Kirchen gegen IS-Terror: „Das ist nicht Stimme Gottes“

Österreichs orientalische Christen haben am Sonntagabend bei einem Solidaritätsmarsch in Wien gegen die anhaltende Gewalt durch die islamistische Terrororganisation Islamischer Staat (IS) im Irak protestiert.

„Im Orient fordern laute Stimmen zum Dschihad auf. Doch das ist nicht die Stimme Gottes“, sagte der syrisch-orthodoxe Chorbischof Emmanuel Aidin bei der Kundgebung. Gleichzeitig kritisierte er aber auch die Untätigkeit ausländischer Akteure im Nordirak.

Rund tausend Menschen nahmen an dem Protest in der Wiener Innenstadt teil, darunter auch alevitische und kurdische Gruppen. „Mord, Erpressung, Vertreibung“ markieren nach der Einnahme der altchristlichen Gebiete das Geschehen, so Bischof Aidin. Zu IS sagte er: „Diese Sunniten sind islamische Terroristen.“ Ihr Ziel sei die Wiedererrichtung des einstigen Osmanischen Reiches im Zeichen eines Islam nach ihrer Vorstellung.

„Auch Spanien und Österreich stehen auf der Karte dieses Kalifats“, warnte der Geistliche. Dennoch: „Die Politiker des Westens schweigen. Wieso werden die Christen im Orient den Islamisten ausgeliefert? Welche Rolle spielen die Türkei, die EU, die USA? Eine unrühmliche.“

„ISIS stoppen, Christen retten“

Zu dem Protestmarsch hatte die Union Orientalischer Christen aufgerufen, ein Bündnis von 13 orientalischen Gemeinschaften in Österreich, unter ihnen Assyrer, Chaldäer, Armenier, Kopten, Maroniten und Melkiten. An der Spitze des Zuges marschierten kleine Kinder, die Kreuze und Plakate mit der Aufschrift „ISIS stoppen, Christen retten“ trugen, sowie christliche Würdenträger. Viele Teilnehmer hielten Schilder mit dem Buchstaben N („nun“ auf Arabisch) in Erinnerung an den Überfall der IS-Kämpfer, die Christenhäuser mit „N“ (für „Nazarener“, d.h. Christen in Anlehnung an Jesus von Nazareth) gekennzeichnet hatten.

Auf Transparenten hieß es „Ich bin Nazarener“, „Wir sind Christen“, „Stoppt den Genozid“ und „Die verwundete Menschheit schreit“. Auch der beiden in Syrien im Vorjahr verschleppten Bischöfe von Aleppo wurde gedacht. Aktionen des Westens wurden eingefordert: „Schau nicht weg, Europa“. Mit Sprechchören - „Stoppt die ISIS, stoppt den Genozid!“ und „Wir sind Christen“ - sowie Gesängen in Arabisch und Aramäisch, der Sprache Christi - zogen die Menschen von der Staatsoper über Seilergasse und Graben zum Stephansplatz, wo vor dem Churhaus die Schlusskundgebung stattfand.

Auch Muslime zeigen sich solidarisch

Weihbischof Franz Scharl rief als Vertreter der katholischen Kirche und der Erzdiözese Wien zur Solidarität „mit den Brüdern und Schwestern im Orient“ auf. Die Verantwortungsträger, namentlich die Organe der Vereinten Nationen, forderte Scharl zum Handeln für die verfolgten religiösen Minderheiten auf. Applaus erntete der geistliche Vertreter der Griechisch-Orthodoxen für seine Worte „Allah ist groß - aber nur für die Guten, nicht für Mörder“.

Neben den christlichen Kirchen zeigten sich auch Vertreter der muslimischen Bevölkerung Österreichs solidarisch mit den Verfolgten im Irak. Unter anderem waren die Islamische Glaubensgemeinschaft (IGGiÖ), die Islamisch-Alevitische Glaubensgemeinschaft (ALEVI), die Türkische Kluturgemeinde sowie Sympathisanten der Kurden-Parteien PYD (Syrien) und PKK (Türkei) vertreten.

religion.ORF.at/KAP

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