Lombardi: Entscheidungen Heiliger nicht immer perfekt

Heiligkeit sei nicht die Auswertung einer Bilanz über ein Pontifikat und auch nicht ein Urteil über die Vollkommenheit eines persönlichen Lebens, sagte Vatikan-Sprecher Federico Lombardi gegenüber Journalisten.

Die Frage nach dem Wissensstand von Papst Johannes Paul II. über die Missbrauchsskandale des Gründers der Legionäre Christi, Marcial Maciel Degollado, den der Papst sehr gefördert hatte, war am Dienstag eines der Themen, zu denen sich Lombardi auf Journalistenfragen hin äußerte. Viele der Opfer Maciels beschuldigen einen inneren Kreis rund um Johannes Paul II., eine Aufklärung der Causa blockiert zu haben.

Bei der Pressekonferenz zur Doppelheiligsprechung sagte Lombardi auf die Frage, wie denn überhaupt die Bilanz des Pontifikats polnischen Papstes bei der Missbrauchsaufarbeitung zu bewerten sei, diese Frage gehe am Punkt vorbei. Johannes Paul II. (1978 bis 2005) wird am kommenden Sonntag gemeinsam mit Papst Johannes XXIII. (1958 bis 1963) in Rom heiliggesprochen.

„Niemand behauptet, ein Papst sei unfehlbar“

Wörtlich sagte Lombardi: „Natürlich gibt es in einem 27-jährigen Pontifikat kontroversielle Dinge, kontroversielle Personalentscheidungen. Einige Leute werden immer sagen: Oh, er hat das nicht gut gehandhabt und das nicht. Ich hätte das anders gemacht. Der Punkt ist, dass niemand behauptet, ein Papst sei unfehlbar in allen seinen Handlungen während seines Pontifikats. Und es ist auch nicht so, dass seine möglichen Fehler eine Todsünde wären. Der Punkt ist vielmehr, dass die Kirche in einem Heiligen ein großes Modell sieht, jemanden, der das christliche Leben in einer herausragenden Weise bezeugt hat. Aber das heißt nicht, dass er perfekt war in jeder einzelnen Sache, die er getan hat.“

Der für den Heiligsprechungsprozess zuständige Postulator, Slawomir Oder, bestritt bei der Pressekonferenz eine Mitschuld Johannes Pauls II. in der Causa Maciel. Alle relevanten Dokumente zum Umgang mit dem mexikanischen Priester seien im Rahmen des Heiligsprechungsverfahrens genau geprüft worden, sagte der Postulator. Das Ergebnis sei klar: „Es gibt keine persönliche Verstrickung des Papstes“, versicherte Oder - mehr dazu in Postulator: Wojtyla an Missbrauchsaffäre unbeteiligt.

Martini-Vorbehalt angezweifelt

Oder wandte sich auch gegen die Darstellung, der frühere Erzbischof von Mailand, Kardinal Carlo Maria Martini, habe im Rahmen des Kanonisierungsverfahrens Vorbehalte gegen die Heiligsprechung von Johannes Paul II. erhoben. Es sei schmerzhaft, dass Zitate des 2012 verstorbenen Kardinals in diesem Sinne interpretiert würden.

Die Zeitung „Corriere della Sera“ hatte in diesem Monat aus einer Stellungnahme Martinis von 2007 zitiert: „Ich möchte die Notwendigkeit seiner Heiligsprechung nicht besonders unterstreichen, da mir scheint, dass das historische Zeugnis seiner ernsten Hingabe für die Kirche und für den Dienst an den Seelen ausreicht.“ Daraus lasse sich nicht herauslesen, dass Martini die Heiligkeit des Papstes in Zweifel gezogen habe, so Oder.

religion.ORF.at/KAP