Vatikan: Wojtyla an Missbrauchsaffäre unbeteiligt

Der Postulator im Heiligsprechungsverfahren von Johannes Paul II., Slawomir Oder, hat bestritten, dass der polnische Papst über den Pädophilieskandal bei der Ordensgemeinschaft Legionäre Christi informiert war.

Über die Verantwortung des Gründers der ultrakonservativen Legionäre Christi, Marcial Maciel Degollado (1920 bis 2008), sei ein Verfahren im Gange, es sei ausgeschlossen, dass Johannes Paul II. persönlich darin verwickelt gewesen sei, sagte Oder bei einer Pressekonferenz am Dienstag im Vatikan. Als Postulator ist es Oders Aufgabe, alle verfügbaren Informationen über Wojtyla zu sammeln. Er fungiert als eine Art Anwalt für dessen Heiligsprechung.

Johannes Paul II.

APA/EPA/ANSA/Alessandra Bianchi

Johannes Paul II.

Gegner der Heiligsprechung von Johannes Paul II. werfen dem polnischen Papst vor, die Vorwürfe gegen Maciel unter den Teppich gekehrt zu haben. Oder sagte bei einer Pressekonferenz, dass der polnische Papst „Fehler wie jeder andere Mensch hatte“. „Man darf nicht denken, dass Heiligkeit wie ein Stück Gold ist. Die wahre Heiligkeit ist, die eigenen Fehler zu korrigieren“, erklärte Oder.

Vorwurf: Kindesmissbrauch vertuscht

Vor der geplanten Heiligsprechung von Johannes Paul II. am Sonntag hatte der Vatikan am Dienstag Vorwürfe zurückgewiesen, der vor neun Jahren verstorbene Papst habe den Kindesmissbrauch durch einen prominenten Ordensgründer jahrelang vertuscht.

„Es gibt keine persönliche Verwicklung des Heiligen Vaters in dieser Affäre“, sagte Vatikan-Sprecher Federico Lombardi gestern vor Journalisten. Der Fall Marcial Maciel galt als eines der größten Hindernisse auf dem Weg zur Heiligsprechung für Johannes Paul II.

Der aus Mexiko stammende Priester und Gründer der Legionäre Christi Maciel hatte jahrelang Minderjährige in Ordenseinrichtungen sexuell missbraucht und mit zwei Frauen drei Kinder gezeugt. Der Vatikan sprach von einem „gewissenlosen Leben ohne echte religiöse Gesinnung“ und forderte nach einer Untersuchung im Mai 2010 eine umfassende Neuausrichtung des Ordens. Seither stehen die Legionäre unter Aufsicht des italienischen Kurienkardinals Velasio de Paolis.

Einflussreicher Orden

Die Legionäre Christi verfügen vor allem in Mexiko und Spanien über erheblichen Einfluss. Die 1941 in Mexiko gegründeten Legionäre Christi zählen nach eigenen Angaben gegenwärtig rund 950 Priester, die in 22 Ländern tätig sind. Dem Orden angeschlossen ist die geistliche Gemeinschaft „Regnum Christi“, die rund 70.000 Mitglieder zählt.

Obwohl Johannes Paul II. im Jahr 2002 die Pädophilie in den USA verurteilt hatte, werfen ihm Opfer pädophiler Priester vor, vor allem die Kirche vor Skandalen geschützt und dadurch gleichzeitig pädophile Priester geschützt zu haben. In den 1990er-Jahren tauchten Gerüchte über moralische Verfehlungen Macies auf. 2009 ordnete Benedikt XVI. eine kircheninterne Untersuchung an. Die Legionäre haben sich inzwischen von Maciel distanziert und sind mit der Aufarbeitung ihrer Vergangenheit befasst. Dennoch verließen zahlreiche Mitglieder die Gemeinschaft.

religion.ORF.at/KAP/APA

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