Papst ruft in Südkorea zu Dialog und Solidarität auf

Zu Beginn seiner Koreareise hat Papst Franziskus die politische Führung in Südkorea zum Dialog mit dem kommunistischen Regime im Norden des geteilten Landes aufgerufen. Er war am Donnerstagvormittag in Seoul eingetroffen.

In einer Rede im Präsidentenpalast ermutigte er zu „Bemühungen um Versöhnung und Stabilität“. Seine Zuhörer waren rund 200 Politikern und Diplomaten mit Präsidentin Park Geun Hye an der Spitze. Franziskus sprach auch die Problematik eines einseitig auf Leistung und Konkurrenz aufgebauten Wirtschaftsmodells an und rief die Koreaner zu mehr Solidarität und Fairness auf. Zum ersten Mal seit seinem Amtsantritt im März 2013 hielt der Papst eine Ansprache auf Englisch.

Papst Franziskus wird von Südkoreas Staatspräsidentin Park Geun-hye begrüßt.

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Papst Franziskus mit Südkoreas Staatspräsidentin Park Geun Hye

Friede nicht durch „gegenseitige Schuldzuweisungen“

Friede könne nicht durch „gegenseitige Schuldzuweisungen, unfruchtbare Kritik und Zurschaustellung von Macht“ erreicht werden, so der Papst in seiner Rede im Präsidentenpalast in Seoul. Notwendig seien vielmehr „ruhiges Zuhören“ und Dialog. Vergangenes Unrecht dürfe nicht totgeschwiegen, sondern müsse durch Vergebung, Toleranz und Zusammenarbeit überwunden werden. Ein dauerhafter Frieden in Korea trage zur Stabilität in der Region sowie der „ganzen kriegsmüden Welt“ bei, erklärte Franziskus.

Franziskus forderte in seiner Ansprache zudem eine offene und demokratische Auseinandersetzung mit sozialen Problemen in Südkorea. Die Erfahrung lehre, dass sich in einer zunehmend globalisierten Welt das Verständnis von Gemeinwohl, Fortschritt und Entwicklung letztlich an menschlichen und nicht an rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten orientieren müsse.

Besonderes Interesse für Arme

Angesichts von „politischen Spaltungen, Mangel an wirtschaftlicher Fairness und Sorgen um den verantwortungsvollen Umgang mit der natürlichen Umwelt“ müsse die Stimme jedes Gliedes der Gesellschaft gehört werden, so der Papst in seiner Ansprache weiter.

Papst Franziskus trifft Südkoreas Bischöfe

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Papst Franziskus trifft Südkoreas Bischöfe

Ebenso wichtig sei es, dass den Armen, den Gefährdeten und denen, die keine Stimme hätten, ein besonderes Interesse entgegengebracht wird - „und zwar nicht nur, indem man ihren unmittelbaren Bedürfnissen entgegenkommt, sondern auch indem man ihnen in ihrer menschlichen und kulturellen Weiterentwicklung beisteht“, so Franziskus wörtlich. Er äußerte die Hoffnung, dass die Demokratie in Südkorea, das von 1961 bis 1987 eine Militärdiktatur war, weiter gestärkt werde.

Präsidentin: Auch Nichtkatholiken freuen sich

Südkoreas Staatspräsidentin Park Geun-hye hatte den Besuch zuvor in ihrer Begrüßungsansprache als Ausdruck der guten Beziehungen zwischen Südkorea und dem Vatikan bezeichnet. Auch die Nichtkatholiken in Südkorea freuten sich über den Besuch des Papstes, so Park.

Zuvor hatte Franziskus auf dem Flug als erster Papst der Geschichte chinesischen Luftraum durchquert. Dabei richtete er eine Grußbotschaft an Staatspräsident Xi Jiping. Er wünschte Xi und der Bevölkerung Chinas die „göttlichen Segnungen des Friedens und des Wohlbefindens für die Nation“.

Priester Heo Young Yeop vom Organisationskomitee äußerte sich kritisch. Der Anlass für die Papstreise ist der Asiatische Jugendtag. Allerdings könnten an der Veranstaltung anstatt 200 Gläubigen nur 60 Gläubige aus China teilnehmen. „Wir sind etwas enttäuscht“, sagte Heo Young Yeop. Er konnte allerdings Berichte nicht bestätigen, dass einige der Gläubigen vor ihrer Abreise aus China abgehalten worden waren.

