Budapest: Kardinal würdigt Paneuropa-Picknick 1989

In Ungarn, Deutschland und Österreich wird am Dientag der 25. Jahrestag des Paneuropa-Picknicks gefeiert. Das Paneuropa-Picknick wird als Start zum Fall des Eisernen Vorhangs gesehen.

Der Event vom 19. August 1989, bei dem die Paneuropa-Bewegung und der Malteser-Hilfsdienst eine wesentliche Rolle spielten, war mit der behördlich stillschweigend geduldeten Massenflucht von 680 DDR-Bürgern von Sopronköhida (Westungarn) nach St. Margarethen (Burgenland) verbunden.

In der Budapester „Malteser-Pfarre“ Zugliget fand am Wochenende ein Gedenken statt, bei dem Primas-Kardinal Peter Erdö die Festmesse hielt. Dabei betonte er die historische Dimension der damaligen Ereignisse.

25 Jahre Ungarischer Malteser Hilfsdienst MMSZ

Die Feiern waren mit dem Jubiläum „25 Jahre Ungarischer Malteser Hilfsdienst MMSZ“ verbunden. Als Verein gegründet worden war der MMSZ allerdings bereits im Februar 1989 von Pfarrer P. Imre Kozma und der deutschen Staatsbürgerin Csilla Freifrau von Böselager.

Binnen kürzester Zeit entwickelte sich der MMSZ zur größten und erfolgreichsten karitativen Organisation in Osteuropa; mehrere Tausend DDR-Bürger waren vom MMSZ versorgt worden ebenso wie später Tausende Menschen im benachbarten Rumänien.

Stacheldraht des ehemaligen Grenzzauns zw. Österreich und Ungarn mit Trabi

APA/Georg Hochmuth

Stacheldraht des ehemaligen Grenzzauns zw. Österreich und Ungarn mit Trabi

MMSZ-Vizepräsident Miklos Vecsei sagte in einem Interview mit der katholischen Zeitung Magyar Kurir, es gelte auch heute „das Wunder der Brotvermehrung zu vollziehen“.

Am Rande einer zweitägigen Veranstaltungsreihe zur Erinnerung an die Eröffnung des Notaufnahmelager für DDR-Flüchtlinge im August 1989 sprach Vizepräsident Vecsei über Anfänge, Aufgaben und Prinzipien der karitativen Organisation. Christentum sei nicht nur eine Theorie, sondern auch tatkräftige Liebe.

Den ersten Beweis hierfür habe der frisch gegründete Hilfsdienst mit der Eröffnung des Aufnahmelagers für DDR-Flüchtlinge erbringen können. In einigen Wochen sei der Verein zu einem europaweit bekannten Hilfswerk geworden.

Hilfe vor Ort

Ständiges Leitmotiv des MMSZ sei, den Menschen beizubringen, dass man Menschen in Not nur an Ort und Stelle helfen könne. Dies betreffe auch die Inlandshilfe, so Vecsei weiter. Man müsse zum Beispiel auf einen Obdachlosen mit viel Liebe und Einfühlungsvermögen zugehen. Genauso wichtig sei es, „das Elend dieser Notleidenden den Mitmenschen begreiflich zu machen, denn es ist ein großes Problem der Gesellschaft“.

Vecsei verwies auch auf Hunger bei Roma-Kindern. Das Problem betreffe allein in Ungarn 50.000 Kinder. Da das Elend genauso vererbt werden könne wie materielle Güter oder Talente, müsse man seine Weitergabe verhindern.

Der MMSZ hat mehrere langfristige Roma-Programme unter dem Titel „Jelenlet“ („Dabei sein“) laufen. Ziel ist es, den jungen Menschen langfristig zu helfen, damit sie sich gesellschaftlich integrieren können.

Vizepräsident Vecsei unterstrich im Interview, dass man zur Lösung der einschlägigen Konflikte sehr viel Zeit Hoffnung und Ausdauer brauche. Andernfalls sei mit keinem Erfolg zu rechnen.

Sopronköhida erinnert an 19. August 1989

In Sopronköhida und Fertörakos erinnert der 3 Kilometer lange markierte Paneuropa-Picknickweg an den 19. August 1989. Auf Anregung der ungarischen Sektion der Paneuropa-Union veranstalteten die beiden ungarischen Oppositionsparteien Demokratisches Forum und Freie Demokraten am 19. August 1989 zwischen Sopron und St. Margarethen im Burgenland ein „Paneuropäisches Picknick am Ort des ‚Eisernen Vorhangs‘“.

Mit dem Abbau der Überwachungsanlagen an der ungarisch-österreichischen Grenze war am 2. Mai 1989 begonnen worden. Gyula Horn und Alois Mock, die Außenminister von Ungarn bzw. Österreich, hatten am 27. Juni bei Sopron den „Eisernen Vorhang“ symbolisch zerschnitten.

Schnitt durch den Eisernen Vorhang

APA

Schnitt durch den Eisernen Vorhang

In Ungarn warteten im Sommer 1989 bereits Zehntausende Urlauber aus der DDR auf eine Gelegenheit, sich in den Westen abzusetzen. Als die ungarisch-österreichische Grenze während des Paneuropäischen Picknicks am 19. August 1989 für drei Stunden geöffnet wurde, rannten schätzungsweise 680 DDR-Bürger auf die andere Seite.

religion.ORF.at/KAP

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