Ein „Mekka“ für Buddha

Überlieferung und Wissenschaft sind sich einig: Lumbini ist der Geburtsort von Buddha. Neue Ausgrabungen legten nun einen rund 2.600 Jahre alten Tempel frei. Japan spendet 620.000 Euro für dessen Erhalt.

Die Außerirdischen hätten ihre Freude. Vom Weltall aus gesehen ist Lumbini in Nepal gut zu erkennen und klar strukturiert: Weite Wege, ein langer Kanal, riesige Wasserbecken und große Flächen für Tempelanlagen. Dank Google Earth und Microsofts Bing-Maps können sich auch Menschen ohne Pilotenlizenz Lumbini aus der Vogelperspektive ansehen.

Lumbini - Geburtsort Buddhas in Nepal aus der Vogelperspektive

Google Maps 2014

Lumbini aus dem Weltall betrachtet

Wer sich jedoch vor Ort auf dem Boden befindet, erkennt wenig von dem „Masterplan“ des japanischen Architekten Kenzo Tange aus dem Jahr 1978. In Zusammenarbeit mit der UNO und der nepalesischen Regierung war es sein Ziel, den von Gläubigen und Wissenschaft anerkannten Geburtsort von Siddhartha Gautama, dem Begründer des Buddhismus und späteren Buddha, zu einer Pilgerstätte zu machen.

Lumbini liegt am Fuß des Himalajas und ganz nahe an der indischen Grenze. Es ist ein verträumtes Dorf, dem so manche Raumplaner gerne schon längst einen Flughafen, breite Straßen, Einkaufszentren und Hotelanlagen verpasst hätten. Dahinter scheint weniger die ehrfurchtsvolle Verehrung des Buddha zu stehen als vielmehr der Wunsch, mit den zu erwartenden Pilgern auch Geschäfte zu machen. Aktuell fehlen aber die Investoren. Zum Glück, wie viele Pilger meinen, die den Ort besuchen und seine Stille und Naturverbundenheit schätzen.

Fast zu groß zum Pilgern

Auch wenn es große Ausbaupläne bereits seit den 1970er Jahren gibt: Derzeit ist nicht viel zu sehen, das hier an ein buddhistisches „Mekka“ erinnern würde. Fast verloren wandern heute die Besucher und Pilger über das riesige Areal, und ohne Fahrzeug ist es kaum möglich, die verschiedenen Bereiche an einem Tag zu besuchen.

Mitten in diese Verträumtheit der buddhistischen Pilgerstätte hat nun die nepalesische Regierung zusammen mit Japan den Start einer zweiten Entwicklungsphase für das Areal bekanntgegeben. Umgerechnet rund 620.000 Euro sollen in den nächsten Jahren in die Erhaltung der Ausgrabungsstätten und die wissenschaftliche Erforschung der Funde fließen.

Lumbini - Geburtsort Buddhas in Nepal. Ashoka Säule mit Inschrift.

CC by Charlie Phillips / flickr

Steinsäule mit einer Inschrift von König Ashoka aus dem Jahr 245 v. Chr.

Für Wissenschaftler und Pilger ist vor allem der Maya-Devi-Tempel im Süden des riesigen Areals interessant. Ein schlichter, weiß gestrichener Bau schützt die alten Steinmauern vor der Witterung. Mehr als 2.600 Jahre soll es her sein, dass hier Maya Devi ihr Kind, den späteren Buddha, zur Welt gebracht hat. Der Ort wurde 1896 archäologisch wiederentdeckt.

Das bedeutsamste Fundstück ist eine sechseinhalb Meter hohe Steinsäule, die im Jahre 245 v. Chr. von König Ashoka errichtet wurde. Eine Inschrift soll belegen, dass Buddha hier das Licht der Welt erblickt hat: „König Devanampiya Piyadasi (Ashoka) kam hierher und bezeugte seine Verehrung, weil der Buddha, der Weise aus dem Shakya-Geschlecht, hier geboren worden ist. ...“

Neue Funde

In der Tempelanlage selber markiert eine wiedergefundene Steinplatte, der „Marker Stone“, seit mehr als 2.000 Jahren den Platz, der sowohl von gläubigen Buddhisten als auch von Wissenschaftlern als wahrscheinlichster Geburtsort angenommen wird. Der aus dem dritten Jh. v. Ch. stammende Tempel galt bisher als das älteste Bauwerk am Gelände.

