehen begangen wurde, das fordere. Das wurde von Komiteemitgliedern und Aktivisten kritisiert, die sich für die volle Aufklärung aller Skandalfälle und Entschädigungen für die Betroffenen einsetzen.

Missbrauch „auch in anderen Berufsgruppen“

Tomasi beteuerte, dass zahlreiche Kircheninstitutionen im Einsatz seien, um den Schutz von Kindern zu gewährleisten. Der Vatikan habe alle relevanten internationalen Verträge zum Schutz von Kindern ratifiziert und setze sie konsequent um - darunter das UNO-Protokoll zur Bekämpfung von Kinderprostitution und Kinderpornografie, so Tomasi.

Der sexuelle Missbrauch von Minderjährigen sei ein Verbrechen, das allerdings keineswegs besonders stark in Kreisen von Geistlichen verübt werde. „Kinderschänder findet man selbst bei den am meisten geachteten Berufsgruppen der Welt, darunter beim Klerus und anderen kirchlichen Berufen.“

religion.ORF.at/APA/dpa/AFP

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