Missbrauch: Papst-Kommission startete Arbeit

Nach den schweren Missbrauchsskandalen in der katholischen Weltkirche stehen die Zeichen im Vatikan auf Aufarbeitung. Das Wohl eines Kindes stehe im Vordergrund, erklärte die Kinderschutz-Kommission.

Die von Papst Franziskus eingesetzte Kommission gegen Kindesmissbrauch strebt mehr Transparenz und Verantwortung zum Schutz der Betroffenen an. Bei der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche sollen die Interessen der Opfer im Mittelpunkt stehen. „Wir haben uns auf den Grundsatz verständigt, dass das Wohl eines Kindes oder eines verletzlichen Erwachsenen Vorrang hat, wenn eine Entscheidung getroffen werden muss“, erklärte das Gremium am Samstag nach seiner ersten Sitzung.

Das Beratergremium hat internationales Profil. Ihr gehören neben Geistlichen wie dem Erzbischof von Boston, Sean Patrick O’Malley, Missbrauchsexperten mehrerer Länder sowie Laien an. Unter ihnen ist die Irin Marie Collins, die als Jugendliche von einem Priester sexuell missbraucht wurde und heute eine Fürsprecherin von Missbrauchs-Opfern ist. Die achtköpfige Expertengruppe soll noch um weitere Mitglieder ergänzt werden. „Wir wollen auch mehr Opfervertreter dabei haben“, so O’Malley. Die Entscheidung liege aber bei Papst Franziskus.

O’Malley: Ziel sind klare Verfahren

Die Kommission werde keine einzelnen Missbrauchsfälle behandeln, sondern Vorschläge für Initiativen machen, um weltweit für eine „lokale Verantwortung“ zum Schutz der Kinder zu ermutigen. Dieses in der Kirche sicherzustellen, sei besonders wichtig - die Suche nach wirksamen und transparenten Verfahren dabei eingeschlossen.

Diskussionsrunde:

Präventionsstrategien zu Missbrauch und sexueller Gewalt gegen Kinder stehen auch im Fokus eines kontinentübergreifenden Erfahrungsaustausches am 7. Mai in Wien. Zur Diskussion unter dem Titel „Missbrauch und Gewalt verhindern! In Familie - Kirche - Internet“ laden die Missbrauchspräventions-Stelle der Erzdiözese und das Welthaus der Katholischen Aktion.

Mittwoch, 7. Mai 2014, 18.30 Uhr im Hildegard-Burjan-Saal der Erzdiözese Wien (Stephansplatz 6/1/6, 1010 Wien).

O’Malley erklärte, ein Ziel der Kommission sei es, „klare Verfahren“ zum Umgang mit Missbrauchsfällen zu erarbeiten, um sicherzustellen, dass die Schuldigen zur Rechenschaft gezogen werden. „Viele sehen es immer noch als spezifische Angelegenheit einiger Ortskirchen, etwa der amerikanischen, der irischen oder der deutschen. Doch es ist ein menschliches Problem, das wir auf der ganzen Welt bekämpfen müssen“, sagte der Erzbischof von Boston am Samstag im Vatikan.

Jeder Kirchenmitarbeiter verantwortlich

Es gehe darum, die bestmöglichen Methoden zum Schutz aller Minderjährigen im kirchlichen Raum zu entwickeln, betonte O’Malley, der auch dem Kardinalsrat für die Kurienreform angehört. Katholische Pfarren, Schulen und andere Institutionen müssten ein sicherer Raum für Kinder sein. Dafür sei jeder Kirchenmitarbeiter verantwortlich zu machen, erklärte der Erzbischof von Boston.

Das dreitägige Treffen im Vatikan diente vor allem der Erarbeitung von Arbeitsstatuten, die dem Papst vorgelegt werden sollen. Ihr Ziel sei ein gesteigertes Bewusstsein aller für die tragischen Folgen von sexuellem Missbrauch und von mangelnder Aufdeckung oder Unterstützung der Opfer sowie der Angehörigen. Die Kommission beklagte die „Ignoranz und Verdrängung“, die in vielen Weltregionen mit Blick auf solche Verbrechen herrschten. Die ganze Welt müsse „auf die tragischen Konsequenzen des sexuellen Missbrauchs“ aufmerksam gemacht werden.

Collins: Noch viel zu tun

Collins bescheinigte der Kirche Fortschritte bei der Vorbeugung von Missbrauch. „Es gibt aber noch viel zu tun“, sagte die Irin. Nach Aussage des Kommissionsmitglieds und Jesuiten Hans Zollner haben inzwischen fast alle Bischofskonferenzen die vom Vatikan angeforderten Berichte über ihren Umgang mit sexuellem Missbrauch nach Rom geschickt. „Es fehlen nur noch einige westafrikanische Länder“, so der Deutsche, der als Psychologieprofessor an der päpstlichen Universität Gregoriana lehrt.

Die Missbrauchsfälle der vergangenen Jahre hatten die katholische Kirche heftig erschüttert und ihrem Ansehen massiv geschadet. Papst Franziskus bat die Opfer sexuellen Missbrauchs durch Priester kürzlich um Verzeihung und forderte strenge Strafen für die Täter.

Papst Franziskus teile die Absicht der Kommission, Schwerpunkte auf eine Rechenschaftspflicht der katholischen Kirche und auf Transparenz im Kampf gegen sexuellen Missbrauch zu legen, sagte O’Malley nach dem Treffen. Die Kommission soll die Kurie und mittelbar auch die Bischofskonferenzen beim Kampf gegen Missbrauch beraten.

religion.ORF.at/APA/dpa/KAP/AFP

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