Papst empfing EU-Linkspolitiker

Papst Franziskus hat am Donnerstag den griechischen Oppositionsführer und Vizepräsidenten der EU-Linksparteien, Alexis Tsipras, sowie den ehemaligen KPÖ-Vorsitzenden Walter Baier in Privataudienz empfangen.

Das rund 35-minütige Gespräch habe sich um „menschliche und soziale Themen“ gedreht und hätte keine politische Relevanz gehabt, erklärte Vatikansprecher Federico Lombardi laut Kathpress. Der Papst habe bei der Diskussion über die Wirtschaftskrise von einer „Wertekrise“ gesprochen und es als „unfassbar“ bezeichnet, dass die Politik zuvorderst um die Rettung von Banken anstatt um die Rettung von Menschen besorgt sei, sagte Alexis Tsipras nach dem Gespräch. Zur Frage der Migration forderte Franziskus jegliche nur erdenkbare Anstrengung, um noch mehr Tote im Mittelmeer zu verhindern.

Walter Baier und Franz Kronreif im Vatikan

Franz Kronreif

Walter Baier und Franz Kronreif vor der Privataudienz mit Papst Franziskus

Tsipras: Große Gemeinsamkeiten zwischen Linken und Papst

Tsipras sieht große Gemeinsamkeiten zwischen der europäischen Linken und dem Papst. „Auch wenn wir von unterschiedlichen ideologischen Positionen ausgehen, glauben wir zusammen an die Prinzipien der Solidarität, der Gerechtigkeit und des gesellschaftlichen Zusammenhalts“, sagte der Chef der stärksten griechischen Oppositionspartei Bündnis der radikalen Linken (Syriza) nach dem Treffen.

Es sei eine „angenehme Überraschung“, dass Positionen der Linken sehr nahe seien an der Haltung der katholischen Kirche, sagte Tsipras. Die Sympathien dürften gegenseitig sein. In einem Interview im März mit der Zeitung „La Stampa“ hatte der Papst gesagt, der Marxismus sei zwar falsch, doch viele seiner Anhänger seien „sehr gute Menschen“.

Dialog zwischen „Menschen guten Willens“

Die Fokolar-Bewegung

Die Fokolar-Bewegung wurde 1943 von Chiara Lubich gegründet und ist eine katholische geistliche Gemeinschaft, die für einen Dialog zwischen allen Religionen und Weltanschauungen eintritt. Charakteristisch ist das gesellschaftspolitische Engagement vieler Mitglieder.

Der Vorsitzende des SYRIZA-Parteienbündnisses berichtete dem Papst über die Folgen der weiterhin andauernden tiefen Rezession Griechenlands nach vier Jahren striktester Sparpolitik. Er und Baier baten den Papst nach eigenen Angaben, „weiterhin für die Rechte und Würde des Menschen zu kämpfen und zu sprechen und Initiativen für eine Lösung der Nahost-Krise zu setzen“.

Zustandegekommen war das Treffen Vatikanangaben zufolge durch Kontakte der Europäischen Linksparteien mit der katholischen Fokolar-Bewegung, die derzeit in Rom ihre Generalversammlung abhält. Baier, der bis 2006 Vorsitzender der Kommunistischen Partei Österreichs war und nun das Forschungs- und Bildungsnetzwerk „transform! europe“ leitet, gehört zum Freundeskreis der Fokolarbewegung. Ihn verbindet eine tiefe Freundschaft mit Franz Kronreif, der von Seiten der Fokolarbewegung für den Dialog mit nichtglaubenden Menschen zuständig ist.

Beide Seiten, die Europäische Linke und die katholische Kirche, möchten durch diesen Brückenschlag einen Dialog von „Menschen guten Willens“ anregen.

religion.ORF.at/KAP/APA/dpa

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