Doch im Rahmen eines UNESCO-Projekts - Lumbini gehört seit 1997 zum Weltkulturerbe - brachten neue Ausgrabungen internationaler Experten unter Leitung der Durham University in Großbritannien eine Sensation ans Tageslicht, wie die Forscher meinen. Unter dem Tempel befindet sich eine weitere Tempelanlage, die aus Ziegelsteinen gemauert ist, und wiederum darunter befindet sich ein noch älterer Tempel aus Holz. Chefarchäologe Robin Coninham ist überzeugt, dass die jetzt gefundenen Anlagen nahe an die Zeit des Siddhartha Gautama heranreichen.

Lumbini - Geburtsort Buddhas Sanbaum

CC by wonker / flickr

Neben dem Maya-Devi-Tempel steht ein uralter Salbaum. Pilger hängen Fahnen in seine Zweige

Gemäß der Legende hat Maya Devi ihren Sohn jungfräulich geboren. Sie war auf dem Weg nach Hause, als die Wehen einsetzten. In den Erzählungen heißt es, dass sie bei der Geburt gestanden sei und sich an den Zweigen eines Salbaumes festgehalten haben soll. Neben dem Tempel stehen heute noch dicke, hunderte Jahre alte Salbäume, die von den Pilgern verehrt und mit Fahnen geschmückt werden. Jetzt haben die Archäologen auch alte Baumwurzeln bei ihren Ausgrabungen des Holztempels gefunden, und man vermutet, dass sie ebenfalls aus den Jahren rund um die Zeit der Geburt von Gautama stammen. Aktuell werden dazu genauere Untersuchungen durchgeführt.

Vergessen und wiedergefunden

Neben dem Maya-Devi-Tempel stehen alte Klostermauern, Mönche pflegten Buddhas Geburtsort durch die Jahrhunderte. Die frühen Zeiten sind gut dokumentiert, etwa durch chinesische Reisende wie Fa Hsien im 4. Jh. n. Chr. und Hsuan Tsang im 7. Jh. n. Chr. Sie beschreiben in Texten die Tempel, Stupas und Bauwerke vor Ort. Im 14. Jh. n. Chr. notierte König Ripu Malla seinen Besuch bei der Ashoka-Säule. Dann im 15. Jh. n. Chr. geriet das Heiligtum in Vergessenheit. Grund dafür war eine in Lumbini betriebene Verehrung von Maya-Devi als hinduistische Gottheit. Schließlich verfielen die Tempelanlagen und Klöster, bis sie am Ende des 19. Jh. wiederentdeckt wurden.

Lumbini - Geburtsort Buddhas in Nepal. Maya-Devi Tempel

CC by David Lowry / flickr

Der Maya-Devi-Tempel in Lumbini gilt als Geburtsort von Siddhartha Gautama, dem Begründer des Buddhismus und späteren Buddha

Heute gibt es im Norden der Anlage ein neues Tempelareal. Aufgeteilt in eine West- und Ostzone sind hier in den vergangenen Jahren Tempelanlagen und Klosterkomplexe der verschiedenen buddhistischen Richtungen und Strömungen entstanden. Länder und unterschiedliche buddhistische Organisationen haben die Bauten unterstützt. Doch nun scheint das eine oder andere Projekt ins Stocken geraten zu sein. Es fehlt an Geld. Einige Flächen sind noch gänzlich unbebaut.

Der Start der zweiten Entwicklungsphase für Lumbini, auch mit den finanziellen Mitteln aus Japan, soll nun neue Impulse bringen und die weitere Entwicklung, Erhaltung und Erforschung des Areals ermöglichen.

Marcus Marschalek, religion.ORF.at

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