Baldisseri: Wiederverheiratete nur eine Frage von vielen

Während reformorientierte Katholiken in Europa große Hoffnungen in die Bischofssynode im Herbst setzen, weist der Vatikan vermehrt darauf hin, dass die europäischen Fragestellungen nur einige von vielen seien.

Vor allem in der Frage der wiederverheirateten Geschiedenen, die nach wie vor in der katholischen Kirche keine Sakramente empfangen dürfen, wird von der außerordentlichen Bischofssynode im Herbst viel erwartet. Nicht nur Reformgruppen wie „Wir sind Kirche“ oder die „Pfarrer-Initiative“ hoffen in diesem Punkt auf Veränderungen, sondern inzwischen auch immer mehr offizielle kirchliche Würdenträger.

Nach Auffassung von Kurienkardinal Lorenzo Baldisseri wird das Thema allerdings von westlichen Medien überbetont. Die Antworten auf den Vatikan-Fragebogen zu Ehe und Familie, der im vergangenen Herbst weltweit verschickt wurde, zeigten, dass das nur eine Frage von vielen sei, sagte Baldisseri in einem Interview mit der italienischen Website „www.rossoporpora.org“.

Lorenzo Baldisseri

Reuters/Alessandro Bianchi

Lorenzo Baldisseri

Keine Änderungen der Lehre

Schon unmittelbar nach der Veröffentlichung des vorbereitenden Dokumentes „Instrumentum laboris“ hatte der theologische Sekretär der Synode, Erzbischof Bruno Forte, darauf hingewiesen, dass es bei dem Bischofstreffen nicht um Änderungen der Lehrer gehen werde, sondern darum, seelsorgliche Wege zu entwickeln, die einen „anderen Blick“ auf Menschen in problematischen Familiensituationen werfen - mehr dazu in Synodensekretär: Keine „katholische Scheidung“.

Das Arbeitsdokument für die Synode im Herbst mache deutlich, „wie breit die Themen rund um die Familie auf allen fünf Kontinenten sind“, sagte Baldisseri. Das werde der sogenannten öffentlichen Meinung in Europa und im Westen helfen, „besser einzuschätzen, welche Themen wirklich heiß und heikel sind“, fügte er dem Bericht zufolge an.

Zwei Drittel der Antworten aus Europa

Doch nicht nur bestimmte Themen, sondern auch die Synode an sich schlägt in Europa offenbar höhere Wellen als anderswo. Das zeigt sich in der Zahl der Antworten auf die vatikanische Umfrage: Aus Europa kamen, wie Baldisseri erklärte, deutlich mehr Antworten als aus allen anderen Erdteilen zusammen.

Insgesamt seien bisher neben den „offiziellen“ Antworten der Bischofskonferenzen 983 Rückmeldungen von kirchlichen Gruppen und einzelnen Katholiken auf die Befragung zu Familie, Ehe und Sexualität eingegangen. Knapp zwei Drittel davon, 64,6 Prozent, stammten aus Europa, so Baldisseri. Am geringsten sei die Resonanz in Asien gewesen. Von dort seien 2,3 Prozent der Rückmeldungen gekommen. Von den 114 nationalen Bischofskonferenzen in aller Welt hätten fast 90 Prozent geantwortet.

Die von Papst Franziskus angeregte Erhebung bildete die Grundlage für das in der vergangenen Woche veröffentlichte Arbeitspapier der Weltbischofssynode. Darin zeigte sich eine tiefe Kluft zwischen kirchlicher Lehre und Lebenspraxis der Katholiken.

religion.ORF.at/KAP/dpa

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