Sudanesische Christin Ishak nach Italien ausgeflogen

Die im Sudan einer Todesstrafe entgangene Christin Meriam Jahja Ibrahim Ishak ist nach Italien ausgereist. Die 27-Jährige flog am Donnerstag mit ihrer Familie nach Rom. Dort wurde sie auch vom Papst empfangen.

Einer ihrer ersten Wege führte die Familie in den Vatikan zu Papst Franziskus, der sie im Rahmen einer Privataudienz im Gästehaus Santa Marta empfing. Eine halbe Stunde lang unterhielt sich der Papst mit der Christin und ihrer Familie. Der vatikanische Pressesprecher Federico Lombardi berichtete, dass das Treffen „sehr herzlich“ gewesen sei. Der Papst habe sich bei der Frau für ihre Glaubenstreue und ihre Ausdauer bedankt. Mit dem Treffen habe der Papst ein „Zeichen der Nähe zu allen Christen geben wollen, die wegen ihres Glaubens weltweit verfolgt werden“, sagte Lombardi.

Ishaks Reise nach Rom wurde von dem italienischen Außenministerium zusammen mit den Behörden im Sudan organisiert, berichteten italienische Medien am Donnerstag. An Bord des Flugzeuges war auch der stellvertretende italienische Außenminister Lapo Pistelli, der Ishak zuvor in der sudanesischen Hauptstadt Khartum besucht hatte. „Heute ist ein Tag des Feierns“, sagte der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi, der die Familie am Flughafen empfing. Ishak soll einige Tage in Italien bleiben, bevor sie weiter in die USA fliegt.

Ishak war im Juni aus dem Gefängnis freigekommen, nachdem ein Berufungsgericht das Todesurteil gegen sie aufgehoben hatte. Sie war Mitte Mai zum Tod verurteilt worden, weil sie nach sudanesischem Recht durch die Heirat mit einem Christen vom islamischen Glauben abgefallen war.

Internationaler Protest

Die junge Frau wurde außerdem wegen der Hochzeit mit dem Christen, einem aus dem Südsudan stammendem US-Bürger, wegen Ehebruchs zu einhundert Peitschenhieben verurteilt. Der Fall rief weltweit Proteste hervor, u.a. auch in Österreich, wo sich 14 Religionsgemeinschaften beim sudanesischen Botschafter für die Freilassung eingesetzt hatten. Dieses Anliegen war auch Inhalt einer Petition, die von über drei Millionen Menschen weltweit unterschrieben wurde.

Meriam Jahja Ibrahim Ishak steigt mit ihren Kindern und dem italienischen Außenminister aus einem Flugzeug

Reuters/Remo Casilli

Meriam Jahja Ibrahim Ishak bei der Ankunft in Rom

Laut der sudanesischen Auslegung des islamischen Rechts der Scharia darf eine Muslimin keinen Christen heiraten. Tut sie es dennoch, wird dies als außereheliche Beziehung gewertet. Ishak wurde von ihrer äthiopischen Mutter im christlich-orthodoxen Glauben erzogen, nachdem ihr muslimischer Vater die Familie verlassen hatte, als sie fünf Jahre alt war. Im Sudan gelten Kinder eines muslimischen Vaters jedoch automatisch als Muslime, der Übertritt zu einem anderen Glauben ist verboten. Nach Angaben der römisch-katholischen Erzdiözese von Khartum trat Ishak kurz vor ihrer Heirat zum Katholizismus über.

Schwierige Lage für Christen seit Unabhängigkeit

Im Sudan haben, vor allem seit der Unabhängigkeit des Südsudan, die Repressionen gegen Christen deutlich zugenommen. So ist es beispielsweise nicht mehr möglich, neue Kirchen zu errichten. Dieser Tage hat in Khartum der Minister für religiöse Angelegenheiten, Shalil Abdullah, verkündet, dass für derartige Bauvorhaben keine Genehmigungen mehr erteilt würden.

Die Entscheidung begründet die Regierung um den seit 1989 herrschenden islamistisch-fundamentalistischen Präsidenten Omar Hassan Ahmad al-Bashir (70) damit, dass sich die Zahl der Christen in der Republik Sudan, wo der Islam Staatsreligion ist, seit der Abspaltung des Südsudan im Juli 2011 stark verringert habe.

Im früheren Gesamtsudan gab es eine etwa fünfprozentige christliche Minorität, die überwiegend im Süden lebte. Die meisten Christen sind Katholiken; im Süden befinden sich daher auch sieben der insgesamt neun Diözesen. Trotz der Teilung des Landes blieb die Sudanesische Bischofskonferenz vereint.

Christen als „Illegale“

Der südsudanesische Bischof Eduardo Hiiboro Kussala bezeichnete die Lage der Christen unter den gut 38 Millionen Einwohnern im Norden als besorgniserregend. Bischöfe, Priester und Katholiken lebten seit der Unabhängigkeit der Republik Südsudan praktisch wie Illegale, erklärte der Bischof von Tambura-Yambio bei einem Besuch am Sitz des internationalen Hilfswerks „Kirche in Not“ in Königstein/Taunus, wie der römische „Fides“-Dienst meldete.

Dies stehe im Widerspruch zur Verfassung, die allen Bürgern gleiche Rechte einräume. Bischöfe und Kleriker erhielten von den Behörden keine ausreichenden Papiere. Sie könnten zwar ihr Land verlassen, sie müssten jedoch damit rechnen, an der Wiedereinreise gehindert zu werden.

Vielfältige Repressalien

Mit vielfältigen Repressalien unternimmt Khartum nach Darstellung von Bischof Kussala alles, um die Kirche zum Schweigen zu bringen. Seit 2011 würden Bürger südlicher Herkunft gezwungen, nach Südsudan zu gehen. Zwar könnten die Christen im Norden ungehindert die Gottesdienste besuchen, im Alltag aber würden sie als Bürger zweiter Klasse behandelt, und es sei ihnen unmöglich, sich auf ihre Religions- und Gewissensfreiheit zu berufen.

Der Altbischof der Diözese El Obeid, Macram Max Gassis, hat indes mehr internationale Aufmerksamkeit für den Sudan eingefordert, da diese durchaus „Leben retten“ könne. Die von der Regierung verordnete Assimilierung der Christen im Land an arabische Traditionen sei auf die Zerstörung von Identität ausgerichtet, „eine Form von Genozid und ethnischer Säuberung“, wie der Bischof betonte.

Immer wieder würden Menschen gezwungen, zum Islam überzutreten, durch psychische und auch körperliche Folter, manchmal sogar durch Kreuzigungen. Der Friedensprozess, den die Regierung in Khartum absichtlich verzögere und als „Monolog“ führe, könne ebenso wie die Etablierung der Menschenrechte nur durch genügend Druck und Unterstützung aus dem Ausland wieder in Gang gesetzt werden.

religion.ORF.at/APA/KAP/dpa

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