IKG nach Platzsturm in Bischofshofen: „Es ist genug!“

Die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) hat angesichts der Ausschreitungen bei einem Fußball-Freundschafsspiel in Bischofshofen vor zunehmendem Antisemitismus im Zusammenhang mit dem Gaza-Konflikt gewarnt.

„Die Aktionen gefährlicher, rassistischer Palästinenserfreunde gegen eine in Österreich trainierende israelische Fußballmannschaft mit jüdischen und muslimischen Spielern in Bischofshofen haben gezeigt, dass alle roten Linien, die demokratische Meinungsäußerung von Hetze trennen längst überschritten sind“, heißt es in einer Aussendung der IKG am Donnertag. Der Vorfall sei „beschämend“ für Österreich.

Der Konflikt im Gazastreifen hatte am Mittwoch in Bischofshofen zu Ausschreitungen bei einem internationalen Freundschaftsspiel geführt. Das Fußballmatch zwischen dem französischen Oberhausclub OSC Lille und dem israelischen Verein Maccabi Haifa wurde in der 85. Minute beendet, nachdem Zuseher mit palästinensischen Flaggen auf das Feld gestürmt waren und Spieler attackiert hatten.

Deutsch: Antisemitismus „im Keim ersticken“

Die IKG wies in ihrer Aussendung auch auf antisemitische Hetze bei Demonstrationen am vergangenen Wochenende in Wien hin. Durch „das Zeigen von Hakenkreuzen und den Ruf nach der Zerstörung Israels“ seien „einmal mehr die Grenzen der Toleranz überschritten“ worden.

IKG-Präsident Oskar Deutsch fordere daher Exekutive und Politik auf, hier mit aller Strenge vorzugehen. „Es kann nicht sein, dass Gruppen und Vereine Österreich als Bühne für ihre Parolen der Intoleranz missbrauchen“, so Deutsch laut der Aussendung. „In Frankreich, wo es schon zu massiven Ausschreitungen gegen jüdische Einrichtungen kam, konnte diesen Entwicklungen leider nicht rechtzeitig ein Riegel vorgeschoben werden. Wir dürfen es keinesfalls verabsäumen, dass solche Entwicklungen in Österreich bereits im Keim erstickt werden.“

Politik verurteilt Angriffe scharf

Neben Deutsch äußerten sich am Donnerstag auch zahlreiche Politiker zu den Vorfällen in Bischofshofen. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ), Innenministerin Johann Mikl-Leitner und Außenminister Sebastian Kurz (beide ÖVP) verurteilten die Geschehnisse „aufs Schärfste“. FPÖ-Parteichef Heinz-Christian Strache forderte eine genaue Untersuchung.

„Gäste, die sich in Österreich aufhalten, haben das Recht, das in Sicherheit zu tun - unabhängig von ihrer Herkunft und ihrer religiösen Zugehörigkeit“, erklärte der Bundeskanzler. „Übergriffe auf Sportler, die ihre Saisonvorbereitung in Österreich absolvieren, sind absolut nicht zu tolerieren. Österreich steht für ein friedliches Miteinander aller Religionen. Das soll auch in Zukunft so sein.“

Ins selbe Horn stieß die Innenministerin: "Konflikte aus anderen Ländern nach Österreich zu tragen ist absolut inakzeptabel. „Ich habe immer betont, dass die Grenze zwischen der Gewalt der Worte und körperlicher Gewalt fließend ist. In Bischofshofen wurde diese Grenze mehr als überschritten.“ Mikl-Leitner bedankte sich bei den Einsatzkräften, die durch ihr „rasches und kompetentes Einschreiten“ Schlimmeres verhindert hätten.

Strache: „Null-Toleranz gegenüber Islamismus“

Auch Außenminister Kurz verurteilte die tätlichen Angriffe in aller Deutlichkeit. „Ich fordere eine vollständige Aufklärung dieser Vorfälle. Die Täter müssen zur Rechenschaft gezogen werden, denn in Österreich darf es gegenüber religiös oder antisemitisch motivierter Gewalt absolut Null-Toleranz geben. Auch wenn der Nahost-Konflikt berührt, darf dieser Konflikt nicht nach Österreich getragen werden.“ Kurz hob hervor, dass das Zusammenleben diverser Religionsgruppen in Österreich bis jetzt gut funktioniere. Das sei ein langer und schwieriger Weg, der nicht gefährdet werden dürfe.

FPÖ-Chef Strache forderte „Null-Toleranz gegenüber radikalem Islamismus in Österreich“. Die Vorfälle beim gestrigen Fußballspiel bezeichnete er als einen Skandal. Österreich sei ein neutrales Land, das eine geschichtliche Verantwortung gegenüber Israel habe und daher besonders sensibel mit antisemitischen Vorfällen wie diesem umgehen müsse. „Ich richte auch einen Appell an die SPÖ und die Grünen, die aufgrund der mangelnden Zustimmung bei der autochthonen Bevölkerung, immer mehr auf die Stimmen der muslimischen Zuwanderer schielen, sich hier klar auf die Seite des Rechtstaates zu stellen.“

Glawischnig: Kein Platz für Judenfeindlichkeit

Betroffen zeigte sich Grünen-Chefin Eva Glawischnig. „Antisemitismus ist offensichtlich noch immer alltägliche Realität, der nun unter dem Vorwand des aktuellen Nahostkonflikts neue Nahrung bekommt. In unserer Gesellschaft darf Judenfeindlichkeit keinen Platz haben - nicht in einem europäischen Land und schon gar nicht in Österreich. Anstatt zu Verhetzen und gegeneinander aufzutreten, sollten wir uns in Österreich gemeinsam friedlich für Waffenruhe und ein Ende des Blutvergießens im Gaza einsetzen.“

„Volle Aufklärung“ von den österreichischen Behörden forderte der Club der Freunde Israels (CdFI). „Für uns ist die Grenze der Toleranz erreicht. Es ist völlig inakzeptabel, dass bei uns in Österreich israelische Staatsbürger angegriffen werden, gleichgültig ob am oder abseits des Fußballfeldes“, sagte CdFI-Sprecher Daniel Kapp. „Sehr besorgt“ und „erschüttert“ zeigte sich auch der Präsident der Österreichisch-Israelischen Gesellschaft (ÖIG), Richard Schmitz. Gemeinsam mit anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen habe man für 26. Juli eine Kundgebung gegen den isalmistischen Al-Quds-Tag in Wien organisiert, der vom Iran weltweit zur Beseitigung Israels inszeniert werde, so die ÖIG.

Freundschaftsspiel musste abgebrochen werden

Laut Polizei waren am Mittwoch rund 20 Personen mit palästinensischen und türkischen Fahnen in Bischofshofen auf das Spielfeld gelaufen und hatten Parolen mit Bezug auf den Gazakonflikt geschrien. „Es war ein Tumult am Spielfeld. Vorrangig sind israelische Spieler attackiert worden“, sagte Polizei-Sprecher Ortwin Lamprecht am Donnerstag zur APA. Das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) wurde eingeschaltet.

In den vergangenen Tagen war es auch in anderen europäischen Ländern im Zuge von Demonstrationen gegen Israels Vorgehen im Gaza-Konflikt zu antisemitischen Parolen und Handlungen gekommen - mehr dazu in Nahost-Konflikt: Antisemitismus bei Demos in Europa und Gauck und Merkel kritisieren Antisemitismus bei Demos.

religion.ORF.at/APA

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