Krätzl: „Neue Türen öffnen - auch die des Zölibates“

Der emeritierte Wiener Weihbischof Helmut Krätzl hat sich für eine Öffnung der katholischen Kirche bei den Themen Zölibat und Interkommunion mit evangelischen Christen ausgesprochen.

Krätzl warnte in zwei Interviews, die anlässlich seines diamantenen Priesterweihejubiläums in mehreren Kirchenzeitungen veröffentlicht wurden, davor, dass die Eucharistie als Quelle kirchlichen Lebens in Gefahr sei „auszutrocknen“. Die Bischöfe sollten gemäß der Aufforderung von Papst Franziskus „mutige Vorschläge machen“, um dieser Gefahr zu begegnen, sagte Krätzl.

„Wir nehmen einen - zum Teil schon bedrohlichen - Eucharistiemangel hin, weil wir nicht bereit sind, die Zugänge zum Priesteramt zu verändern. Ich halte das für unverantwortlich.“ Die Eucharistie sei ein zentrales Sakrament, Quelle und Höhepunkt jeder kirchlichen Gemeinde. Deshalb „müssen wir neue Türen öffnen - auch die des Zölibates“.

Seiner Überzeugung folgend „sollte in der Regel der Ort der Eucharistie auch der Ort sein, wo die Menschen das Leben miteinander teilen“. Er halte nichts davon, wenn Bischöfe ihren Gläubigen nahelegen, die Eucharistie am Sonntag „sollte ihnen schon einige Kilometer Anfahrt wert sein“, so Krätzl. Erwin Kräutler, Bischof in der flächenmäßig größten katholischen Diözese Brasiliens, habe ihm „eindrücklich“ geschildert, dass das Bewusstsein für die Eucharistie verloren gehe, wenn in Gemeinden nur noch ab und zu Eucharistie gefeiert werde. Menschen gingen dann woanders hin, in Amazonien etwa zu den Pfingstkirchen.

Mehr Mut im Zusammenspiel

Für mehr „Großzügigkeit“ und „ökumenische Gastfreundschaft“ plädierte der emeritierte Weihbischof - selbst als Stenograf Teilnehmer des Zweiten Vatikanischen Konzils - auch beim Thema Interkommunion. Er habe erlebt, wie auf dem Konzil ökumenische Prinzipien und die Art, wie die Kirchen einander begegnen, „tiefgreifend erneuert wurden“. Konfessionen könnten sich auch in anderen Fragen annähern, wenn sie den Tisch füreinander öffnen würden. „Noch dazu, wo doch eigentlich der Herr der Gastgeber ist, auf dessen Namen und in dessen Leib hinein wir alle getauft sind“.

Emer. Weihbischof Helmut Krätzl bei einem Vortrag

Kathbild/Franz Josef Rupprecht

Der emeritierte Wiener Weihbischof Helmut Krätzl

Reizthema wiederverheiratete Geschiedene

Als einen „immer wieder tiefen Schmerz“ bezeichnete es Krätzl, dass geschiedene Gläubige in zweiter Ehe „trotz ernsten Bemühens auf Dauer von der engsten Gemeinschaft mit Christus ausgeschlossen sein sollen“. Er halte es mit Theologen wie dem ehemaligen Papst Joseph Ratzinger, die Anfang der 1970er-Jahre gute Lösungen für Einzelfälle gefunden hätten, ohne die Unauflöslichkeit der Ehe in Frage zu stellen.

Er selbst sei „eher skeptisch“, ob es durch die Bischofssynoden 2014 und 2015 eine Änderung geben werde, sagte Krätzl. Kardinal Walter Kaspers Konzept für eine Sakramentenzulassung im Einzelfall treffe auf „einen harten Kern der Gegner“, rund um den Chef der Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller.

„Schnurstracks ins Priesterseminar“

Im Interview mit der Wiener Kirchenzeitung „Der Sonntag“ blickte der emeritierte Weihbischof, der sich schon mit 22 Jahren durch eine Sondergenehmigung aus Rom weihen ließ, auch auf seine 60-jährige Priesterlaufbahn zurück. Er sei gleich nach der Matura „schnurstracks ins Priesterseminar“ gegangen, so Krätzl, und seither „immer gerne Priester“ gewesen. Das Priesterbild habe sich seit damals zwar verändert, aber unterschiedliche Aufgaben hätten sein Priestersein „immer bewegender und spannender“ werden lassen.

Den Jahrestag seiner Priesterweihe am 29. Juni 1954 feiert der emeritierte Weihbischof im Stephansdom. Die Erzdiözese Wien lädt um 9.30 Uhr zu einem Dankgottesdienst zu Ehren des Jubilars ein. Helmut Krätzl war unter anderem Diözesanadministrator und Bischofsvikar für die Bereiche Erwachsenenbildung, Priesterfortbildung und Ökumene.

religion.ORF.at/KAP