Aktion Leben fordert staatliche Abtreibungsstatistik

Der überkonfessionelle Verein Aktion Leben fordert die statistische Erfassung von Schwangerschaftsabbrüchen in Österreich und hat dazu eine parlamentarische Bürgerinitiative gestartet.

Neben einer gesetzlich festgelegten jährlichen Erhebung der Anzahl der durchgeführten Schwangerschaftsabbrüche fordert die Aktion Leben außerdem die regelmäßige wissenschaftliche Erforschung der Motive, die zu Abtreibungen führen - auf freiwilliger Basis. Mit Fakten und Hintergründen zu Abtreibungen könne man leichter deren Zahl minimieren, begründete Präsidentin Gertraude Steindl am Donnerstag in einer Pressekonferenz die Initiative. An der Fristenlösung wolle man damit aber nicht rütteln.

Für Steindl ist es „allgemein irritierend“, dass in Österreich zu Schwangerschaftsabbrüchen - im Gegensatz etwa zu Deutschland - kein Datenmaterial vorhanden sei. Zudem gebe es keinen Grund für diese Situation. „Ich gehe davon aus, dass es in diesem Land möglichst breiten Konsens gibt, die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche so gering wie möglich zu halten.“ Fakten und Hintergründe würden vor allem Präventivmaßnahmen - etwa im Bereich der Aufklärung zu Verhütung und Sexualität - erleichtern.

Screenshot der Website zur Kampagne "Fakten helfen!"

ORF/Screenshot

Die Website zur Kampagne „Fakten helfen!“

500 Unterschriften nötig

Die Aktion Leben fordert nun von der Politik die Schaffung einer Statistik zu Schwangerschaftsabbrüchen sowie einer Motiverhebung und sammelt daher für eine parlamentarische Bürgerinitiative Unterstützungserklärungen. Mindestens 500 Unterschriften sind notwendig, damit diese im Nationalrat behandelt wird.

Die Statistik soll vollkommen anonym sein und durch eine gesetzliche Meldepflicht der durchführenden Ärzte und Ärztinnen erreicht werden. Die Teilnahme an der Motiverhebung dagegen soll freiwillig erfolgen. „Es wird keine Frau belästigt“, versicherte Steindl. „Es werden sicher einige fundamentalistische Kräfte ihr Süppchen kochen wollen“, distanziert sich die „Aktion Leben“ auch „vorsorglich“ etwa von militanten Abtreibungsgegnern.

Prominente Unterstützung

Unterstützung erhält die Aktion Leben etwa von der Psychologin Rotraud A. Perner, die am Donnerstag bei einer Fachtagung zum Thema referierte. Sie berichtete, dass selbst viele erwachsene Frauen über das Thema Verhütung nicht ausreichend Bescheid wüssten. Für Perner müssen vor allem Tabus verschwinden: „Wenn wir als Gesellschaft nicht Maschinenmenschen werden wollen, ist es notwendig, dass wieder über Geschlechtlichkeit geredet werden darf.“

„Jede Frau, die sexuell aktiv ist, kann in die Situation kommen, dass sie ungewollt schwanger wird“, meinte die deutsche Soziologin Cornelia Helfferich. „Wir müssen mehr wissen über die Lebensphasen von Frauen.“ Helfferich berichtete über positive Erfahrungen mit der Verwertung von derartigen Daten in Deutschland. Präventionsprogramme hätten zudem zu einem Rückgang von Abtreibungen in den vergangenen Jahren verholfen.

Auch für den Arbeits- und Sozialrechtsexperten Wolfgang Mazal sind aussagekräftige Zahlen in diesem Bereich vonnöten. Wissenschaft sollte immer die Basis für politisches Handeln sein. Er erinnerte zudem daran, dass auch die männlichen Partner ein Faktor bei der Entscheidung zum Schwangerschaftsabbruch seien.

Kritiker: Neue Statistiken nicht notwendig

Kritik an der Initiative der Aktion Leben kam am Donnerstag von dem Wiener Frauenarzt und Betreiber des Gynmed Ambulatoriums Christian Fiala, der sie als „Schikane und Alibi-Aktion“ bezeichnete. „Mit diesen Forderungen wird der falsche Eindruck erweckt, es gebe in Österreich keine Daten und Fakten zum Schwangerschaftsabbruch und die Expertinnen und Experten wüssten nicht, was in der Prävention zu tun sei“, so Fiala in einer Aussendung. „Die aktuelle Initiative der Aktion Leben dient offenbar dem Zweck, den Zugang zum Schwangerschaftsabbruch zu erschweren.“

Auch vonseiten der SPÖ wird die Aktion Leben kritisiert. „Zahlreiche internationale sowie nationale Studien zeigen deutlich: Verhütung ist die einzige Methode, um ungewollte Schwangerschaften zu verhindern“, so SPÖ-Bundesfrauengeschäftsführerin Andrea Brunner in einer Aussendung. „Dass nun ausgerechnete katholische Kreise von einem Tabu sprechen, entbehrt nicht einer gewissen Ironie“, so Brunner.

„Mehr Ressourcen für Informationskampagnen“

Wie Fiala sagte auch sie, dass bereits genügend Informationen zum Thema vorlägen. Brunner verwies beispielhaft auf den Frauengesundheitsbericht des Gesundheitsministeriums. Eine Statistik, wie von der Aktion Leben gefordert, verringere nicht die Anzahl der Schwangerschaftsabbrüche. „Wichtiger wäre es, mehr Ressourcen für Informationskampagnen zur Prävention aufzubringen“, sagte Brunner.

„Wir werden nicht zulassen, dass Frauen erschwerende Hürden für einen Schwangerschaftsabbruch auferlegt bekommen“, unterstrich Brunner. „Das Selbstbestimmungsrecht der Frauen ist eine wichtige Errungenschaft der Sozialdemokratie. Sämtliche Versuche, dieses Recht immer wieder über die Hintertür zu untergraben, gehen ins Leere.“

religion.ORF.at/KAP/APA

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