Diakonie fordert umfassende „Demenzstrategie“

Die evangelische Diakonie fordert einen Ausbau der Demenz-Betreuung. Angesichts eines zu erwartenden Anstiegs an Demenzerkrankungen müsse es einen „gesellschaftlichen Perspektivenwechsel“ geben.

Aufgrund des prognostizierten Anstiegs auf 130.000 Fälle bis zum Jahr 2020 müsse für den Ausbau konkreter Unterstützungsangebote für Betroffene und pflegende Angehörige gesorgt werden, so Diakoniedirektor Michael Chalupka bei einer Pressekonferenz am Donnerstag in Wien. „Demenzkranke vergessen, aber sie dürfen nicht vergessen werden“, mahnte Chalupka.

Gesamtgesellschaftliches Problem

Positiv sieht die Diakonie die Ankündigung der Regierung, bis Ende 2014 eine nationale Demenzstrategie erarbeiten zu wollen. Wichtig sei es, dass eine solche Strategie kein reines „Expertenpapier“ bleibt, das „in Schubladen verschwindet“ - dazu sei das Problem des rasanten Anstiegs an Erkrankungen durch die weiter steigende Lebenserwartung zu groß.

„Die Pflege von Demenz Betroffener wird derzeit zu rund 80 Prozent von Frauen erledigt - dabei ist Demenz ein gesamtgesellschaftliches Problem“, so Chalupka. Daher müsse es auch einen interministeriellen Schulterschluss geben, da Demenz nicht ein Thema des Gesundheits- oder Sozialministeriums sei.

Regierung in der Pflicht

Ein der Regierung von der Diakonie vorgelegtes Papier fordert etwa Schulungsangebote für Ärzte, Krankenhäuser, aber auch für Mitarbeiter in öffentlichen Einrichtungen zum besseren Umgang mit Erkrankten, sowie eine flächendeckende Image-Kampagne, die zu einer „Enttabuisierung“ des Themas beitragen soll, so Chalupka.

Zugleich müssten bestehende Pflegelücken geschlossen werden, die derzeit etwa im Blick auf unterschiedliche Fördermodelle in der Pflege, unterschiedliche Verteilung von Tageszentren und anderen Betreuungs-und Pflegeangeboten bestehen. Ausgebaut werden sollten aber auch die Unterstützungsangebote für pflegende Angehörige.

Chalupka: Finanzierung sichern

Im Blick auf den Finanzierungsvorbehalt sagte Chalupka, dass eine nachhaltige Demenzstrategie nur gelingen könne, wenn auch das dahinter stehende Problem der Pflege und ihrer Finanzierung insgesamt gelöst wird. "Es ist noch immer nicht klar, wie es eigentlich mit der Pflegefinanzierung weiter geht.

Es kann nicht sein, dass wir da immer nur den status quo weiterschreiben", mahnte der Diakoniedirektor eine Lösung des Problems ein. Wenn nichts geschehe, werden laut Chalupka die Kosten für die Pflege weiter rasant steigen - von derzeit vier Milliarden Euro pro Jahr auf fünf Milliarden im Jahr 2020.

Mediziner: Gesunde Lebensweise reduziert Risiko

Über die medizinischen Implikationen der Demenzerkrankungen informierte der Salzburger Gerontopsychologe Alexander Aschenbrenner. Auch wenn die genauen Ursachen der verschiedenen Demenzformen weitgehend unbekannt sind, so könnte man doch etwa durch eine gesunde Lebensweise das Risiko einer Erkrankung reduzieren. Allen Demenzformen gleich sei das sogenannte A-B-C-Schema, d.h. ein Rückgang der Aktivität, eine Veränderung des Verhaltens („behavior“) sowie eine veränderte Wahrnehmung („cognition“).

Auch Aschenbrenner drängte auf einen gesamtgesellschaftlichen Perspektivenwechsel im Blick auf Demenz, da diese Erkrankung „mehr und mehr zur Normalität werden wird“. Notwendig sei aber auch eine bessere Schulung Angehöriger und Pflegender, da Demenzerkrankte besondere Bedürfnisse aufwiesen - etwa den behutsamen und würdevollen Umgang mit ihrer jeweiligen Identität und Biografie, da das Wissen darum lange bei Erkrankten erhalten bleibt.

KAP