Türkischsprachige Islamschule in Wien geplant

Der Plan der Islamischen Föderation, in Wien türkischsprachige islamische Schule zu eröffnen, die auch eine Ausbildung zum Imam anbietet, hat am Mittwoch für Aufregung gesorgt.

Die „Salzburger Nachrichten“ („SN“, Mittwoch-Ausgabe) hatten über die Entstehung einer „türkischsprachigen Predigerschule zur Ausbildung von Imamen in Österreich“ berichtet. Als Quelle geben die „SN“ einen Bericht des Religionsamtes der Türkei aus dem Vorjahr an. Initiiert worden sei das Projekt vom türkischen Religionsamt.

Predigerausbildung nur „Angebot“

Die Islamische Föderation in Wien verteidigt das geplante türkischsprachige (Oberstufen-)Gymnasium. Eine „Predigerschule“ im eigentlichen Sinn sei die geplante „Imam Hatip"-Schule nicht, sagte Sprecher Yakup Gecgel am Mittwoch gegenüber der APA."Imam“ bedeutet Vorbeter, „Hatip“ Prediger. Beginnen soll die Ausbildung nach Absolvierung der neunjährigen Schulpflicht. Vorgesehen sei zwar ein theologischer Schwerpunkt, nicht aber eine verpflichtende Ausbildung zum Imam, einem Vorbeter in Moscheen, so Gecgel. Diese solle den bis zu 80 Schülerinnen und Schülern lediglich bei Interesse angeboten werden.

Das Öffentlichkeitsrecht beantragen will man laut Föderationssprecher Gecgel vorerst nicht - damit verbunden wäre neben der Anerkennung der Bildungsabschlüsse auch die Übernahme der Lehrerkosten durch den Staat. Der Abschluss würde aber in der Türkei anerkannt. Unterrichtet werden solle nach internationalem System, als Beispiel gibt Gecgel den „SN“ gegenüber das französischsprachige Lycee Francais in Wien an.

Kurz lehnt Staatsvertrag ab

Das Bildungsministerium wurde über den Plan der Islamischen Föderation, eine türkischsprachige Privatschule in Wien zu errichten, bisher nicht informiert. Das sagte eine Sprecherin von Ministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) am Mittwoch der APA. Einen Staatsvertrag zur Anerkennung der Schule lehnt Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) ab.

Kurz äußerte laut „SN“ zu der geplanten Schule: „Das ist der völlig falsche Weg.“ Österreich setze auf eine universitäre deutschsprachige Predigerausbildung im Rahmen des geplanten Studiums für Islamische Theologie in Wien. Das Bestreben, eine islamische Predigerausbildung in Österreich einzuführen, gibt es bereits seit langem; derzeit werden Imame aus dem Ausland „importiert“.

Geplant ist auch die Einrichtung eines islamischen Theologiestudiums auf universitärem Niveau. Damit könnten Imame in Österreich ausgebildet werden, voraussichtlich ab dem Jahr 2016. Auch im neuen Regierungsprogramm kommt das Anliegen zur Sprache. Mit der Vorbereitung der Imamausbildung betraut ist der islamische Religionspädagoge Ednan Aslan - mehr dazu in Islamische Theologie: Studium in Wien erst ab 2016. Dieses Vorhaben könnte eine private „Imam Hatip“-Schule konterkarieren, so die „SN“.

Islamschule: Bisher kein Antrag

Angemeldet werden müsste eine Privatschule via „Errichtungsanzeige“ beim Wiener Stadtschulrat. Und auch dort betonte man auf APA-Anfrage am Mittwoch, noch nichts von einem derartigen Projekt zu wissen. Grundsätzlich würde es nach Auskunft des Bildungsministeriums zwei Möglichkeiten geben, die offizielle Anerkennung einer Privatschule in Österreich zu erreichen: Das vom Ministerium verliehene Öffentlichkeitsrecht und einen Staatsvertrag zur Anerkennung eines ausländischen Schultyps in Österreich.

