Schottland-Referendum: Kirchen rufen zur Wahl

Die Schotten stimmen am Donnerstag über ihre rund 300-jährige Zugehörigkeit zu Großbritannien ab. Die katholischen Bischöfe riefen zur Wahlbeteiligung auf, gaben aber keine inhaltliche Empfehlung.

Der Ausgang des schottischen Unabhängigkeitsreferendum ist laut allen Umfragen noch offen. Die 4,2 Millionen Wahlberechtigten sollten in „völliger Freiheit“ entscheiden, was ihrer Meinung nach das Beste für das Land sei, so die Erzbischöfe Leo Cushley (53) von Edinburgh und Philip Tartaglia (63) von Glasgow. Die Teilnahme am Referendum bezeichneten beide als „Bürgerpflicht“.

Unabhängig vom Ergebnis sollten sich die knapp 850.000 Katholiken unter den 5,3 Millionen Einwohnern Schottlands aber auch künftig am Gesellschaftsdiskurs beteiligen. Vor allem gehe es darum, die Gemeinschaft an der Botschaft und den Werten des Christentums teilhaben zu lassen, um das Land zu einem „gerechten, friedlichen und blühenden Ort“ zu machen, betonten die derzeit sieben Bischöfe aus den acht Diözesen (Argyll and the Isles ist seit Ende April vakant), die traditionell eine eigene Schottische Bischofskonferenz bilden.

Seit 300 Jahren zusammen

Seit der schottische König Jakob VI. (1566-1625) im Jahr 1603 zugleich König James I. von England wurde, gehören beide Landesteile auf der Insel zusammen. Mit dem Unionsvertrag von 1706 gewann aber Schottland einen großen Teil seiner Eigenständigkeit zurück: Seither gibt es eine eigene Gesetzgebung, ein eigenes Schulsystem und - mit der presbyterianischen Church of Scotland - eine eigene Nationalkirche. In dieser ist der britische Monarch nur einfaches, wenn auch geachtetes Mitglied.

Der Erzbischof von Glasgow, Philip Tartaglia (li.), mit einem Priester

Reuters/David Moir

Der Erzbischof von Glasgow, Philip Tartaglia (l.), mit einem Priester

Der Norden gilt allerdings nicht als homogene Region. Er unterscheidet sich nicht nur von England und Wales, u. a. durch sprachliche Besonderheiten, sondern auch in sich. Die Teilung zwischen High- und Lowland soll bis in die Römerzeit zurückgehen. Die Menschen dort gehören mehrheitlich der katholischen Kirche an und sie sympathisieren seit dem 18. Jahrhundert mit dem Traum von der Wiedererrichtung der Stuart-Dynastie. Die Inseln Orkney und Shetland sind ursprünglich norwegische Provinzen. Vor allem Shetland mit seinen Erdölvorkommen nährt die schottischen Unabhängigkeitsträume.

Presbyterianisch-reformiert

Die Unterschiede zwischen Schottland und England haben tiefe kulturelle und auch religiöse Wurzeln. Anders als die Church of England ist die Church of Scotland nicht anglikanisch, sondern presbyterianisch-reformiert. Die Einführung der Reformation zog sich lange hin und war bis Mitte des 18. Jahrhundert von den blutigen Aufständen der Jakobiten gekennzeichnet. Zu den Jakobiten, die für das Königshaus der Stuarts kämpften, gehörten auch die katholisch gebliebenen Highlander, die in traditionellen Clans organisiert waren. Am Ende waren sie der englischen militärischen Übermacht unterlegen.

Nach der Niederschlagung des letzten Jakobitenaufstands 1745 ging die englische Krone mit großer Härte gegen die verbleibenden Anhänger vor. Sie verboten den Highlandern unter anderem das Tragen von Waffen und die Pflege der alten gälischen Kultur. Erst mit dem „Catholic Relief Act“ von 1791 durften die Katholiken im gesamten Vereinigten Königreich wieder offiziell Gottesdienste feiern, Religionsunterricht abhalten und unauffällige Kirchen bauen.

Buntes Religionenspektrum

Nach der jüngsten Volkszählung von 2011 bekannten sich knapp 54 Prozent der Bevölkerung zu einer christlichen Konfession. Die reformierte Nationalkirche war demnach die stärkste Religionsgemeinschaft mit 32,4 Prozent, die katholische Kirche die zweitstärkste mit 15,9 Prozent. Auf die anderen christlichen Konfessionen entfielen 5,5 Prozent. 2001 hatten sich noch 65,1 Prozent zu einer christlichen Religion bekannt. Größter Verlierer war die Church of Scotland (2001: 42,4 Prozent. Der Anteil der Katholiken an der (wachsenden) Gesamtbevölkerung blieb konstant bei 15,9 Prozent. Der Grund dafür dürfte in der Einwanderung aus Polen, Italien und Litauen liegen.

Die Zahl der Konfessionslosen stieg deutlich. Der Zensus 2011 wies für Schottland einen Anteil von 36,7 Prozent der Bevölkerung aus; das sind neun Prozent mehr als noch vor zehn Jahren. Weitere sieben Prozent machten keine Angaben zu ihrer Religion (2001: fünf Prozent). Einwanderung aus dem Commonwealth und den ehemaligen britischen Kolonien erklärt den Zuwachs anderer Glaubensgemeinschaften. Dem Islam etwa gehörten 2011 rund 1,4 Prozent der Bevölkerung an (2001: 0,8 Prozent).

religion.ORF.at/KAP/APA

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