Papst-Besuch an Isonzofront

Papst Franziskus hat seinen Gedenkgottesdienst am Denkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs in Fogliano Redipuglia (Friaul) am Samstag für einen neuerlichen energischen Friedensappell genutzt.

„Der Krieg ist ein Wahnsinn“, rief der Papst vor rund 100.000 Pilgern am Monument „Sacrario di Redipuglia“ im Nordosten Italiens, rund 30 Kilometer westlich von Triest. Er rief zu einem entschlossenen Handeln gegen Krieg und Terrorismus auf. Habgier, Intoleranz und Machtstreben schürten immer wieder neue Konflikte, so der Papst.

Soldaten in historischen Uniformen beim Weltkriegsgedenken

APA/EPA/Daniel Dal Zennaro

Soldaten in historischen Uniformen beim Weltkriegsgedenken

In Konzelebration mit Bischöfen aus Italien und ehemals habsburgischen Ländern, darunter der Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn und der Kärntner Bischof Alois Schwarz, gedachte der Papst der Opfer aller Kriege. Ein „Dritter Weltkrieg“ mit verschiedenen parallel laufenden Konflikten sei zurzeit im Gange und verursache Zerstörung und Tod.

In seiner Predigt betonte der Papst, dass der Krieg das Schönste zerstöre, das Gott geschaffen habe: den Menschen. Krieg werde oft von Ideologien gerechtfertigt, er sei jedoch die verheerende Folge „verzerrter Impulse“ wie Machtstreben und Habsucht. Der Papst warnte vor den vielen Kriegen, die zurzeit die Welt belasteten.

Die Stunde der Tränen

Der Krieg bringe Verwirrung und zerstöre alle brüderlichen Bande zwischen den Menschen. Somit sei der Krieg das genaue Gegenteil von dem, was Jesus im Evangelium von den Menschen verlange. Die Geschäftemacher des Krieges verdienen damit nach den Worten des Papstes viel Geld und haben durch ein verdorbenes Herz das Weinen darüber verloren.

„Mit dem Herzen eines Sohnes, eines Bruders, eines Vaters erbitte ich von euch allen und für uns alle die Umkehr des Herzens: von jenem ‚Was geht mich das an?‘ überzugehen zum Weinen - um all die Gefallenen des ‚unnötigen Blutbads‘, um alle Opfer des Kriegswahnsinns zu allen Zeiten“, formulierte der Papst sein Anliegen. Die Menschheit habe es nötig, zu weinen, denn es gebe immer noch sehr viele Opfer des Krieges. „Das ist die Stunde der Tränen“, schloss Franziskus seine Predigt.

„Organisatoren des Terrors“

Der Papst sparte auch nicht mit der Benennung von Schuldigen, die bis heute vom „Wahnsinn des Krieges“ profitierten. Vor allem die Waffenindustrie kritisierte er scharf. Waffenhändler bezeichnete er als „Organisatoren des Terrors“, die ihr Herz verloren hätten.

Zu Beginn seines Besuchs am Samstagvormittag hatte Franziskus den österreichisch-ungarischen Soldatenfriedhof von Fogliano Redpuglia besucht. Vor dem Eingang des Soldatenfriedhofs wurde der Papst vom Präsidenten des Österreichischen Schwarzen Kreuzes, Peter Rieser, begrüßt.

Ein Zeichen des Friedens für ganz Europa

„Der Besuch des Papstes im österreichisch-ungarischen Friedhof zu Beginn seines Friaul-Besuchs ist ein Zeichen des Friedens für ganz Europa. ‚Im Leben und im Tod vereint‘ steht am Eingang des Soldatenfriedhofs. Das beinhaltet den Geist, mit dem der Papst diese Ruhestätte besucht“, sagte Rieser.

Der Papst betrat den Friedhof, auf dem sich die sterblichen Überreste von 14.500 österreichisch-ungarischen Soldaten befinden, alleine. Er verweilte lange an einem der Massengräber, in dem sich die sterblichen Überreste mehrerer unbekannter Soldaten befinden. „All diese gefallenen Soldaten, die hier ruhen, hatten Pläne und Träume, die der Krieg vernichtet hat“, betonte der Papst. Auch zwischen den Gräbern mit den Namen der Soldaten aus den verschiedenen Ländern der habsburgischen Monarchie hielt er inne.

Papst gedachte auch seines Großvaters

Schließlich gedachte der Papst auch mehrerer Verwandter, allen voran seines Großvaters: Giovanni Bergoglio, kämpfte im Ersten Weltkrieg im Infanterieregiment „Bersaglier“. Von ihm habe er viel über das Leid im Ersten Weltkrieg erfahren, betonte der Papst.

Vom Generalstabschef der italienischen Armee, Admiral Luigi Binelli, bekam Franziskus das Soldatenmatrikelblatt seines Großvaters überreicht. Italiens Verteidigungsministerin Roberta Pinotti übergab Franziskus außerdem einen Feldaltar, den italienische Militärkapläne im Ersten Weltkrieg für ihre Gottesdienste an der Front nutzten.

Papst Franziskus begrüßt die italienische Verteidigungsministerin Roberta Pinotti

APA/EPA/Daniel Dal Zennaro

Papst Franziskus begrüßt die italienische Verteidigungsministerin Roberta Pinotti

Der 1884 im Piemont geborene Großvater des Papstes trat 1904 in das italienische Heer ein und nahm an den ersten beiden Schlachten an der Isonzofront teil. 1919 verließ er das italienische Heer. Unter den Gefallenen, die in der Weltkriegsgedenkstätte von Redipuglia ruhen, befindet sich auch Vittorio Bergoglio, ein Großonkel des Papstes, der am 29. November 1915 am Col di Lana in den Kämpfen gegen die Österreicher gefallen war.

Am Monte Ortigara fiel zwei Jahre später, am 18. Juni 1917, Giulio Bergoglio, ein weiterer Großonkel von Franziskus. Im Gefallenenverzeichnis der Weltkriegsgedenkstätte von Redipuglia finden sich insgesamt vier Personen mit dem Familiennamen des Papstes.

Öllampen aus Assisi

Militärbischof Santo Marciano dankte dem Papst auch im Namen der italienischen Regierung für seinen Besuch in Redipuglia. „Als Christen, als Menschen und auch als Soldaten sind wir überzeugt, dass die Zukunft des Krieges der Friede sein muss und wir ihn mitbauen müssen“, betonte Marciano. Der Papst habe das Weltkriegsgedenkjahr „in ein großes Gebet verwandelt“.

Nach der Messe überreichte Papst Franziskus an Bischöfe und Militärgeistliche sowie auch an mehrere anwesende Vertreter anderer Religionen Öllampen aus Assisi. Sie sollen bei Feiern zum Weltkriegsgedenken an den jeweiligen Standorten entzündet werden und das Licht des Heiligen Franziskus symbolisieren. Das Öl der Lichter stammte aus den süditalienischen Feldern der Anti-Mafia-Bewegung Libera, die vom Priester Luigi Ciotti geführt wird.

Schon 1992 hatte Johannes Paul II. die Weltgedenkstätte Redipuglia besucht. „Diesmal betet Franziskus auch auf dem österreichisch-ungarischen Soldatenfriedhof, was seinem Besuch in Friaul eine noch internationalere Dimension verleiht“, kommentierte die Triester Tageszeitung „Il Piccolo“.

religion.ORF.at/APA/DPA/KAP

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