Grußbotschaft an Österreich

Auf seinem Weg nach Südkorea richtete der Papst vom Flugzeug aus einen Gruß an Bundespräsident Heinz Fischer. Franziskus überflog Österreich auf dem Weg nach Seoul. In englischer Sprache richtete er seine Wünsche an „His Excellency Heinz Fischer, President of the Republic of Austria“, wie die Nachrichtenagentur Kathpress berichtete. Es ist üblich, dass der Papst den Ländern, in deren Luftraum er eintritt, eine Grußbotschaft sendet.

Papst Franziskus posiert für ein Foto mit einer koreanischen Journalistin

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Auf dem Flug posierte Franziskus für ein Foto mit einer koreanischen Journalistin

Es ist die dritte Auslandsreise von Papst Franziskus. Im August 2013 hatte er in Rio de Janeiro am Weltjugendtag teilgenommen. Vom 24. bis 26. Mai unternahm er eine Pilgerreise ins Heilige Land und die jordanische Hauptstadt Amman. Seit 25 Jahren reist nun erstmals ein Papst nach Südkorea. Anlass ist der VI. Asiatische Jugendtag, der seit Mittwoch mit 6.000 Teilnehmern aus 22 Ländern im Wallfahrtsort Solmoe stattfindet.

Katholiken: Wachstum in Asien

Franziskus will mit den jungen Katholiken am Freitag zusammentreffen und am Sonntag den Schlussgottesdienst mit ihnen feiern. In Südkorea sind knapp elf Prozent der Bevölkerung katholisch. Die Kirche verzeichnet in Asien ein beträchtliches Wachstum.

Die Papst-Reise nach Südkorea:

14. August: Treffen mit der Staatsführung Südkoreas im „Blauen Haus“ in Seoul

15. August: Messe zu Mariä Himmelfahrt in Daejeon

16. August: Seligsprechungsmesse in Seoul

17. August: Abschlussmesse des Asiatischen Jugendtages in Haemi

18. August: Messe für Frieden und Versöhnung in Seoul

Am späteren Nachmittag traf der Papst am Sitz der Koreanischen Bischofskonferenz ein. Den Vorsitz unter den 35 Bischöfen des Landes führt Peter Kang U-il (68), Bischof von Jeju im Süden des Landes. Zugegen sind laut Programm auch der Erzbischof von Seoul, Kardinal Andrew Yeom Soo Jung (70), der erst im Februar die Kardinalswürde von Franziskus erhielt, und dessen Vorgänger Kardinal Nicholas Cheong Jin-Suk (82).

Höchste Sicherheitsstufe

Während des Papst-Besuches herrscht die höchste Sicherheitsstufe außerhalb des Kriegsrechts in der Zehn-Millionen-Stadt Seoul. Ähnliche Maßnahmen gab es laut koreanischen Medien zuletzt beim G20-Gipfel vor vier Jahren. Die Zeitung „Chosun Ilbo“ zitierte einen Polizeibeamten, es sei „extrem selten“, dass ein hoher Würdenträger gepanzerte Fahrzeuge und Splitterwesten ablehne. Franziskus lässt sich in einem Minivan vom Typ Kia Soul chauffieren.

Papst Franziskus fährt Richtung Seoul

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Papst Franziskus unterwegs nach Seoul

Sorgen bereitet den Sicherheitsverantwortlichen auch die Vorliebe des Papstes für direkten Kontakt mit der Menge. Am Samstag feiert Franziskus am historischen Gwanghwamun-Tor im Zentrum eine Seligsprechungsmesse für 124 koreanische Märtyrer. Zu der Feier sind 170.000 Teilnehmer zugelassen. Der Papst wird gegen 9.00 Uhr ankommen und um 12.30 Uhr in sein Quartier in der Vatikanbotschaft zurückkehren. Es sei beispiellos, dass sich ein hoher ausländischer Gast so lange bei einer Veranstaltung im Freien aufhalte, sagte ein Polizeibeamter laut „Chosun Ilbo“.

religion.ORF.at/KAP/dpa

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