Johannes XXIII. und Johannes Paul II. heiliggesprochen

Die katholische Kirche hat zwei neue Heilige: Bei einer feierlichen Messe auf dem Petersplatz hat Papst Franziskus Sonntagfrüh seine beiden Vorgänger Johannes XXIII. und Johannes Paul II. zur „höchsten Ehre der Altäre“ erhoben.

Mit dem Gesang des Kyrie und der Allerheiligenlitanei begann die Messe. Kurz vor 10.00 Uhr zogen Hunderte von Kardinälen und Bischöfen aus dem Petersdom auf den Vorplatz. Nach einer dreifachen Bitte des für Heiligsprechungen zuständigen Kurienkardinals Angelo Amato erklärte Franziskus die beiden Päpste offiziell zu Heiligen. Die Erhebungsformel des Papstes wurde von den Anwesenden auf dem Petersplatz mit lautem und langem Applaus begrüßt.

Rund 800.000 Teilnehmer

An der Heiligsprechungsmesse nahmen nach Vatikan-Angaben 800.000 Menschen teil. Davon hätten sich rund 500.000 auf dem Petersplatz und der anschließenden Zone befunden, die übrigen auf den verschiedenen Plätzen Roms, auf denen die Zeremonie über Bildschirme übertragen wurde. Das sagte ein Vatikan-Sprecher zum Abschluss der Feier. Die Stadt Rom hielt unterdessen an ihrer seit Beginn der Messe genannten Zahl von einer Million Teilnehmern fest.

Papst Franziskus eröffnet Heiligsprechungszereminie

AP Photo/Gregorio Borgia

Papst Franziskus eröffnet die Heiligsprechungszeremonie

Franziskus: Mutige Zeugen der Barmherzigkeit

Papst Franziskus würdigte die beiden neuen heiligen Päpste als Vorbilder an Barmherzigkeit und als kirchliche Erneuerer gewürdigt. Johannes XXIII. habe sich durch die Einberufung des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962 bis 1965) als „Papst der Folgsamkeit gegenüber dem Heiligen Geist“ erwiesen; Johannes Paul II. sei „der Papst der Familie“ gewesen, sagte Franziskus während der Messe zur Heiligsprechung.

„Sie waren zwei mutige Männer, erfüllt vom Freimut des Heiligen Geistes und haben der Kirche und der Welt Zeugnis gegeben von der Güte Gottes und von seiner Barmherzigkeit“, so der Papst in seiner Predigt. Johannes XXIII. und Johannes Paul II. stünden für eine Kirche, in der das Wesentliche des Evangeliums gelebt werde, Liebe, Barmherzigkeit, Einfachheit und Brüderlichkeit, sagte Franziskus weiter. Beide Päpste hätten danach gestrebt, die Kirche in „ihrer ursprünglichen Gestalt wiederherzustellen und zu aktualisieren“.

Papst Franziskus schwenkt Weihrauchkessel

APA/EPA/Jacek Turczyk

Papst Franziskus schwenkt Weihrauchkessel

Johannes XXIII. habe mit der Einberufung des Zweiten Vatikanischen Konzils eine „feinfühlige Folgsamkeit gegenüber dem Heiligen Geist“ bewiesen, führte Franziskus aus. Er sei ein „geführter Führer“ für die Kirche gewesen. Darin habe sein „großer Dienst an der Kirche“ bestanden. Das Verdienst von Johannes Paul II. für die Kirche sei vor allem sein Eintreten für die Familie. Der Weg zur im Herbst bevorstehenden Synode über die Familienseelsorge werde daher von ihm „vom Himmel her sicher begleitet und unterstützt“.

„Tragödien ihres Jahrhunderts erlebt“

Als Priester, Bischof und Papst hätten die beiden heiligen Päpste die Tragödien ihres Jahrhunderts erlebt, ohne davon überwältigt worden zu sein, erklärte Franziskus. Ihr Glaube an Jesus Christus als Erlöser der Menschen und Herrn der Geschichte sei stärker gewesen. In beiden habe eine lebendige Hoffnung gewohnt, die von „unsagbarer, von himmlischer Herrlichkeit verklärter Freude“ begleitet worden sei.