Das letztere Modell wurde beim Lycee Francais gewählt, über dessen Anerkennung in Österreich ein Staatsvertrag mit Frankreich geschlossen wurde. Dieses Modell schließt Außenminister Kurz im Fall der „Imam Hatip“-Schule aber aus, wie sein Sprecher der APA sagte. Das Öffentlichkeitsrecht müsste wiederum beim Unterrichtsministerium beantragt werden. „In dieser Frage ist noch niemand auf uns zugekommen“, sagte die Sprecherin von Ministerin Heinisch-Hosek am Mittwoch. Das weitere Vorgehen soll mit Integrationsminister Kurz und Religionsminister Josef Ostermayer (SPÖ) besprochen werden: „Wir sind in enger Abstimmung mit den Ministern Kurz und Ostermayer und werden hier akkordiert vorgehen.“

Vor der Erlangung des Öffentlichkeitsrechts wäre jedenfalls eine Reihe von Prüfungen nötig - u. a. über die Eignung des Lehrpersonals und der Räumlichkeiten. Außerdem müsste eine staatlich anerkannte Privatschule einem österreichischen Schultyp entsprechen (also z. B. Hauptschule oder AHS). Schulen, die keinem öffentlichen Schultyp entsprechen (wie z. B. die Waldorfschulen), müssten als „Statutschulen“ eigens genehmigt werden.

Schulbetrieb soll „bald“ starten

Die „Imam Hatip“-Schulen sind Berufsfachgymnasien des türkischen Staates für die Ausbildung zum Imam und islamischen Prediger. „Der Grundgedanke ist, dass wir Imame auch in Österreich ausbilden und dadurch bessere Imame bekommen“, sagte Sprecher Gecgel den „SN“.

Untergebracht werden soll die Schule Gecgels Angaben zufolge auf dem Areal eines in der Florian-Hedorfer-Straße in Wien-Simmering geplanten Bildungszentrums. Dort sollen neben der Schule auch Erwachsenenbildung und Jugendarbeit angeboten werden. Kein Zusammenhang bestehe jedenfalls zwischen dem Schulprojekt und dem Besuch des türkischen Premiers Recep Tayyip Erdogan in Wien. Die Vorbereitungen für das Projekt liefen bereits seit Monaten, betonte der Sprecher.

Die Islamische Föderation steht wegen ihres Nahverhältnisses zur Milli-Görüs-Bewegung in Österreich in der Kritik, die wegen türkisch-nationalistischer Tendenzen umstritten ist. Die Islamische Föderation versammelt die Vereine der Milli-Görüs-Bewegung Österreichs unter einem Dach.

Grüne: Nein zu importierter Imamausbildung

Auch von den Grünen kommt ein klares Nein zu dem Vorhaben einer importierten Predigerausbildung: „Die Ausbildung von Imamen für österreichische MuslimInnen sollte in Österreich transparent, öffentlich und in der Landessprache auf einer österreichischen Hochschule erfolgen“, so Alev Korun, Integrationssprecherin der Grünen, in einer Aussendung vom Mittwoch.

„Ich unterstütze die seit Jahren bestehenden Pläne der Bundesregierung, die Imameausbildung an österreichischen Hochschulen zu etablieren. Von mir als Integrationssprecherin gibt es ein glasklares Nein zu den heute bekanntgewordenen Plänen, die ,Imam Hatip’-Predigerschulen nach Österreich zu importieren“, so Korun.

„Bisher haben muslimische Prediger, die auf universitärem Niveau und gut ausgebildet wurden und die Lebensrealitäten der österreichischen Muslime kennen, gefehlt. Hier die sehr vernünftigen Pläne der Bundesregierung, eine moderne Imameausbildung in Österreich zu etablieren, zu durchkreuzen ist absolut falsch und führt integrationspolitisch in eine fatale Sackgasse. Die Bundesregierung soll ihre Pläne umsetzen und darf ihre Durchkreuzung nicht zulassen“, meint Korun.

FPÖ: „Muss verhindert werden“

Auch FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache forderte am Mittwoch die Verhinderung des Projekts. Er verwies darauf, dass die Islamische Föderation der nationalistischen Milli-Görüs-Bewegung nahestehe. „Diese Privatschule, in der Deutsch nur Fremdsprache ist und die nach erfolgreicher Ausbildung Zeugnisse der türkischen Schulbehörde verteilen will, muss unter allen Umständen verhindert werden“, so Strache.

Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) favorisiert zwar das an der Uni Wien geplante Bachelorstudium Islamische Theologie, steht aber auch dem geplanten türkischsprachige Gymnasium positiv gegenüber - mehr dazu in Islamschule: IGGiÖ steht Projekt positiv gegenüber.

religion.ORF.at/APA

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