Die katholische Kirche und ihre Stieftöchter

Die Plattform „Wir sind Kirche“ fordert am Internationalen Frauentag die Leitung der katholischen Kirche auf, Frauen nicht länger „auszunützen und zu diskriminieren“. Viel Grund zur Hoffnung, dass sich in dieser Frage bald Wesentliches tun wird, gibt es nicht.

Die Plattform „Wir sind Kirche“, die sich das Vorantreiben von Reformen in der römisch-katholischen Kirche zur Aufgabe nimmt, fordert anlässlich des Internationalen Frauentags am Samstag in einer Presseaussendung die Kirchenleitung auf, „endlich den Frauen in der Kirche dieselben Rechte und Pflichten zu übertragen wie klerikalen Männern“.

Frauen als „Lückenbüßerinnen“

Gegenwärtig diskriminiere die Kirchenleitung Frauen und nütze sie aus, so „Wir sind Kirche“. Frauen werden nach wie vor von Entscheidungspositionen weitgehend ferngehalten, weil diese oft mit dem Priesteramt verknüpft sind. Gleichzeitig werden immer mehr Aufgaben in der Alltagspraxis Frauen übertragen. Dabei entstehe laut Aussendung der Plattform der Eindruck, sie würden als „Lückenbüßerinnen“ eingesetzt.

Was sich in dieser Hinsicht gleich aufdrängt, ist das Bild von der still sorgenden Pfarrersköchin und Nonnen, die Kirchen und Pfarrhaus putzen, für die Wäsche und den Blumenschmuck sorgen und selten Erwähnung finden. Aber jenseits von Wäschewachen, Kochen oder Sekretariatsarbeiten werden Frauen in der Kirche zunehmend auch mit Aufgaben betraut, die traditionell den Geistlichen zugeordnet werden.

Selten in Entscheidungspositionen

„Da immer weniger Priester zur Verfügung stehen, werden immer mehr Männer und Frauen im Religionsunterricht, der Seelsorgearbeit in den Pfarren, als Universitätslehrerinnen und -lehrer usw. eingesetzt“, so die Aussendung von „Wir sind Kirche“. In Entscheidungspositionen werden Frauen aber weiterhin nur selten berufen. „Offensichtlich stehen dafür immer noch zu viele Priester zur Verfügung und ein die Gläubigen spaltender Klerikalismus kann weiter gepflegt werden“, kritisiert die Plattform.

Hans Peter Hurka, Vorsitzender von "Wir sind Kirche"

APA/Herbert Pfarrhofer

Hans Peter Hurka von „Wir sind Kirche“

Zwar gibt es auch in Österreich mehr und mehr Frauen in leitenden kirchlichen Ämtern: Sowohl die Erzdiözese Wien als auch die Diözese Innsbruck haben etwa Pastoralamtsleiterinnen. „Das sind Abteilungsleiterinnen eines Unternehmens“, relativiert Hans Peter Hurka, Vorsitzender von „Wir sind Kirche“, gegenüber religion.ORF.at. Diese Ernennungen solle man aber auch nicht kleinreden, sie seien ein Schritt in die richtige Richtung.

Jedoch sei die Politik der Kirche beispielsweise bei den jüngst eingeleiteten Pfarrzusammenlegungen kontraproduktiv. „Hier müsste man Frauen und Männer einsetzen. Es gibt das Notfallsmodell, das den Laieneinsatz unter Begleitung eines Priesters vorsieht“, so Hurka. Stattdessen komme es nun zum „Tod kleiner Gemeinden“, beziehungsweise würden diese entmündigt. Hierbei beruft sich die Kirchenleitung auf das Kirchenrecht - ungerechtfertigt, findet Hurka.

Frauen verstärkt in Vatikan-Ämter

„Wir sind Kirche“ fordert auch, Frauen verstärkt in Entscheidungspositionen des Vatikans zu berufen. Hier müsse nicht die „Türe zubleiben“, wie es Papst Franziskus nannte. Zwar gibt es von Franziskus, der für viele Hoffnungsträger Richtung Reformen in der römisch-katholischen Kirche ist, Lippenbekenntnisse zur Verbesserung der Stellung der Frauen darin. Im Interview mit der Jesuitenzeitschrift „Stimmen der Zeit“ sagte er: „Maria - eine Frau - ist wichtiger als die Bischöfe. (...) Der weibliche Genius ist nötig an den Stellen, wo wichtige Entscheidungen getroffen werden.“

Doch konkrete Pläne, wie genau „die Räume einer einschneidenden weiblichen Präsenz in der Kirche“ weiter werden könnten, machte auch Franziskus bisher nicht bekannt. Zu der vom Papst geforderten „neuen Theologie der Frau“ sagt Hurka: „Die gibt es seit Jahren in der feministischen Theologie.“ Frauen stärken in wichtigen vatikanischen Ämtern einzusetzen wäre ohne Probleme möglich, so der Vorsitzende von „Wir sind Kirche“. Ein Leiter oder eine Leiterin einer Glaubenskongregation müsse nicht notgedrungen ein Bischof sein.

Immerhin könnten Frauen in der geplanten Laienkongregation des Vatikans eine größere Rolle übernehmen. Innerhalb dieser sollte es laut dem Koordinator des Kardinalsgremiums zur Kurienreform („C-8“), Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga, einen päpstlichen Rat für Familien geben, der von einem Ehepaar geleitet werden könnte: „Warum nicht? Das wäre ein großartiges Zeichen.“ Immer mehr Männer und Frauen trügen Mitverantwortung in der Leitung der Kirche, sagte Maradiaga Mitte Februar in Radio Vatikan.

Polak: Franziskus hat traditionelle Positionen

Pastoraltheologin Regina Polak sagte gegenüber dem ORF-Religionsmagazin „Orientierung“, der Papst vertrete in der Frauenfrage „meiner Wahrnehmung nach sehr traditionelle Positionen“. „Er hat da allerdings auch schon in einem Interview gesagt, dass man die Rolle der Frauen auch mit theologisch guten Gründen in der Kirchen stärken kann und das wird er auch tun. Aber das Frauenbild und die Frage nach dem Priestertum der Frau, da wird sich unter seinem Pontifikat nicht sehr viel verändern“, so Polak.

Pastoraltheologin Regina Polak

Kathbild/Franz Josef Rupprecht

Pastoraltheologin Regina Polak

Die Pastoraltheologin attestiert Franziskus generell „ein eher traditionelles Frauenbild“. „Das ist ein älterer Herr, der in einer bestimmten kirchlichen Tradition sozialisiert worden ist. Zu dem steht er. Aber ich habe das Gefühl, er könnte sich auf Änderungen einstellen.“

Ginge es nach der Plattform „Wir sind Kirche“, wäre in der Frage Frauen und Kirche nur noch der Himmel die Grenze. Selbst Kardinälinnen könnte es bereits jetzt geben, sagt Hans Peter Hurka zu religion.ORF.at: Dieses Amt beinhalte keine sakramentsspendenden Aufgaben. Die seitens der Kirchenleitung vorgeschützten Argumente gegen Frauen in Kirchenämtern wie „Jesus war ein Mann, daher können nur Männer zu Priestern geweiht werden“, lässt Hurka nicht gelten: „Bei Jesus geht es nicht um die Männlichkeit, sondern um die Menschlichkeit.“

Johanna Grillmayer, religion.ORF.at

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