D: Kirche startet Forschungsprojekt zu Missbrauch

Die deutsche katholische Kirche legt ihre internen Missbrauchsakten offen. Sie startet ein neues Forschungsprojekt zur sexuellen Gewalt, das erstmals von einem unabhängigen Forschungsbeirat kontrolliert wird.

Das sagte Christian Pfeiffer, Direktor des Kriminologischen Forschungsinstitutes Niedersachsen, der deutschen Wochenzeitschrift „Die Zeit“ laut einer Vorausmeldung vom Donnerstag. Pfeiffer hatte im Auftrag der Kirche die erste externe Studie zur Aufklärung des Missbrauchs begonnen, war jedoch gescheitert. Sein Forschungsvertrag wurde im Jänner 2013 von der Kirche gekündigt, nachdem Pfeiffer ihr Zensur vorgeworfen hatte.

„Positiv beeindruckt“

In der „Zeit“ begrüßt Pfeiffer die Berufung eines Forschungsbeirates durch den Verband der Diözesen Deutschlands (VDD): „Ich bin positiv beeindruckt, dass die Kirche sich kein Zensurrecht mehr einräumt“, sagte er. Ziel der Studie ist laut der deutschen katholischen Kirche, die sexuellen Übergriffe von Priestern und anderen Geistlichen an Minderjährigen von 1945 bis heute zu analysieren, um künftig Missbrauch zu verhindern. Die Studie ist von 2014 bis 2017 angesetzt.

Christian Pfeiffer, Direktor des Kriminologischen Forschungsinstitutes Niedersachsen

Reuters/Fabrizio Bensch

Christian Pfeiffer, Direktor des Kriminologischen Forschungsinstitutes Niedersachsen

Die katholische Kirche hatte die Studie auf den Weg gebracht, nachdem sie 2010 vom Skandal um jahrzehntelangen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen erschüttert worden war. Die Deutsche Bischofskonferenz geht von mindestens 1.200 Opfern aus.

Wer die neue Studie durchführt, wird Mitte März während der Frühjahrsvollversammlung der deutschen Bischöfe bekannt gegeben. Pfeiffer erklärt dazu: „Ich bedaure nicht, dass andere jetzt weiterforschen.“ Er warnt seine Nachfolger jedoch vor Forschungshürden innerhalb der Kirche. So sei mit einem Ausstieg einzelner Bischöfe aus dem Forschungsvorhaben zu rechnen: „Jede Diözese muss sich diesmal verpflichten, den Vertrag umzusetzen.“

Transparenz bei Vernichtung von Missbrauchsakten

Außerdem fordert er uneingeschränkte Informationen über die etwaige Vernichtung von Missbrauchsakten: „Es muss Klarheit über die Aktenbestände herrschen.“ Pfeiffer bezieht sich auf einen Passus im Kirchenrecht, der vorschreibt, dass der Inhalt einer Missbrauchsakte nach einer bestimmten Frist vernichtet werden soll: „Das wird den Opfern nicht gerecht.“ Mehrere deutsche Bistümer sind nach Pfeiffers Auskunft der Vorschrift nicht gefolgt und haben alle Akten aufbewahrt. Andere Bistümer hätten jedoch Akten vernichtet. „Wir hörten aber gerüchteweise, dass in manchen Bistümern viel, ja alles vernichtet wurde.“

religion.ORF.at

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