Die neuen Heiligen hätten in jedem leidenden Mitmenschen Jesus selbst gesehen und seien nicht davor zurückgeschreckt, „die Wundmale Jesu anzuschauen, seine verwundeten Hände und seine durchbohrte Seite zu berühren“, erläuterte Franziskus. Ihr Vorbild könne auch heute lehren, in das Geheimnis der göttlichen Barmherzigkeit einzudringen.

Menschenmassen auf dem Petersplatz

Reuters/Tony Gentile

Eine Million Menschen schaute auf dem Petersplatz bei der Heiligsprechung zu

Medialer „Sonntag der vier Päpste“

Der „Sonntag der vier Päpste“ wurde zum globalen Medien-Event. Zwei Milliarden Katholiken auf der ganzen Welt verfolgten laut italienischen Medienberichten im Fernsehen oder Internet die feierliche Zeremonie auf dem Petersplatz. 2.200 Medienleute waren beim Vatikan akkreditiert, um über die Zeremonie zu berichten. Auch an den 18 Großbildschirmen, die auf mehreren Plätzen in Rom aufgestellt wurden, verfolgten Zehntausende die Messe. Allein 20.000 Personen versammelten sich in der lombardischen Ortschaft Sotto il Monte, dem Geburtsort von Johannes XXIII., um die Heiligsprechungszeremonie live auf Großbildschirmen zu sehen. Im Zentrum von Warschau waren es auch einige Tausend.

In Rom war nicht nur der Petersplatz selbst voll, auch auf der anschließenden breiten Via della Conciliazione zur Engelsburg und zu den Tiberbrücken drängten sich die Menschen so, dass es kein Durchkommen mehr gab. Während die offiziellen politischen Delegation mit schweren Limousinen unter Polizeieskorte zum Vatikan geleitet wurden, traf Roms Bürgermeister Ignazio Marino mit dem Fahrrad ein.

Reliquien beider Heiliger

An der Fassade des Petersdoms hingen große Porträts der beiden neuen Heiligen. Nach der offiziellen Erklärung durch Papst Franziskus wurden Reliquiare der beiden Heiligen auf den Altar gestellt. Getragen wurde die Blutampulle von Johannes Paul II. (1978 bis 2005) durch die Costa Ricanerin Floribeth Mora Diaz, die auf dessen Fürbitte von einem unheilbaren Hirn-Aneurysma genesen war. Das Reliquiar von Johannes XXII. mit Hautpartikeln des neuen Heiligen wurde von vier Neffen des Roncalli-Papstes gebracht.

Die Reliquiare mit Überresten von Johannes XXIII. und Johannes Paul II.

APA/EPA/Jacek Turczyk

Die Reliquiare mit Überresten von Johannes XXIII. und Johannes Paul II.

Auch die französische Ordensfrau Marie Simon-Piere Normand, deren wunderbare Heilung die Voraussetzung für die Seligsprechung des Wojtyla-Papstes im Mai 2011 bildete, wirkte bei der Kanonisierungsmesse auf dem Petersplatz mit. Die Ordensfrau bat auf dem Petersplatz um die Fürsprache Johannes Pauls II. für die Achtung der Menschenwürde in Kultur, Wissenschaft und Politik.

Die heute 53 Jahre alte Frau war in der Nacht vom 2. auf den 3. Juni 2005 auf medizinische unerklärliche Weise von der Parkinson-Krankheit genesen. Auch Johannes Paul II. hatte an dieser Krankheit gelitten. Die seit 2001 an Parkinson erkrankte Ordensfrau hatte nach dem Tod dieses Papstes am 2. April 2005 gemeinsam mit ihren Mitschwestern um dessen Fürsprache für eine Heilung gebetet. Der Vatikan erkannte die spontane Heilung Anfang 2011 als auf Fürsprache von Johannes Paul II. gewirktes „Wunder“ an. Damit war der Weg für die Seligsprechung im Mai des gleichen Jahres frei.

