Pilgern: Frankenweg soll Jakobsweg Konkurrenz machen

Der Frankenweg, der mittelalterliche Pilgerweg vom englischen Canterbury nach Rom, erlebt in Italien seine Wiedergeburt. Immer mehr Menschen aus ganz Europa wandern auf der rund 2.000 km langen Strecke in die „Ewige Stadt“.

Die Via Francigena führt vom englischen Bischofssitz nach Frankreich und dann über Reims, Besancon, Lausanne, durch das Aosta-Tal und Siena bis zur Grabstätte der Apostel Petrus und Paulus in Rom. Der Weg gehörte zu den drei großen Routen, die Christen nach Rom, Santiago de Compostela und Jerusalem führten.

Erstmals wurde die Via Francigena in den Aufzeichnungen Sigerichs des Ernsten, Erzbischofs von Canterbury, im Jahr 994 beschrieben. Er pilgerte 990 nach Rom, um dort die Bischofswürde zu erhalten und machte genaue Aufzeichnungen über die Reise und deren Stationen. Die Via Francigena war auch eine wichtige Route während der Kreuzzüge mit Rom als Zwischenstation auf dem Weg ins umkämpfte Jerusalem. Ihren religiös-kulturellen und wirtschaftlichen Höhepunkt erreichte die Straße während des Hoch- und Spätmittelalters, als sie dazu diente, Italien mit dem Rest Europas zu verbinden.

Frankenweg

Franz Felbermair

Auf dem Frankenweg

Orden bieten Herbergen an

20.000 Pilger wurden im vergangenen Jahr auf der italienischen Strecke der Via Francigena gezählt, die im Aostatal beginnt und bis nach Rom sieben Regionen durchquert. In den ersten Monaten 2014 hat sich die Zahl gegenüber dem Vergleichszeitraum 2013 verdoppelt. Die am besten gerüstete Region ist die Toskana, wo Ordensgemeinschaften Schlafplätze in Herbergen anbieten.

Entlang der Via Francigena, die als eine der ersten großen Straßen Europas gilt und die auch ein wichtiger Handelsweg war, können Pilger eine Fülle von Baudenkmälern, Ruinen und Palästen bewundern. Sinnsuchende, Powerwalker und Biker treten den langen Marsch an. „Die Wanderung ist ein Weg, um nachzudenken, in Kontakt mit der Natur zu kommen und neue Menschen kennenzulernen“, meinte Massimo Tedeschi, Präsident des Verbands zur Förderung des Frankenwegs.

Frankenweg

Franz Felbermair

Die Wanderung als „ein Weg, um nachzudenken“

Pilgerwege boomen

Ein Fünftel der Pilger sind junge Menschen unter 30, vor allem Studenten und Pfadfinder. Italiener, Spanier, Franzosen und Engländer trifft man am häufigsten auf der Via Francigena. Viele haben bereits Erfahrung mit dem Jakobsweg in Nordspanien.

„In den letzten Jahren erleben Pilgerwege einen Boom. Positiv war die Initiative des Europarates, der europäische Wanderwege fördert, zu der auch die Via Francigena gehört. Auch Papst Franziskus hat den Pilgerwanderungen neue Impulse gegeben“, so Tedeschi. Ziel seines Verbands ist es, die Via Francigena immer besser zu beschildern und sie mit billigen Herbergen auszustatten. Auch mit Büchern und Artikeln soll das Interesse geweckt werden.

Süditalien springt auf Pilgertrend auf

Auf den Spuren der Kreuzritter entdeckt inzwischen auch Süditalien seine Pilgerwege neu. Nach dem Modell des Frankenwegs wollen auch die süditalienischen Regionen die Routen wieder aufwerten, die Kreuzritter und Pilger im Mittelalter beschritten, um das Heilige Land zu erreichen. „Von Rom nach Jerusalem, der Frankenweg des Südens“ heißt das Projekt, mit dem die via Appia Antica neu entdeckt werden soll, die Rom mit der apulischen Hafenstadt Brindisi verband.

Rompilgerkarte des Erhard Etzlaub (1462 bis 1532)

Public Domain

Rompilgerkarte des Erhard Etzlaub, um 1500

Brindisi war das Tor in Richtung Orient. Hier bestiegen Pilger, Kreuzritter und Kaufleute die Schiffe, die sie nach Jerusalem brachten. Der Pilgerweg soll mit Hilfe von Privatsponsoren zu neuem Leben erwachen. Geplant ist auch die Restaurierung der alten via Micaelica in Apulien, wo sich das Sanktuarium zu Ehren des Erzengels Michael befindet. Dieses war eine wichtige Etappe der Pilger, die von Norditalien ins Heilige Land wollten.

religion.ORF.at/APA

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