Theorie: Erdbeben Erklärung für Turiner Grabtuch

Rund um das berühmte und umstrittene Turiner Grabtuch, das viele für das von Jesus Christus halten, gibt es eine neue Theorie: Demnach könnte ein Erdbeben den menschenähnlichen Abdruck auf dem Tuch verursacht haben.

Diese Theorie testeten Forscher rund um Alberto Carpinteri von der Turiner Hochschule Politecnico di Torina, wie die Huffington Post am Dienstag berichtete. Demzufolge sei es möglich, dass durch ein Erdbeben freigesetzte Neutronen-Emissionen das Bild zufällig entstehen haben lassen. Biblischen Aufzeichnungen zufolge soll schließlich rund um Jesus Christus’ Tod ein schweres Erdbeben das alte Jerusalem erschüttert haben.

Die Turiner Wissenschaftler vermuten, dass Hochdruckwellen, die in der Erdkruste während des mutmaßlichen Bebens entstanden waren, signifikant hohe Neutronen-Emissionen hervorgebracht haben könnten. Sie simulierten diesen Vorgang im Labortest mithilfe von Felsstückchen, die in einer Presse zerquetscht wurden. Chemische Reaktionen könnten dadurch zur Ausbildung des Abdrucks auf dem Tuch geführt haben, so weit die Theorie.

Zweifel an Echtheit

Gleichzeitig biete die Emissionstheorie eine mögliche Erklärung für die Ergebnisse von Radiocarbon-Messungen aus den 1980er-Jahren, denen zufolge das Grabtuch lediglich eine Fälschung aus dem Mittelalter ist: Die Neutronen könnten die Messung beeinflusst und somit die Messungsergebnis verfälscht haben, so die Turiner Studie.

Das Turiner Grabtuch (Ausschnitt)

Reuters/Claudio Papi

Das Turiner Grabtuch (Ausschnitt)

Die Messungen nach der Radiocarbon-Methode waren schon öfter von jenen angezweifelt worden, die an der „Echtheit“ des Jesus-Grabtuchs festhalten wollen. Von einer Verunreinigung der untersuchten Probe durch Pilze bis hin zu der Mutmaßung, das geprüfte Gewebe habe gar nicht zum Grabtuch selbst gehört, sondern zu einer weiteren Abdeckung, die während des Mittelalters hinzugefügt worden sei, reichen die Zweifel an der Fälschungsthese.

Zweifel wiederum an der Theorie des Turiner Teams äußerte unter anderen Gordon Cook, Professor für Geochemie an der schottischen Universität Glasgow auf der Wissenschaftswebsite Live Science. „Das müsste dann ein wirklich begrenzter Effekt gewesen sein, der nirgendwo anders messbar ist“, so Cook gegenüber Live Science. Man habe seit Jahrzehnten Materialien aus dieser Epoche (rund um Christi Geburt, Anm.) untersucht, ohne dass jemand darauf gestoßen wäre.

Papst besucht 2015 Turiner Grabtuch

Das Turiner Grabtuch wird nach fünf Jahren 2015 erstmals wieder öffentlich ausgestellt. Seit 1578 wird das 4,37 Meter lange und 1,11 Meter breite Textil in einer Seitenkapelle des Turiner Doms unter Verschluss gehalten und nur zu besonderen Anlässen öffentlich ausgestellt. Zuletzt war „La sacra Sindone“, wie die Ikone auf Italienisch genannt wird, vom 10. April bis 23. Mai 2010 zu sehen. Damals kamen 2,1 Millionen Menschen, darunter auch Papst Benedikt XVI. Eine offizielle Haltung zu dem Phänomen seitens der römisch-katholischen Kirchen gibt es allerdings nicht.

Auch Papst Franziskus will im Frühjahr 2015 das Turiner Grabtuch besuchen. Das teilte die Erzdiözese Turin am Montagabend nach einer Audienz von Erzbischof Cesare Nosiglia beim Papst auf dessen Website mit. Der Papst will mit seinem Besuch weiters den Turiner Heiligen Don Giovanni Bosco (1815 bis 1888) würdigen, heißt es in der Mitteilung weiter. Der 200. Geburtstag des großen Jugendseelsorgers und Gründers des Salesianerordens ist Anlass für die Ausstellung des Grabtuchs.

religion.ORF.at/KAP

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