Franzose de Franssu neuer Chef der Vatikanbank IOR

Im Vatikan ist am Mittwoch die neue Führungsspitze der Vatikanbank IOR präsentiert worden. Neuer IOR-Chef wird der Franzose Jean-Baptiste de Franssu. Er ersetzt den seit März 2013 amtierenden Ernst von Freyberg.

Der 51-jährige Finanzfachmann De Franssu leitete bisher das auf Fusionen spezialisierte Beratungsunternehmen Incipit in Brüssel. In den IOR-Aufsichtsrat berufen wurden außerdem der Deutsche Clemens Börsig, die US-Amerikanerin Mary Ann Glendon, der Brite Michael Hintze und zwei weitere Laienmitgliedern, deren Namen noch nicht mitgeteilt wurden.

Bischof Alfred Xuereb, Generalsekretär des Wirtschaftssekretariats, wird als Sekretär ohne Stimmrecht im IOR-Aufsichtsrat sitzen. Bischof Battista Ricca bleibt „Prälat“ der Vatikanbank IOR. Der „Prälat“ fungiert in den Sitzungen der Kardinalskommission als Sekretär und nimmt an den Versammlungen des Aufsichtsrates teil, wobei er der Kardinalskommission Bericht erstattet.

„Reformprozess fortsetzen“

Bei einer Pressekonferenz am Mittwoch im Vatikan versprach De Franssu, dass er den Reformprozess fortsetzen werde, wonach das Geldhaus ausschließlich Dienste für die Kirche sicherstellen soll. Sein Vorgänger Ernst von Freyberg werde die Vatikanbank in einer Übergangsphase noch unterstützen.

Franzose Jean-Baptiste de Franssu

Reuters/Eric Vidal

Jean-Baptiste de Franssu wird neuer Vatikanbank-Chef

In den kommenden drei Jahren soll das IOR-Statut überarbeitet und die Aktivitäten der Vatikanbank neu bestimmt werden. Ziel ist, dass sich die Bank zunehmend auf Finanzberatung und Dienstleistungen für den Klerus, Kongregationen, Diözesen und Laienmitarbeiter des Vatikans konzentriert. Die Kardinalskommission zur IOR-Aufsicht, der auch der Wiener Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn, angehört, bleibt im Amt. Die fünfköpfige Kommission wird auf den Zagreber Kardinal Josip Bozanic ausgedehnt, teilte der Vatikan mit.

„Friedlicher Übergang“

„Das IOR erlebt einen friedlichen Übergang. Die erste Phase der Reformen ist unter von Freyberg abgeschlossen worden. Exzellente Schritte sind zur Anpassung an internationale Standards unternommen worden. 18.000 Kundenbeziehungen des IOR wurden überprüft. Unter von Freybergs Führung wurde der Weg für eine neue Phase unter De Franssus Leitung geebnet“, hieß es in einer Presseaussendung des Vatikans.

Wegen seiner „Verpflichtungen“ sei von Freyberg nicht mehr in der Lage, sich ganz dem IOR zu widmen. „Es ist richtig, dass das IOR von einer Person geführt wird, die auf Asset-Management spezialisiert ist, was ich nicht bin“, so von Freyberg bei der Pressekonferenz. Eine Übergabe soll es geben, berichtete die deutsche „Zeit“ in einer Vorabmeldung am Mittwoch: „Ich werde noch zwei Monate hier bleiben, um den Übergang zum neuen Management zu begleiten", sagte von Freyberg. “. Er halte es für „vollkommen verständlich“, dass Papst Franziskus den Posten „mit einem Vertrauten“ besetzen wolle, fügte von Freyberg hinzu, der noch von Papst Benedikt XVI. berufen worden war.

Trotz des massiven Einbruchs bei ihrem Gewinn werde die Vatikanbank auch in diesem Jahr wieder rund 50 Millionen Euro an den Papst überweisen, kündigte von Freyberg an. „Das Geld nehmen wir aus unseren Reserven, die insgesamt etwa 400 bis 450 Millionen Euro groß sind.“ Von Freyberg hatte seit Februar 2013 die von Skandalen geplagte Bank geleitet. Seine Berufung war eine der letzten Entscheidungen des inzwischen emeritierten Papstes Benedikt XVI.

„Totale Transparenz“

Während Freybergs Amtszeit publizierte die umstrittene Vatikanbank erstmals in ihrer Geschichte einen Jahresbericht und erstellte einen Internetauftritt. Alte Geschäftsführer mussten gehen, externe Experten durchforsteten die Konten, die Beziehungen zu mehr als 3.400 Kunden wurden beendet. Mit Stand Ende Juni verwaltete das Institut insgesamt noch sechs Milliarden Euro von 15 495 Kunden, wie die „Zeit“ berichtet. „Es herrscht heute totale Transparenz. Wir haben alle Fälle der Vergangenheit untersucht“, sagte Ernst von Freyberg. „Jeder Kunde, der uns verlässt, wird noch einmal extra überprüft, so dass sichergestellt ist, dass mit dem Geld alles seine Ordnung hat.“

Von Freyberg beklagt Intrigen

Einem anderen Medium gegenüber beklagte scheidende Vatikanbank-Chef indessen Intrigen in der Führungsetage des Vatikans: „Manchmal hat man das Gefühl, dass sich gerade an der Kurie nicht nur die besten Köpfe, sondern auch große Intriganten tummeln“, so Ernst von Freyberg in einem Interview mit der deutschen „Bild“-Zeitung (Mittwoch-Ausgabe) - mehr dazu in Scheidender Vatikanbank-Chef beklagt Intrigen im Vatikan.

Der Leiter des Wirtschaftssekretariats des Vatikans, Kardinal George Pell, stellte am Mittwoch die Pläne für die neue Finanz- und Wirtschaftsstruktur des Kirchenstaats vor. Die einst skandalgeplagte Vatikanbank soll auch nach der Ära des Deutschen von Freyberg weiter reformiert und umgebaut werden.

IOR soll weiter umgebaut werden

„Wir arbeiten, damit internationale Finanzstandards in allen Bereichen des Heiligen Stuhls berücksichtigt werden. Unser Ziel ist substanzielle Transparenz mit jährlichen Berichten über die IOR-Aktivitäten zu garantieren, die extern verfasst werden sollen“, sagte Pell. Auch im Kampf gegen Geldwäsche werde sich das Wirtschaftssekretariat aktiv engagieren. „Unsere Ambition ist zu einem Modell von transparenten Finanzmanagement zu werden“, sagte Pell.

Die Vatikanbank trägt den offiziellen Titel Istituto per le Opere di Religione (IOR/Institut für die religiösen Werke). Wichtigstes Organ des Geldinstituts ist eine Kommission aus fünf Kardinälen, die vom Papst bestimmt werden. Diese Kommission ernennt die Mitglieder des Verwaltungsrats. Die Bank hat mittlerweile noch rund 15.500 Kunden. Gegründet wurde die Einrichtung 1942 auf päpstliche Anordnung. Die Ursprünge reichen jedoch zurück bis ins 19. Jahrhundert. Aufgabe der Bank ist nach eigenen Angaben, dem Heiligen Stuhl und ihren Kunden in der katholischen Kirche weltweit zu dienen.

religion.ORF.at/APA/dpa

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