Papst ruft Süd- und Nordkorea zur Versöhnung auf

Papst Franziskus hat zum Abschluss seiner Südkorea-Reise zur Versöhnung zwischen den beiden verfeindeten koreanischen Staaten aufgerufen. Beide müssten erkennen, dass „alle Koreaner Brüder und Schwestern“ seien.

In dem Gottesdienst „für Frieden und Versöhnung“ in der Kathedrale der Hauptstadt forderte Franziskus „neue Gelegenheiten zum Dialog, zur Begegnung und zur Überwindung von Gegensätzen“. Alle Koreaner seien „Glieder einer Familie“, so der Papst am Montag in Seoul. Zugleich ermahnte Franziskus die Südkoreaner dazu, der notleidenden Bevölkerung des Nordens mit „anhaltender Großzügigkeit“ humanitäre Hilfe zu leisten.

Zu der Messe in der Myeong-dong Kathedrale waren auch Katholiken aus Nordkorea eingeladen. Das kommunistische Regime in Pjöngjang hatte ihnen jedoch die Ausreise verwehrt. Unter den rund 1.000 Gottesdienstbesuchern im Inneren der Kathedrale war auch Südkoreas Staatspräsidentin Park Geun-hye.

Die Messe sei in erster Linie ein Gebet um Versöhnung „innerhalb der koreanischen Familie“, so Franziskus in seiner Predigt. Das koreanische Volk blicke auf sechzig Jahre Erfahrung „mit Teilung und Konflikt“ zurück. Alle Christen müssten jenen Tag vorbereiten, an dem Korea sich „an Gottes überreichem Segen der Harmonie und des Friedens“ erfreuen werde.

Mahnmal für den Frieden

Nach dem Betreten der Kathedrale verweilte der Papst kurz vor einem neu errichteten „Bildnis für Frieden und Wiedervereinigung“. Eine Dornenkrone aus Stacheldraht von der Demarkationslinie zwischen Nord- und Südkorea erinnert hier künftig an die Teilung des Landes. Über der Dornenkrone steht eine Figur der „Gottesmutter von Fatima“, ein Symbol der Kathedrale im nordkoreanischen Pjöngjang.

Vor dem Gottesdienst begrüßte Franziskus zudem in der Kathedrale einige Frauen, die während der japanischen Besatzung Koreas bis 1945 zur Prostitution gezwungen wurden. Während der Messe trug er auf seinem weißen Gewand einen gelben Schmetterling, das Erkennungszeichen der ehemaligen sogenannten „Trostfrauen“, das ihm eine der Teilnehmerinnen zuvor angesteckt hatte.

Papst Franziskus verabschiedet sich winkend von Seoul

Reuters/Kim Hong-Ji

Papst Franziskus am Ende seines Besuchs in Südkorea

Während seines fünftägigen Besuchs in Südkorea hatte Franziskus mehrfach für einen Dialog zwischen Seoul und Pjöngjang geworben. Am Tag seiner Ankunft hatte Nordkorea fünf Mittelstreckenraketen über dem chinesischen Meer getestet. Am Montag begann das jährliche gemeinsame Manöver der südkoreanischen und US-amerikanischen Streitkräfte. Insgesamt 80.000 Soldaten üben darin zwei Wochen die Abwehr eines etwaigen Militärschlags von nordkoreanischer Seite.

Versöhnung braucht „Wandel des Herzens“

Das biblische Beispiel des Volkes Israel zeige, dass Gott ein „durch Unheil und Spaltung zerstreutes Volk“ wieder zu Einheit und Wohlstand führen könne, erklärte der Papst weiter. Versöhnung, Einheit und Frieden seien Gaben Gottes. Sie erforderten jedoch auch einen „Wandel des Herzens“. „Ich bitte euch, zu Hause, in euren Gemeinden und auf allen Ebenen nationalen Lebens ein überzeugendes Zeugnis für Christi Botschaft von der Vergebung abzulegen“, so der Papst wörtlich.

An die koreanischen Christen appellierte Franziskus, „die Qualität ihres eigenen Beitrags zum Aufbau einer wirklich gerechten und menschlichen Gesellschaft zu überprüfen“. Sie müssten eine Mentalität verwerfen, die durch Argwohn, Konfrontation und Konkurrenzdenken geprägt sei und eine Kultur zu entwickeln, die vom Evangelium und den edelsten traditionellen Werten des koreanischen Volkes geprägt sei.

Begegnung mit Religionsvertretern

Unmittelbar vor dem Versöhnungsgottesdienst in der Kathedrale Seouls war Papst Franziskus Montagfrüh mit führenden Vertretern des Buddhismus und Konfuzianismus sowie der christlichen Kirchen in Südkorea zusammengetroffen. Mit dabei war das Oberhaupt der größten buddhistischen Vereinigung des Landes, des Jogye-Ordens, Ja Seung, sowie der Vorsitzende der Vereinigung der traditionellen Religionen Koreas, Han Yang-won, und der Vorsitzende der konfuzianischen Vereinigung Sungkyunkwan in Korea, Seo Jeong-gi.

Papst Franziskus mit Südkoreanischen Religionsvertretern

Reuters/Jung Yeon-je

Papst Franziskus mit südkoreanischen Religionsführern

Auf christlicher Seite waren Orthodoxe, Lutheraner, Anglikaner und evangelische Freikirchen vertreten. Der Papst begrüßte die Repräsentanten am letzten Tag seiner Südkorea-Reise persönlich und wechselte einige Worte mit ihnen. „Wir sind alle Brüder, lasst uns zusammen als Brüder vor Gott gehen“, sagte Franziskus in einem kurzen Grußwort am Sitz der Diözesanverwaltung von Seoul.

Die interreligiöse Begegnung sowie die Messe für den Frieden bildeten die beiden letzten Programmpunkte der fünftägigen Südkorea-Reise des Papstes. Im Anschluss trat Franziskus die Rückreise nach Rom an. Auf dem Flughafen von Seoul wurde er von Ministerpräsident Jung Hong-won verabschiedet. Der Papst wird am Montagabend gegen 17.45 Uhr in Rom zurückerwartet.

religion.ORF.at/KAP

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