Maradiaga: Papst bricht mit „Zwangsjacke“ Moralismus

Der Papst bricht laut seinem Berater Oscar Andres Rodriguez Maradiaga mit dem Moralismus in der Kirche. Dieser sei „oft nicht die ethische Antwort auf den Anruf der Frohen Botschaft, sondern eher eine Zwangsjacke“.

„Ich bin selbst Moraltheologe, aber ich fühle mich mit dem, was der Papst sagt, sehr wohl“, sagte der Erzbischof der honduranischen Hauptstadt Tegucigalpa in einem Interview der deutschen katholischen Nachrichtenagentur KNA zum bevorstehenden ersten Jahrestag der Papstwahl. Man begegne Gott nicht in einem Lehrgebäude, sondern in „einer menschlichen Person, die uns ruft“, so Maradiaga.

Die vom Papst eingeleitete Kurienreform berge auch Risiken für Franziskus, sagte der Kardinal, der das unter dem Namen „C8“ bekannte Beratergremium des Papstes leitet. Es gebe Leute, die sagten, Franziskus mache eine Revolution. „Und ich hörte welche sagen, wir beten darum, dass er möglichst bald stirbt. Das ist schlimm - und solche Leute meinen, sie seien Christen“, so Maradiaga. In der Menschheitsgeschichte habe es allerdings immer schon Menschen gegeben, die sich gegen Veränderungen wehrten. „Das war schon bei den Schriftgelehrten so, die sich gegen unseren Herrn wandten.“

„Sein ganzes Leben derselbe geblieben“

Als Papst habe sich Jorge Mario Bergoglio nicht gewandelt, sagte der Kardinal aus Honduras. "Er ist sein ganzes Leben derselbe geblieben. Aber die neue Perspektive hat ihm eine neue Leidenschaft verliehen. Als Erzbischof von Buenos Aires habe Bergoglio an den Ruhestand gedacht. Als er jedoch im Konklave „den Ruf erhielt, antwortete er voller Enthusiasmus“, berichtete Maradiaga.

Der Kardinal lobte vor allem die einfache Form, mit der es Franziskus schafft, die Menschen anzusprechen. Die Römer seien sofort „völlig begeistert“ gewesen. Der theologische Zugang der Kirche habe oft „ein Niveau, das über die Köpfe der Leute hinweggeht“. Franziskus habe dagegen „die besondere Gabe, dass ihn die Leute unmittelbar verstehen“. Zudem schreibe der Papst mit seinen Gesten regelrechte Enzykliken, sagte Maradiaga. Zeichen wie der Besuch auf der Flüchtlingsinsel Lampedusa gehörten gleichsam zu seiner Natur und seien „seine Art des Handelns“.

KAP/KNA