Italien: Aufregung über Prozession vor Mafia-Haus

Eine Ehrenbezeugung für einen verurteilten Mafioso bei einer religiösen Prozession in Kalabrien sorgt für Diskussionen in Italien. Die süditalienische Region ist die Hochburg der Mafia-Organisation N’drangheta.

Bei der Prozession in Oppido Mamertina, an dem sich auch der Bürgermeister und mehrere Lokalpolitiker beteiligten, hielt am vergangenen Sonntag der Zug mit der Statue der „Muttergottes der Gnade“ vor dem Haus des zu lebenslang verurteilten Mafia-Bosses Peppe Mazzagatti zum Gruß. Die Träger der Statue verneigten diese in Richtung des Gebäudes.

Der Mafioso steht derzeit aus Gesundheitsgründen unter Hausarrest. Der Fall wurde von einigen anwesenden Carabinieri gefilmt. Der örtliche Polizeichef verließ daraufhin aus Protest die Prozession. Ermittlungen sollen gegen die Personen aufgenommen werden, die die Statue bis zum Haus des Mafioso getragen hatten.

Innenminister Angelino Alfano bezeichnete den Fall als „verwerflich“. „Wir sind gegen jede Huldigung vor Mafiosi, die die Kultur des Todes verbreiten“, betonte Alfano. Die Präsidentin der parlamentarischen Anti-Mafia-Kommission, Rosy Bindi, dankte dem Polizeichef für seine Geste.

Bischofskonferenz: Prozession „entstellt“

Auch die italienische Bischofskonferenz (CEI) verurteilte die Ehrenbezeugung für den Mafia-Boss scharf. Die Verantwortlichen hätten die Bedeutung der Prozession entstellt, um jemanden zu ehren, der Böses getan haben, sagte der CEI-Generalsekretär und Erzbischof von Cassano all’Jonio, Nunzio Galantino der Tageszeitung „Corriere della Sera“ (Montag).

Der Vorfall zeige nicht zuletzt die mangelnde religiöse Bildung der Täter, so Galantino. Denn die Bibel mache deutlich, dass sich die Muttergottes vor niemandem verneige. Seit Jahrzehnten kämpfe die Kirche gegen das organisierte Verbrechen in Süditalien an. Die Instrumentalisierung der Prozession sei jedoch wieder ein Beweis dafür, wie tief die kriminellen Strukturen noch in der Alltagskultur verankert seien.

Den Pfarrer, der den Umzug anführte und gegen den der zuständige Ortsbischof eine Untersuchung eingeleitet hat, nahm Galantino in Schutz. Die Träger der Madonnen- und Heiligenfiguren seien oft Menschen, die ansonsten wenig mit der Gemeindearbeit zu tun hätten. Der Priester könne das Geschehen nicht kontrollieren.

Keine Paten mehr?

Die aktuelle Diskussion zeige aber, so „Corriere della Sera“, dass die Worte von Papst Franziskus gegen die Mafia nicht ins Leere fielen, sondern bei den Adressaten eine Auseinandersetzung damit in Gang gekommen sei. Franziskus hatte bei seinem Besuch in Kalabrien vor rund zwei Wochen gesagt, Mafiosi seien exkommuniziert, weil sie durch ihr Verhalten nicht mehr in der Gemeinschaft mit Gott und seiner Kirche stünden.

In der vergangenen Woche hatte der Bischof von Reggio Calabria, Giuseppe Fiorini Morosini, mit der Forderung für Aufsehen gesorgt, Taufpatenschaften in den von Mafia dominierten Gebieten zehn Jahre lang abzuschaffen, um Kriminellen die Möglichkeit zu nehmen, auf diesem Weg ihr Klientelnetz auszubauen. Der Papst, dem er den Vorschlag in einem Brief erläutert habe, sei offen dafür, sagte er dem Magazin „Focus“.

religion.ORF.at/APA/KAP