Benedikt zelebrierte mit

Der emeritierte Papst Benedikt XVI. zelebrierte die Messe mit. Als Joseph Ratzinger weiß gekleidet zur Messe erschien, brach auf dem Petersplatz ein lang anhaltender Applaus aus.

Zum Abschluss der mehr als zweieinhalbstündigen Messe mit der Heiligsprechung wandte sich Papst Franziskus an die anwesenden Staatsoberhäupter, Regierungschefs und offiziellen Gäste, aber auch an alle anwesenden Gläubigen und dankte ihnen für die Teilnahme an der Zeremonie.

Nach der Heiligsprechungsmesse grüßte Franziskus die Staats- und Regierungschefs und politischen Delegationen aus insgesamt 93 Ländern. Auch Vizekanzler Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) wurde von Franziskus mit langem Händeschütteln begrüßt und wechselte einige Worte mit dem Papst. Die Zeremonie der Heiligsprechungen wurde von Medien in alle Welt übertragen. Hunderttausende Gläubige waren nach Rom gekommen, um bei diesem historischen Akt dabei zu sein. Vor allem aus Polen, dem Heimatland des populären Karol Wojtyla, reisten Pilger an.

Könige und Staatsoberhäupter

Könige, Regierungschefs und Präsidenten hatten sich auf dem Petersplatz versammelt, um an der feierlichen Heiligsprechungsmesse für Johannes Paul II. und Johannes XXIII. teilzunehmen. Delegationen aus 93 Ländern wurden vom Präfekten des päpstlichen Hauses, Bischof Georg Gänswein, empfangen.

Benedikt XVI. nimmt an der Heiligsprechung zweier Päpste teil

Reuters/Stefano Rellandini

Benedikt XVI. (mit Papst-Sekretär Georg Gänswein im Hintergrund) nimmt an der Heiligsprechung zweier Päpste teil

24 Staatsoberhäupter und Monarchen sowie zehn Regierungschefs und zahlreiche Minister nahmen laut dem Vatikan an Zeremonie teil. Anwesend sind etwa der polnische Präsident Bronislaw Komorowski sowie Friedensnobelpreisträger und Ex-Präsident Lech Walesa. Zu den ersten prominenten Gästen, die den Petersplatz erreichten, zählten der spanische König Juan Carlos und Königin Sofia sowie der spanische Premier Mariano Rajoy, der belgische König Albert II. und Königin Paola. Bei der Heiligsprechungszeremonie anwesend waren auch der italienische Präsident Giorgio Napolitano und Ministerpräsident Matteo Renzi.

Die EU war mit Ratspräsident Herman Van Rompuy und Kommissionspräsident Jose Manuel Durao Barroso vertreten. 150 Kardinäle, 1.500 Bischöfe und 6.000 Priester aus aller Welt, darunter der langjährige Privatsekretär von Johannes Paul II., Kardinal Stanislaw Dziwisz, feierten auf dem Petersplatz gemeinsam mit den Gläubigen.

Papst im offenen Jeep durch Menschenspalier

Nach der Heiligsprechungsmesse und nach der Begrüßung der offiziellen Delegationen begab sich Papst Franziskus am Sonntagmittag im offenen Jeep durch das Menschenspalier. Begleitet von wenigen Sicherheitsbeamten fuhr er über den Petersplatz und dann über die Via della Conciliazione in Richtung Engelsburg und winkte den jubelnden Massen zu.

Papst Franziskus fährt im Jeep durch die Menschenmenge auf dem Petersplatz

APA/EPA/PAP/Radek Pietruszka

Papst Franziskus fährt im Jeep durch die Menschenmenge auf dem Petersplatz

Ab 14.30 Uhr wird nach Abbau einiger Barrieren der Petersdom geöffnet, um den Gläubigen den Besuch der Papst-Gräber zu ermöglichen. Papst Johannes XXIII. ist unter einem Altar im rechten vorderen Kuppelpfeiler in einem Glassarg beigesetzt. Johannes Paul II. fand seine letzte Ruhestätte in der San Sebastiano-Kapelle im rechten Seitenschiff der Vatikan-Basilika, nach der Pieta Michelangelos.

religion.ORF.at/KAP/APA/dpa

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