Slowakei: Spannungen zwischen Präsident und Bischöfen

Eine Kontroverse rund um ein Referendum zur „Homo-Ehe“ zwischen den katholischen Bischöfen und Präsident Andrej Kiska belastet derzeit das Staat-Kirche-Verhältnis in der Slowakei

Seit 1. September ist die Ehe in der slowakischen Verfassung ausschließlich als Verbindung zwischen Mann und Frau definiert. Weder eine Ehe noch eine eingetragene Partnerschaft für homosexuelle Paare sind also erlaubt. Dennoch will die kirchennahe „Allianz für die Familie“ ein Referendum zu dem Thema starten - und dieses wird nun offenbar zum Streitpunkt zwischen Präsident und Kirche.

Am Mittwoch war bekannt geworden, dass Präsident Kiska den Verfassungsgerichtshof angewiesen hat, das geplante Referendum auf Verfassungsmäßigkeit zu prüfen. Die Kritik lautet, dass alle vier Fragen des Referendums Grund- und Menschenrechte beträfen, über die laut Verfassung ausdrücklich kein Referendum abgehalten werden dürfe.

Vier Fragen zum Eheverständnis

Die vier Fragen betreffen die Definition der Ehe als Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau, das Verbot einer „Aneignung, Adoption und nachfolgende Erziehung“ von Kindern durch Paare gleichen Geschlechts, die Nichtzuerkennung von besonderem Schutz für „andere Zusammenlebensformen außer der Ehe“ sowie die Respektierung eines elterlichen Nein zur Teilnahme am „Unterricht im Bereich des Sexualverhaltens oder der Euthanasie“.

Die „Allianz für die Familie“ hatte am 27. August nach viereinhalbmonatiger Unterschriftensammlung dem Präsidenten 408.320 Unterschriften für die Abhaltung eines Referendums zu Familienfragen übergeben. 350.000 hätten bereits genügt, die Abhaltung eines Referendums zu erreichen.

Präsident fürchtet Kirchen-Kampagne

Kiska, der in seiner Wahlkampagne sowohl Sympathie für die Anliegen der Homosexuellen als auch der Befürworter einer Stärkung der Familie geäußert hatte, sieht sich in einer Zwickmühle. Er will einerseits auf die von namhaften Verfassungsjuristen in den letzten Wochen auch in den Medien massiv geäußerten Bedenken bezüglich des Referendums eingehen, andererseits aber auch jede aus der Kirche kommende Kampagne gegen seine Person verhindern.

Im Wahlkampf im heurigen Frühjahr hatte Kiska zugesagt, das Referendum bei Vorliegen der erforderlichen Unterschriften für den 15. November anzuberaumen, an dem im ganzen Land Gemeinderatswahlen stattfinden. Der Verfassungsgerichtshof muss seine Entscheidung nun innerhalb von 60 Tagen fällen. Danach hat der Präsident 30 Tage Zeit, das Referendum auszuschreiben. Falls der Verfassungsgerichtshof die ihm zugestandene Zeitspanne ausschöpft, kann der Novembertermin - selbst wenn das Referendum für verfassungskonform befunden wird - nicht eingehalten werden.

Bischöfe zeigen sich „überrascht“

Der Vorsitzende der Slowakischen Bischofskonferenz, Erzbischof Stanislav Zvolensky, ließ angesichts der Prüfung durch den Verfassungsgerichtshof am Donnerstag Verärgerung über Kiska durchblicken. Die Bischöfe seien „von seiner Entscheidung überrascht“ und nähmen sie „zur Kenntnis“, so Zvolensky.

Die Bischofskonferenz werde „weiterhin in der maximalen Unterstützung des grundlegenden und unersetzlichen Modells der Familie als Gemeinschaft eines Mannes und einer Frau fortfahren, die die Voraussetzung für eine natürliche menschliche Entwicklung der Kinder“ sei. Es sei „offensichtlich“ - so der Erzbischof -, „dass die Institutionalisierung anderer Verhaltensweisen auf Familienniveau eine grundsätzliche Störung der Gesellschaft in ihren Grundlagen“ darstelle.

Gegen „Genderideologie“

Die „Allianz für die Familie“ hält ihren Kritikern entgegen, dass niemand durch das Referendum in seinen Rechten beschnitten, sondern nur die derzeitige Rechtslage dauerhaft festgeschrieben werden solle. Dass die Ehe zwischen Mann und Frau ohnehin bereits in der Verfassung festgehalten sei, genüge nicht.

Kritik äußerte die Allianz darüber hinaus an den widersprüchlichen Signalen, die der Präsident durch sein Verhalten sende: Habe sich Kiska im Wahlkampf für eine direkte Demokratie stark gemacht, so habe er nun „den Menschen die Möglichkeit genommen, ihre Meinung zu äußern und sich gegen den juristischen Aktivismus der europäischen Gerichte und gegen die Genderideologie rechtzeitig zu wehren“, so der Hauptsprecher der Allianz, Anton Chromik.

religion.ORF.at/KAP