Kardinal Schönborn: Johannes Paul II. „der Große“

Papst Johannes Paul II. war in den Augen von Kardinal Christoph Schönborn ein „Fels“ und „Mann Gottes“, der durchaus auch den Beinamen „der Große“ verdient habe.

Mit Blick auf das Leben und Wirken des Wojtyla-Papstes, die Dimensionen seines Pontifikats und die von ihm beeinflussten welthistorischen Veränderungen sei dies nicht übertrieben, schreibt der Kardinal in der aktuellen Ausgabe der Wiener Kirchenzeitung „Der Sonntag“. Mit der Heiligsprechung von Johannes Paul II. und Johannes XXIII. bekämen die Gläubigen am Sonntag „zwei gute Freunde im Himmel“.

Drei Schwerpunkte sehe er im Lebenswerk des polnischen Papstes, erklärte Schönborn: „Die Verteidigung der unermesslich hohen Würde jedes Menschen, die Besinnung auf die Barmherzigkeit Gottes, von der wir Christen Zeugnis geben müssen, sowie der zentrale Wert der Familie als Grundort der Menschenwürde und der Barmherzigkeit.“ Er selbst sei dem künftigen Heiligen oftmals begegnet, davon das erste Mal noch als Redakteur des Weltkatechismus bei einer der ersten Papstaudienzen nach dem Attentat von 1981, sowie später als Erzbischof von Wien.

Papst Johannes Paul II. (re.) und Kardinal Christoph Schönborn (li.) am 21.6.1998 auf dem Wiener Heldenplatz

APA/Hans Klaus Techt

Papst Johannes Paul II. (re.) und Kardinal Christoph Schönborn (li.) am 21.6.1998 auf dem Wiener Heldenplatz

Österreich als Schnittstelle

Der Papst aus Polen habe gerade in Österreich als Schnittstelle zwischen Ost und West einen Ort der theologischen, philosophischen und gesellschaftlichen Fundierung der Familie gewünscht, erinnerte Schönborn. Deshalb gehe auf Johannes Paul II. und dessen Überzeugung, dass die Zukunft der Welt von der Familie abhänge, auch die Gründung des Internationalen Theologischen Instituts für Ehe und Familie (ITI) in Trumau zurück.

Habe Johannes Paul auch „wie jeder Papst sicher nicht immer alles richtig gemacht“, sei er dennoch dankbar für die offene und ehrliche Mitteilung auch von unangenehmen Dingen gewesen. Bei seiner ersten Audienz als neuer Wiener Erzbischof im Jahr 1995 habe er dem Papst „ungeschminkt die Probleme der Kirche in Österreich und unter den Bischöfen“ mitgeteilt, erinnerte sich Schönborn. „Das war’s dann wohl mit seinem Wohlwollen, habe ich mir gedacht - aber drei Wochen später hat er mich eingeladen, ihm die Exerzitien zu halten.“ Er habe sich über dieses Zeichen des Vertrauens sehr gefreut, so der Kardinal.

„Besonders glaubwürdiger Christ“

In seiner Kolumne in der Gratiszeitung „Heute“ (Freitag-Ausgabe) ging Schönborn auf die Glaubwürdigkeit von Johannes Paul II. ein: Von vielen Menschen sei er als „besonders glaubwürdiger Christ“ verehrt worden, worauf auch die schon beim Begräbnis des Papstes 2005 laut gewordenen „santo subito“-Rufe nach einer raschen Heiligsprechung zurückzuführen seien. Auch Heilige hätten Fehler gehabt und Sünden begangen, seien dabei aber nicht stehen geblieben, so der Kardinal.

Weiters hob Schönborn - wieder im „Sonntag“ - den Humor und die Fröhlichkeit hervor, die Johannes Paul II. trotz seines schwierigen Lebensweges nie verloren habe. „Eine meiner liebsten Erinnerungen an ihn ist sein schallendes Lachen, als ich ihm einmal eine Anekdote über den polnischen Philosophen und Dominikaner Joseph Bochenski erzählt habe“, berichtete der Kardinal.

Beeindruckt habe ihn jedoch vor allem das „unvergleichliche“ Beten des Papstes. „Einmal durfte ich nach einem Abendessen mit ihm in seine Kapelle zum Abendgebet. Wie er dort buchstäblich in Gott eingetaucht ist, völlig ohne Befangenheit durch die Gegenwart eines anderen Menschen - das werde ich nie vergessen“, berichtete Schönborn. Zutreffend sei hier ein Ausspruch des ab Sonntag ebenfalls heiligen Johannes XXIII.: „Der Mensch ist nie so groß, als wenn er kniet.“

Johannes XXIII.: Der „papa buono“

Über Johannes XXIII. schrieb Kardinal Schönborn, er müsse ein „wunderbarer Mensch“ gewesen sein und habe allen ein „papa buono“ - ein guter Vater - sein wollen. Der Wiener Erzbischof berichtete von Erfahrungen eines evangelischen Freundes, der 1961 auf Maturareise in Italien beim Baden auf eine Betonplatte aufschlug und querschnittgelähmt in Rom ins Spital eingeliefert wurde. Dessen Bitte an den katholischen Spitalsseelsorger, dem Papst Grüße auszurichten, wurde tatsächlich entsprochen: Papst-Sekretär Monsignore Capovilla sei insgesamt viermal vom Papst als sein Vertreter ins Spital geschickt worden. Johannes XXIII. habe zudem die Eltern des Verunfallten in Privataudienz empfangen und sie getröstet.

Spindelegger: „Außergewöhnliche Persönlichkeit“

Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) hat Johannes Paul II. gegenüber Kathpress als „außergewöhnliche Persönlichkeit“ hervorgehoben, deren Pontifikat „den Österreichern in tiefer Erinnerung bleiben wird“. Spindelegger wird die österreichische Regierung am Sonntag bei der Heiligsprechung Johannes XXIII. und Johannes Paul II. offiziell in Rom vertreten. Er habe wie kein anderer Papst vor ihm den Kontakt mit den Menschen gesucht, seine Stimme für die Unterdrückten erhoben und damit den Weg für den Sturz des Kommunismus bereitet, sagte Spindelegger am Freitag.

Gestützt auf seinen unerschütterlichen Glauben sei Johannes Paul II. zugleich „Mahner und Versöhner“ gewesen, so der Vizekanzler weiter. Durch seinen persönlichen Lebens- und Leidensweg werde er für viele gläubige Katholiken und auch darüber hinaus ein Vorbild bleiben. Papst Johannes XXIII. habe mit der Einberufung des zweiten Vatikanischen Konzils die Kirche geöffnet und so einen verstärkten Dialog der Kirche mit Gläubigen aus allen Religionen aber auch mit Nichtgläubigen angestoßen. Damit habe ein Prozess begonnen, der das frühe Ableben des Papstes überdauert habe, so Spindelegger.

religion.ORF.at/KAP/APA

Mehr dazu:

Links: