Scheidender Vatikanbank-Chef beklagt Intrigen im Vatikan

Der scheidende Vatikanbank-Chef beklagt Intrigen in der Führungsetage des Vatikans: „Manchmal hat man das Gefühl, dass sich gerade an der Kurie nicht nur die besten Köpfe, sondern auch große Intriganten tummeln“, so Ernst von Freyberg.

Seine Mission sei erledigt, betonte der 55-Jährige in einem Interview mit der deutschen „Bild“-Zeitung (Mittwoch-Ausgabe): „Wir haben 16.300 Kunden geprüft. Die Bank ist jetzt sauber! Das war mein Ziel.“ Er habe 200-mal Anzeige wegen Geldwäscheverdachts gestellt und 3.000 Konten geschlossen. „Damit habe ich mir nicht nur Freunde gemacht.“

„Zweifelhafte Investments“

Kritisch äußerte sich der Deutsche von Freyberg auch zu den Beratern und Anwälten des Vatikan. Er habe „nahezu alle Beratungsverträge bei der Bank gekündigt“, aber manch einer „wittert jetzt natürlich wieder das große Geschäft“. Insgesamt hätten den Papst „zweifelhafte Investments aus der Vergangenheit gut 45 Millionen gekostet“, sagte von Freyberg.

Ernst von Freyberg

Reuters/Tony Gentile

Ernst von Freyberg

Die Gründe für den Abgang des 55-Jährigen nach nur 16 Monaten waren zunächst unklar. Papst Benedikt XVI. hatte ihn im März 2013 ins Amt eingesetzt, damit er in der skandalumwitterten Bank aufräumte. Auf den Einfluss seiner Arbeit auf sein persönliches Verhältnis zur Kirche angesprochen, sagte von Freyberg der „Bild“-Zeitung: „Mein Glaube ist gestärkt! Ich bin stolz, der Kirche dienen zu dürfen.“

Die neue Führungsspitze der Vatikanbank wird am Mittwoch im Vatikan präsentiert. Der scheidende Präsident von Freyberg, sein möglicher Nachfolger Jean-Baptiste de Franssu sowie der Leiter des Wirtschaftssekretariats des Vatikans, Kardinal George Pell, stellen in Rom zudem die Pläne für die neue Finanz- und Wirtschaftsstruktur des Kirchenstaats vor. Dabei wird es auch um die Vatikanbank gehen.Das einst skandalgeplagte Geldhaus soll auch nach dem Abgang des Deutschen weiter reformiert und umgebaut werden.

Haushalt schließt mit Verlust

Der Haushalt des Vatikans schließt für das Jahr 2013 mit einem Defizit von 24.470.549 Euro. Das teilte der Vatikan am Dienstag mit. Der Verlust ergebe sich vor allem aus der Verminderung des Goldwertes, die mit 14 Millionen Euro zu Buche schlage. Größter Ausgabenposten mit 125 Millionen Euro waren laut Mitteilung die Löhne und Gehälter für 2.886 Empfänger.

Der Haushalt des vatikanischen Governatorats, der unabhängig vom Vatikan geführt wird, schloss 2013 mit einem Aktivsaldo von 33.040.538 Euro, zehn Millionen mehr als im Vorjahr. Aus den beiden Bilanzen des Heiligen Stuhls und der Verwaltungsbehörde des Vatikan ergeben sich Überschüsse von knapp zehn Millionen Euro. Zum Jahresende beschäftigte die Verwaltungsbehörde des Vatikan den Angaben zufolge 1.951 Personen. Die Beiträge aus der Weltkirche an den Vatikan entsprachen mit 22.435.359 Euro etwa denen von 2012. Rund 54 Millionen Euro steuerte die Vatikanbank IOR bei.

Die Vatikanbank IOR

Das Governatorat ist der Verwaltungsapparat für die täglichen Amtsgeschäfte im Vatikanstaat. Dessen Leitung liegt in den Händen der Päpstlichen Kommission für den Staat der Vatikanstadt.

Die Vatikanbank trägt den offiziellen Titel Istituto per le Opere di Religione (IOR/Institut für die religiösen Werke). Wichtigstes Organ des Geldinstituts ist eine Kommission aus fünf Kardinälen, die vom Papst bestimmt werden. Diese Kommission ernennt die Mitglieder des Verwaltungsrats. An dessen Spitze stand seit März 2013 von Freyberg. Die Bank hat mittlerweile noch rund 15.500 Kunden. Gegründet wurde die Einrichtung 1942 auf päpstliche Anordnung. Die Ursprünge reichen jedoch zurück bis ins 19. Jahrhundert. Aufgabe der Bank ist nach eigenen Angaben, dem Heiligen Stuhl und ihren Kunden in der katholischen Kirche weltweit zu dienen.

religion.ORF.at/KAP/KNA/dpa

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