Pessach: Der Ursprung von Ostern

Das jüdische Pessach-Fest erinnert an die Befreiung der Israeliten aus der Sklaverei und an den Auszug aus Ägypten. Aus der Tradition der Pessach-Feiern hat sich das christliche Osterfest entwickelt.

Pessach erinnert an den Auszug der Israeliten aus Ägypten, bei dem Moses der Überlieferung zufolge das auserwählte Volk vor mehr als 3.200 Jahren angeführt hatte. Es ist das zweithöchste Fest der Juden nach dem Versöhnungstag Jom Kippur. Pessach ist aber auch ein Referenzdatum für das christliche Ostern: Der Großteil der Christen feiert seit über 1.900 Jahren am Sonntag nach Pessach Ostern. Erlösung ist hier wie dort der Inhalt des Festes.

Auftakt mit Sederabend

Das Pessach-Datum wird aus dem Mondkalender ermittelt und orientiert sich am ersten Frühlingsvollmond. Die Feiern, acht Tage in der Diaspora, sieben in Israel, beginnen am 15. Tag des Monats Nissan nach dem jüdischen Kalender. Das Fest beginnt mit dem Sederabend, einem Feiertag, an dem traditionell die ganze Familie zusammenkommt. Gemeinsam lesen Familienmitglieder und Freunde aus der Haggada, einem Buch, das meist aus Texten und Bildern besteht. Lieder und Gesänge begleiten das festliche Abendessen und sind Teil des Sederabends.

Orthodoxer jüdischer Mann bei der Herstellung von Matzen

APA/EPA/Abir Sultan

Zentral in den Pessach-Ritualen: das aufwendig hergestellte ungesäuerte Brot

Ein Brauch am Sederabend, der vor allem für die Kinder spaßig ist und ein wenig an das Verstecken von Ostereiern zu Ostern erinnert, ist das Suchen des Afikoman. Der Afikoman („vor uns herausziehen“) ist ein Stück der traditionellen Matze (Mazza). Dieses Stück, in dem sich auch Geld verbergen kann, wird während des Essens versteckt, um dann vor dem Dankgebet für die Speisen gegessen zu werden. Den Kindern obliegt die Aufgabe, den Afikoman zu finden.

Das „Fest des ungesäuerten Brotes“

Den Matzen kommt während des Pessach-Fests besondere Bedeutung als rituelle Speise zu: Das Verzehren (ausschließlich) ungesäuerter Brote zum „Fest des Brotes“ soll an den übereilten Aufbruch der Israeliten gemahnen, der keine Zeit für das „Aufgehen“ von Teigen mehr ließ. Es gilt, alles zu vermeiden, was „Chamez“ ist. Als Chamez wird jede gesäuerte Speise bezeichnet, beispielsweise alles Getreide, das vor dem Backen länger als 18 Minuten mit Wasser in Berührung gekommen ist und einem Gärungsprozess unterworfen war.

Dazu zählen neben jedem gesäuerten Brot auch Pizza, Bier und alle Germteige. Im Grunde finden zu Pessach einzig die Matzen Gnade, die meist fertig gekauft werden. Die Herstellung der Matzen unterliegt sehr strengen Auflagen: Das dafür verwendete Getreide darf vor der Zubereitung nicht mit Feuchtigkeit in Berührung kommen, was bereits den Transport ziemlich schwierig macht.

Orthodoxe Juden in Jerusalem verbrennen zu Pessach Reste von gesäuerten Lebensmitteln

Reuters/Oleg Popov

Orthodoxe Juden in Jerusalem verbrennen zu Pessach Reste von gesäuerten Lebensmitteln

Reinigung von „Chamez“

Auf spiritueller Ebene symbolisiert Chamez, das Gesäuerte, alles Negative, wovon man sich während der Pessach-Feiertage reinigen will. Es geht als weniger darum, etwas Bestimmtes zu sich zu nehmen, sondern vielmehr, Chamez „loszuwerden“. Das ist, nimmt man es wirklich ernst mit den Reinheitsgeboten, ein schönes Stück Arbeit: das gesamte Haus, aber auch Auto, Kinderwagen usw. müssen von jeglichen Resten wie etwa Keksbröseln gereinigt werden. Damit muss schon Tage, wenn nicht Wochen vor Pessach begonnen werden. Reste von Chamez können weggeworfen, verschenkt, verkauft oder auch verbrannt werden.

Auf dem Sederteller liegen die Symbole der Sklaverei: Salzwasser als Zeichen der Tränen, Kren oder Kopfsalat für die erlebte Bitternis (Maror), die herbe Frucht der Erde (Karpas), zu der die Israeliten herabgedrückt waren, und der braune, weingetränkte Nussbrei (Charosseth) für die Ziegel, die die Israeliten in Ägypten herstellen mussten.

Strenge Regeln, rituelle Speisen

Daneben liegen auf dem Teller die Zeichen der Errettung zu neuem Leben: Ein kleiner Knochen des Lammes, durch dessen Opferung der Todesengel die Erstgeborenen unter den Israeliten verschonte, und das Ei, das Zeichen des ewigen Lebens. Laut der Direktorin des Jüdischen Museums Wien, Danielle Spera, symbolisiert ihre runde Form den Lebenszyklus - auch das ein Brauch, der an Ostertraditionen erinnert. Insgesamt stehen die Speisen auf dem Sederteller für die in früherer Zeit dargebrachten Tempelopfer. Für das Geschirr gelten strenge Reinigungsregeln, in vielen Haushalten gibt es sogar eigenes Besteck und Geschirr nur für das Pessach-Fest.

Sederteller

AP/Dan Goodman

Sederteller

In einer Tasche auf dem Sedertisch liegen drei Matzen, die den dreigliedrigen „Leib“ ganz Israels (Kohen, Lewi, Israel) verkörpern. Dazu gehört auch der Wein für den Kelch des Heiles, von dem in der Nacht des Festes vier Mal getrunken wird. Er ist Sinnbild für die stufenweise Errettung Israels. Ein besonderer Weinkelch steht bereit für den Propheten Elija, den Vorboten des Messias.

Hineinversetzen in das Sklavendasein

Nach dem Entzünden der Lichter und Heiligung der Versammlung (Kiddusch) versetzen sich alle Anwesenden noch einmal zurück in den Zustand des Sklaventums, um den Auszug in die Freiheit in der Feier des Pessachmahles zu durchleben. Das jüngste der anwesenden Kinder fragt, was diese Nacht von allen anderen Nächten unterscheide. Der Hausvater antwortet: „Sklaven waren wir einst dem Pharao in Ägypten, da führte uns der Ewige, unser Gott, von dort heraus mit starker Hand und ausgestrecktem Arm.“ Nun werden in festgelegter Ordnung (Seder) die genannten Speisen gegessen. Danach folgt die Festmahlzeit, die mit dem Tischgebet und Lobpreisungen abgeschlossen wird.

Laut Neuem Testament fanden das letzte Abendmahl und die Kreuzigung Jesu in der Pessachzeit statt. Dem Johannes-Evangelium zufolge wäre das letzte Abendmahl ein Sederabend gewesen, der Tag, an dem im Tempel die Lämmer als Opfer geschlachtet wurden. Aus dieser Tradition heraus kommt die christliche Vorstellung von Jesus als dem „wahren Opferlamm“.

Strenggläubige Juden legen an den beiden ersten sowie an den beiden letzten Tagen der Pessachwoche die Arbeit nieder. Das Pessachfest endet mit dem Jiskor-Gebet, mit dem verstorbener Angehöriger gedacht wird.

religion.ORF.at