Wiederverheiratete: Lackner hofft auf Änderung

Der Salzburger Erzbischof Franz Lackner sieht gute Chancen für eine Änderung der kirchlichen Praxis im Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen. Denn diese seien „eine große Klientel“ für die Kirche, so Lackner.

Es habe ihn „schon immer gestört, dass man gemeint hat, nichts tun zu können“; nun stünden die Chancen gut, „hier einen Schritt weiterzukommen“, betonte Lackner im Interview mit der Wochenzeitung „Die Furche“ (17. April). Die Kirche müsse sich selbstkritisch fragen: „Was tun wir selbst für diese Menschen? (...) Tun wir überhaupt etwas?“ Und weiter: „Welche Hoffnung haben wir diesen Menschen zu geben?“ Angesichts bleibend hoher Scheidungsraten seien die wiederverheirateten Geschiedenen schließlich für die Kirche „eine große Klientel“.

Erzbischof von Salzburg Franz Lackner

APA/Georg Hochmuth

„Kein Verschieben der Verantwortung“

Es gelte daher nun, „auf allen Ebenen unsere Hausaufgaben“ zu machen, so Lackner: Dies betreffe die Bischöfe, aber ebenso auch Rom selbst. „Änderungen muss es auf allen Ebenen geben“, eine Verschiebung der Verantwortlichkeit „auf die jeweils nächsthöhere Ebene“ dürfe es nicht mehr geben.

Ihn persönlich störe nämlich, „dass wir immer nach Rom schielen. Wir müssen uns fragen: Was tun wir selber?“, so der Erzbischof. Wenn eine Änderung in diesem Bereich ausbleibe, wäre dies ein „schweres Verfehlen der Sendung der Kirche“. Dabei sei das Problembewusstsein und die Sorge um diese Menschen auch unter den Bischöfen „riesengroß“: „Es gibt keinen Bischof, der sagt: Das ist eh nicht so schlimm...“

Diskussion weiterführen

Konkret sprach sich Lackner für eine Weiterführung der Diskussion auf Basis des Vorschlags des deutschen Kurienkardinals Walter Kasper aus. Dieser hatte bei einem Vortrag Ende Februar vor dem Kardinalskonsistorium unter anderem unter bestimmten Voraussetzungen für die Zulassung von Wiederverheirateten zum Kommunionempfang plädiert. „Das muss gehen - und zwar nicht, indem man sich über alle Grundsätze hinwegsetzt“, so Lackner.

Es gebe genügend katholische Theologen, die die Kompetenz hätten, diese Fragen erschöpfend zu erörtern und schließlich zu lösen - ein Schielen auf die Orthodoxie lehne er daher ab: „Da müssten wir selber etwas zustande bringen.“

„Nicht alles falsch“

Am „Idealtypus Familie“ dürfe jedenfalls nicht gerüttelt werden, zeigte sich der Salzburger Erzbischof überzeugt. Aber das Wesen eines Idealtypus sei es schließlich, nicht eins zu eins in die Realität übersetzt werden zu können: „Das Leben ist so vielfältig geworden, hat so viele Schattierungen, und ich kann nicht sagen, dass das alles falsch ist.“ Die Kirche solle daher den „Leitstern“ des Idealtypus stärken, „ohne neue Schichten von Menschen zu schaffen, die ausgeschlossen werden“.

Lackner würdigte Papst Franziskus weiters als „ein großes Vorbild“ und einen „großen Meister“ im Blick auf dessen „Haltung des Dienens“ und des Zugehens auf die Menschen. Im Blick auf den Reformeifer des Papstes stimmte Lackner dessen Ansatz einer „Kontinuität in Diskontinuität“ zu: „Es wird immer Kontinuität geben, da wir nicht einfach Überkommenes ersatzlos streichen können. Bei großen Änderungen wird man immer das Gute aus der Vergangenheit in die neue Form mitnehmen müssen.“

Ein Problem ortete Lackner in der Aufgabe, partielle Begeisterung - etwa von Events wie dem Weltjugendtag oder auch von bewegenden Ad-limina-Besuchen - in den kirchlichen Alltag zu übersetzen. Es gebe auch in der Kirche „große Eventkulturen“, die Kirche habe aber „ein Problem mit dem Alltag“. Dies gelte auch für das Fortschreiten in kirchlichen Reformprozessen: „Wir erschrecken vor der eigenen Begeisterung. (...) Vielleicht schauen wir zuviel aufs System. Diese Angst ist schon da.“

KAP

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