Die religiöse Landschaft in Österreich

Im ersten Band einer geplanten Serie über Religionsgemeinschaften in Österreich wird fünf kleineren religiösen Gruppen Platz gegeben. Bewusst wird der Fokus auf nicht-christlich-katholische Religionen gelegt.

„Religion in Austria“ Band eins ist ein Ergebnis des Forschungsprojekts „Mapping Religions in Vienna“, das vom Institut für Religionswissenschaft und der interdisziplinären Forschungsplattform „Religion and Transformation in Contemporary European Society“ seit 2011 durchgeführt wurde. Darin wurden 800 Orte in Wien kartografisch festgehalten, die von religiösen Gruppen genutzt werden. Dabei habe sich die große Vielfalt der in Wien aktiven Religionen und Religionsgemeinschaften gezeigt, erzählt Mitherausgeber Lukas Pokorny im Gespräch mit religion.ORF.at.

Fokus auf nicht-christlich-katholische Religionen

Auf Basis der Erkenntnisse dieses Forschungsprojekts widmet sich „Religion in Austria“ den weitgehend unerforschten Religionen beziehungsweise religiösen Bewegungen in Österreich. Der erste Teil einer geplanten Serie behandelt fünf Gruppen: die jüdische Reformbewegung Or Chadasch, die aus Japan stammende neureligiöse Gemeinschaft Kofuku no Kagaku („Happy Science“), den Jugendrat der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (JIGGiÖ), das Mormonentum und die Vereinigungskirche (Moon-Bewegung). Man wolle damit der religiösen Vielfalt in Österreich gerecht werden, die bisher noch nicht wissenschaftlich erforscht und dokumentiert worden sei, so Pokorny.

Buchcover "Religion in Austria" Band 1

Präsens Verlag/Simon Steinbeiss

Religion in Austria

ist im Praesens-Verlag erschienen. ISBN 978-3-7069-0763-7

Das religionswissenschaftliche Buch in englischer Sprache soll laut Pokorny ein Nachschlagewerk sein, das sich an alle Interessierten richtet. Es stelle bewusst nicht-christlich-katholische Religionen in den Fokus, sagt der Religionswissenschaftler. „Religion in Austria“ gibt einen Einblick in die Geschichte und Entwicklung der verschiedenen religiösen Strömungen, teilweise eingebettet in gesellschaftliche Diskurse, wie etwa im Artikel über die jüdische Reformbewegung Or Chadasch. Angelika Rohrbacher geht dabei der relativ geringen Bedeutung jüdischer Reformbewegungen in Österreich und Europa auf den Grund.

„Diaspora-Religiosität“

Franz Winter und Pokorny widmen sich der aus Japan stammenden neureligiösen Bewegung Kofuku no Kagaku („Wissenschaft vom Glück“), die in Japan große Erfolge verzeichnet. Sie zeichnen ein detailliertes Bild der seit etwa 25 Jahren in Österreich bestehenden Bewegung. Außerhalb Japans besteht die Gemeinschaft hauptsächlich aus japanischen Emigranten, was auch für jene interessant sei, die sich mit Diaspora-Religiosität befassten, sagt Pokorny.

Astrid Mattes beleuchtet, wie sich die „dritte Generation“ von Muslimen in Österreich organisiert. Mehrere islamische Jugendorganisationen repräsentieren meist eine bestimmte ethnische Gruppe. Eine muslimische Jugendorganisation, die alle jungen Muslime, abseits ihrer sprachlichen und kulturellen Unterschiede sowohl nach innen, als auch nach außen repräsentiert, konnte sich demnach bisher nicht etablieren.

„Mikrohistorischer Ansatz“

Es gebe viel aufzuarbeiten und man müsse mit den voranschreitenden Entwicklungen in der religiösen Landschaft Schritt halten, so Pokorny. Als „mikrohistorischen Ansatz“ bezeichnet er die Arbeitsweise der Autoren. Dabei werden sehr kleine Forschungseinheiten - in diesem Fall religiöse Klein- und Kleinstbewegungen analysiert. Pokorny betont, dass dies auch für die Angehörigen der einzelnen Religionsgemeinschaften von Bedeutung sein könne. Denn sie würden so Hintergründe und geschichtliche Entwicklungen ihrer Religion erfahren, die sonst verborgen blieben.

Während die ersten drei Kapitel des Buches die aktuelle Situation der Religionsgemeinschaften abbilden (Or Chadasch, Kofuku no Kagaku und der Jugendrat der Islamischen Glaubensgemeinschaft), wird in den letzten beiden Kapiteln der Fokus auf die historischen Entwicklungen der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Mormonen) und der Vereinigungskirche (Moon-Bewegung) gelegt. Sind die Mormonen seit 1955 in Österreich staatlich anerkannt, sei die Moon-Bewegung deshalb von Bedeutung, weil sie eine kritische Bewegung sei, die seit 1974 (dem Jahr ihrer Auflösung) die Willkür des österreichischen Rechts im Zusammenhang mit der Anerkennung von Religionen und Religionsgemeinschaften anprangern würde, so Pokorny.

religion.ORF.at

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